Alexander Zverev - Wochen der Wahrheit beginnen in Monte Carlo
Das Jahr 2019 verlief für die deutsche Nummer eins bis datonicht zufriedenstellend. Mit Beginn der Sandplatzsaison beim ATP-Masters-1000-Turnier in Monte Carlo möchte Alexander Zverev nun aber angreifen.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
16.04.2019, 09:20 Uhr
Auf dem netten Gruppenfoto beim Empfang von Monacos Fürst Albert hatte sich Alexander Zverev am Wochenende zentral in der zweiten Reihe postiert. Nicht nur Albert, der Regent, hatte Zverev im Nacken, sondern auch die beiden in der ersten Reihe stehenden Tennis-Alphamänner Novak Djokovic und Rafael Nadal. Die bildliche Anordnung vor den ersten Ballwechseln beim Masters-Spektakel in dem Zwergstaat ist eigentlich auch noch die Schlachtordnung in der Tenniswelt. Zverev ist schwarz auf weiß die Nummer drei der Weltrangliste, er ist der erste Verfolger von Frontmann Djokovic und Sandplatz-Gigant Nadal.
Aber gefühlt sieht die Lage ein wenig anders aus, Zverev wirkt im Moment nicht so, als dürfe er nach vorne schielen und könne die Nummer eins oder Nummer zwei gefährden. Eher hat es den Anschein, als gehe es für Zverev vor dem Start in die Sandplatzwochen darum, nicht abzustürzen in der Hackordnung. Und Platz drei oder überhaupt einen Platz in der engsten Weltspitze gegen ehrgeizige Konkurrenz abzusichern. Gegen einige Spieler auch, die mit auf dem Protokollfoto in Monte Carlo standen – Österreichs Ass Dominic Thiem, der aufstrebende Grieche Stefanos Tsitsipas, der Kroate Marin Cilic oder auch Japans Held Kei Nishikori. „Ich will in den nächsten Wochen meine guten Trainingsleistungen auch bei den Turnieren bestätigen“, sagte Zverev, bevor es mit der Rutscherei im Sand losging. Auf Anhieb glückte ihm das allerdings nicht. Beim eilig arrangierten Extrastopp in Marrakesch schied er letzte Woche in der zweiten Runde gegen den starken Spanier Jaume Munar aus, es war einmal mehr eine Niederlage gegen einen Rivalen jenseits der Top 50 in den Charts.
Der Druck auf Zverev wird größer
Zverevs Saison verläuft bisher eher enttäuschend und frustrierend. Der Deutsche kam noch nie richtig auf Touren, das bisher einzige Glanzlicht war die Endspielteilnahme im Februar in Acapulco. Zuletzt scheiterte der 21-jährige bei den großen amerikanischen Frühjahrsturnieren in Indian Wells und Miami in der dritten und zweiten Runde, auch gehandicappt durch eine Viruserkrankung. Am nachdrücklichsten blieben aus diesem Spieljahr die selbstzerstörerischen Anwandlungen Zverevs in Melbourne haften, damals im Januar hatte er bei der schroffen Achtelfinal-Niederlage gegen den Kanadier Milos Raonic seinen Schläger immer wieder auf den Centre Court gehämmert, bis das Arbeitsgerät dann auch endlich zerbrach. Auch der erste große Vorsatz für 2019 war damit irgendwie kaputtgegangen, der formulierte Anspruch, endlich bei den Grand Slams in eine relevante Turnierphase vorzustoßen.
Inzwischen ist der Druck noch viel größer auf Zverev, nicht nur der öffentliche Druck, der Druck von Fans oder Medien. Sondern auch der Druck, den der bisher erfolgreichste Spieler der Generation Next auf sich selbst ausübt. „Das Jahr war bisher noch nicht das, was ich mir erhofft habe“, sagt Zverev. Wobei er selbst damit nur das sportliche Abschneiden, die unterbotenen Hoffnungen meint. Aber andere denken daran, dass Nebengeräusche wie das Theater um Zverevs Management-Zukunft auch in diese schattige Zwischenbilanz passen würden. Denn die Streitgeschichte zwischen Zverev und seinem langjährigen Geschäftsbesorger Patricio Apey - um die weitere Kooperation und die Laufzeit bzw. Auflösung des Kontrakts - war zuletzt der einzige Stoff, der für Aufsehen rund um den Tennisstar sorgte.
Zverev hat nicht viel zu gewinnen
Für Zverev kommen jetzt die Wochen der Wahrheit. Es ist sozusagen der Fluch der guten Taten des Vorjahres, der dabei auf ihm lastet. Denn 2018 war Zverev neben Matador Nadal der überragende und konstanteste Sandplatzspieler – mit dem Halbfinale in Monte Carlo (Masters), den Siegen in München und Madrid (Masters), dem Finaleinzug in Rom (Masters) und dem Viertelfinale bei den French Open. Etwa die Hälfte seiner Ranglistenpunkte stehen deshalb bis Anfang Juni zur Disposition.
Zverev hat nicht viel zu gewinnen, aber sehr viel zu verlieren, vielleicht sogar seine Top 5- oder gar Top 10-Position. Nach den Fehlschlägen in Amerika meinte Zverev, er brauche unbedingt Matchpraxis, Matchhärte. Doch das ist die ewige Crux. Spielerfahrung gibt es nur für die, die wieder siegen. Und öfters siegen. Damit müsste Zverev nun beginnen, beim Heimspiel in Monte Carlo, auf einem Centre Court, den er von seinem Apartment locker zu Fuß erreichen kann.