Alexander Zverev und die (Un)-Fehlbarkeit der Technik
Sportlich konnte Alexander Zverev das Drittrundenspiel beim ATP-Masters-Turnier in Madrid gegen den Spanier Alejandro Davidovich Fokina mit großem Kampf noch für sich entscheiden. Die größte Aufmerksamkeit des Matches erregte aber das „Foto-Gate“ des Hamburgers im zweiten Satz.
von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet:
27.04.2025, 19:10 Uhr

Die Emotionen waren bei Alexander Zverev direkt nach dem Matchball bereits ordentlich heruntergekühlt. Ohne verbale Untermalung reckte der 28-jährige die Arme in die Höhe, ohne diesen Moment übertrieben auszukosten. Dabei war ein außerordentlicher Kraftakt sportlicher Art notwendig, um einen stark aufspielenden Alejandro Davidovich Fokina nach einem Fehlstart noch in die Knie zu zwingen, am Ende sogar mit einem Zu-Null-Tiebreak im Entscheidungsdurchgang.
Dennoch werden weltweit die meisten Tennisfans die Bedeutung dieser Partie auf eine einzige Szene im zweiten Satz reduzieren, die in den sozialen Netzwerken bereits viral geht. Als sich der deutsche Olympiasieger von Tokio nach verlorenem ersten Satz im zweiten Akt beim Stand von 5:4 anschickte, das Aufschlagspiel seines 25-jährigen Gegners zu attackieren, verwickelte er seinen Gegners in eine intensive Rallye. Nach einem Vorhand-Stopp aus der Defensive des deutschen Davis-Cup-Spielers spurtete Davidovich Fokina ans Netz und platzierte den Rückhand-Ball longline an den äußeren Rand der Linie.
Nachdem der Ausruf des elektronischen Line-Calling-Systems ausblieb, blickte Zverev entsetzt in Richtung des Stuhlschiedsrichters und konnte es nicht fassen, dass der Ball seines Gegners somit gut gegeben wurde. Auch eine intensive Diskussion mit dem Spielleiter Mohamed Lahyani konnte diesen natürlich nicht von einer Änderung der Entscheidung überzeugen. Völlig in Rage ging der 24-fache ATP-Titelträger zu seiner Schlägertasche und zückte sein Smartphone, um sich in Richtung des „Tatorts“ zu begeben. Lahiany versuchte ihn verbal noch zu stoppen, was ihm nicht gelang und ihn zur Verkündung einer Verwarnung nötigte. Noch mehrmals thematisierte Zverev den Vorgang im Verlauf des Matches verbal beim Referee, ehe er sich wieder auf die entschlossene Aufnahme der Begegnung konzentrierte.
Nicht völlig frei von Ironie dürften einige Medienvertreter aus der Ferne die Szene beobachtet haben, schließlich wurde der frisch gekürte Champion der BMW Open by bitpanda in München im Turnierverlauf bei einer Pressekonferenz zu seiner Einschätzung zum Einsatz des elektronischen Linienrichters befragt. Etwas kurz angebunden begründete der Hamburger seine Zustimmung zum neuen System mit den Worten: „Technik macht weniger Fehler als Menschen“.
Der Einsatz des elektronischen Line-Callings auf Sand wird die Tennis-Community noch lange beschäftigen. Der vom Computer errechnete Abdruck kann die reale Verformung des Balls nicht aktuell berücksichtigen, weshalb die Fehlertoleranz auf der roten Asche auch in Zukunft des Öfteren weiterhin sichtbar sein wird. Und die Veröffentlichung des Fotos von Zverev in den sozialen Netzwerken, das den Abdruck des Balls deutlich im Aus zeigt, ließ nicht lange auf sich warten. Ob der DTB-Spieler nach den Geschehnissen in Madrid weiterhin so vorbehaltlos hinter der Technik stehen wird, darf nun zumindest angezweifelt werden.