Alexander Zverevs schwere Paris-Mission beginnt schwerelos leicht
Alexander Zverev hat seine erste Aufgabe bei den French Open problemlos gelöst. Zu weit vorausschauen will er aber keinesfalls.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
28.05.2018, 09:48 Uhr
Letzte Woche hat sich Alexander Zverev noch mal schnell eine Auszeit gegönnt. Daheim in Monte Carlo traf sich der 21-Jährige Tennisstar mit ein paar Freunden, man schipperte auf einem Boot übers Mittelmeer, schlug einfach lässig die Zeit tot: "Es war gut, mal keinen Tennisschläger gesehen zu haben", sagt Zverev.
Harte Tage, enormer Wettkampfstress lag hinter ihm, er gewann das Turnier in München, er gewann das Masters in Madrid. Und dann erreichte er auch beim Masters in Rom das Finale, verlor unglücklich gegen Rafael Nadal, den Sandplatzkönig. Was nun vor ihm liegt, sind erst recht schwere, aber vielleicht auch höchst lukrative Wochen, bei den French Open in Paris.
Blitzsauberes Match von Alexander Zverev zum Auftakt
Nicht weniger als ein Durchbruch auf Grand Slam-Ebene soll für Zverev herausspringen bei den Festvitäten im Stadion Roland Garros, beim Höhepunkt der jährlichen Sandplatzkampagne im Welttennis. Der Auftakt verlief glänzend, verheißungsvoll für Zverev: Gegen den Litauer Ricardas Berankis spielte Zverev ein blitzsauberes Match voller Selbstbewusstsein, deklassierte seinen Gegner schwerelos leicht mit 6:1, 6:1 und 6:2 in bloß 69 Minuten.
Die meisten Nerven kostete den Deutschen noch die lange Wartezeit bis zum Einsatz auf Court Suzanne Lenglen, der dann über weite Strecken einer Trainingspartie glich. Zverev spielt nun am Mittwoch entweder gegen den Tscechen Jiri Vesely oder den Serben Dusan Lajovic.
Der Blick richtet sich natürlich noch weiter voraus, bestenfalls bis zum übernächsten Sonntag: Würde es dann zum Traumfinale zwischen Nadal, der Nummer 1 der Setzliste, und Zverev, der Nummer 2, kommen - zu einer Wiederauflage des dramatischen römischen Endspiels, in dem Zverev im dritten Satz bereits mit 3:1 geführt hatte, bevor ihm eine Regenpause einen Strich durch alle Pokalträume machte? "So weit denke ich überhaupt nicht voraus", sagt Zverev, "ich muss mich auf jede einzelne Aufgabe konzentrieren."
Novak Djokovic oder Rafael Nadal? "Reine Zukunftsmusik"
Zverev, der Himmelsstürmer im Tennisuniversum, hat auch noch nicht den geringsten Grund, bei den Majors übermäßig ambitioniert zu denken. Und zu viel zu erwarten. Denn genau das war ihm in den letzten beiden Jahren oft genug zum Verhängnis geworden, auch in Paris im vorigen Jahr, wo er als Rom-Champion in der ersten Runde am ausgebufften Spanier Fernando Verdasco scheiterte.
Allerdings hat Zverevs Spiel seither noch einmal eine markante Steigerung erlebt, er wirkt insgesamt gelassener, ausgeglichener ruhiger. Die hitzköpfigen Ausfälle sind selten geworden, eigentlich spielt Zverev derzeit so, wie es der von ihm im Frühjahr geschasste Coach Juan Carlos Ferrero gefordert hatte: Diszipliniert, geordnet, ehrgeizig - aber eben nicht verbissen und verrannt in seine Aufgabe.
"Vielleicht schafft es Sascha, auch bei einem Grand Slam jenen Rhythmus zu finden, den er auch bei den großen anderen Tourwettbewerben hinkriegt", sagt Boris Becker, der Abteilungsleiter des DTB fürs Herrentennis. Am Rande des Münchner Turniers hatte Becker den Weltranglisten-Dritten als "Diamanten" bezeichnet, "der immer noch geschliffen werden muss."
Alexander Zverev am Limit
Zverevs bisherige Sandplatz-Abenteuer in dieser Saison haben Kraft gekostet. Deshalb wird auch die Frage sein, ob Energie und Power für die zweiwöchigen Zermürbungsschlachten im roten Sand ausreichen - gerade noch einmal auf der Zielgeraden, wenn die Roland-Garros-Matches tendenziell noch einmal an Dramatik gewinnen und mehr Verschleiß produzieren.
Zverevs erste größere Bewährungsprobe käme im Viertelfinale gegen Kumpel Dominic Thiem - der Österreicher ist bisher der einzige Rivale, der Matador Rafael Nadal in diese Saison auf Sand schlagen konnte (in Madrid). Weiter ginge es womöglich in der Vorschlussrunde gegen den wiedererstarkten Novak Djokovic und dann im Finale gegen den hohen Wettfavoriten Nadal.
"Reine Theorie. Und Zukunftsmusik", sagt Zverev. Schon ein Vorstoß in die zweite Woche wäre für ihn, nach all den bisherigen Grand Slam-Rückschlägen, ein "wichtiger Teilerfolg". Egal, wie es der Rest der Welt sieht.