Der schwere Weg zurück in die Spitze
Die 25-jährige Darmstädterin ist bei den French Open bereits in der Qualifikation gescheitert.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
24.05.2013, 10:04 Uhr

Von Jörg Allmeroth
Als Andrea Petkovic am späten Donnerstagnachmittag den kleinen Außenplatz 6 des Pariser Grand-Slam-Reichs verließ, da spendeten ihr die zahlreichen deutschen Fans kräftigen Applaus. „Kopf hoch, Petko“, rief ein Tennisfreund der ehemaligen An- und Stimmführerin der deutschen Damencombo im Tourzirkus aufmunternd zu, doch für tröstliche Worte war die Darmstädterin direkt nach dem gescheiterten Arbeitseinsatz in der French-Open-Qualifikation nicht wirklich empfangsbereit. Petkovic, immer wieder verletzungsgeplagt seit Anfang 2012, tritt beim letzten ihrer vielen Comebacks zwar nicht völlig auf der Stelle, doch das zähe Tempo der Fortschritte stellt die anspruchsvolle Athletin auf eine äußerst harte Geduldsprobe.
Fast drei Stunden rackerte und ackerte die 25-Jährige in der zweiten Qualifikationsrunde gegen die unscheinbare Chinesin Yi-Miao Zhou in einem Tennis-Krimi mit viel Drama, aber ohne Happy End. Drei Matchbälle wehrte Petkovic in der Novemberkälte ab, dann wurde das Spiel genau beim vierten Matchball Zhous wegen Regenfällen unterbrochen – doch die 7:6,-6:7,-4:6-Niederlage konnte der himmlische Eingriff ins Drehbuch auch nicht mehr abwenden. Nun konnte Petkovic allenfalls noch auf Glücksmomente im Doppelauftritt an der Seite von Freundin und Top-Ten-Spielerin Angelique Kerber hoffen.
Qualität statt Quantität
Dort, wo Petkovic vor zwei Jahren in ihrer stärksten und stabilsten Profisaison im Viertelfinale scheiterte, bei den Sandplatz-Festspielen nahe des Bois de Bologne, wurde nun die bittere Realität in den Rückkehrbemühungen offenbar: Der ehemaligen Top-Ten-Spielerin fehlt nicht nur das Quäntchen Glück auf dem Court, sondern auch bisher die nötige Matchhärte und – verständlicherweise – das Timing für die richtigen Schläge zum richtigen Zeitpunkt. Und im Qualifikationsbetrieb der Grand-Slam-Wettbewerbe, ihrer aktuellen Tennis-Heimat, lauern inzwischen schon wieder jüngere und ganz junge Rivalinnen, die der Deutschen mit dem großen Namen nur zu gern ein Beinchen stellen wollen – so wie auch die Chinesin Zhou, die Nummer 159 der Tennischarts. „Das sind alles großartige Spielerinnen, die eben nur kaum einer kennt“, sagt Petkovic.
Petkovic hatte in den letzten Monaten alles versucht, um eine angenehmere Atmosphäre für ihre schwere Aufholjagd zu schaffen – für die Bemühungen, den Abstand zur weit enteilten Meute zu verringern. Sogar ihre Trainingssystematik hatte sie nach der Meniskusverletzung umgestellt und auf mehr Qualität statt Quantität gesetzt. Sie wollte sich damit auch selbst – wenigstens in Maßen – vom verbissenen Ehrgeiz früherer Tage distanzieren, jener Zeit, die sie kürzlich im Fachblatt „Tennismagazin“ so beschrieb: „Da dachte ich immer: Ein Tag ohne Schmerzen ist ein verlorener Tag.“
Der Glaube an bessere Tage
Doch das Problem ist: Die Methode wirkt noch nicht. Oder nicht wie gewünscht. Die nackten Zahlen und Daten der letzten Petkovic-Tourmonate lassen jedenfalls nicht den Traum eines schnellen Wiederaufstiegs in die Weltspitze zu. Es gab zwar kleinere erfreuliche Momentaufnahmen, etwa mit dem Drittrunden-Einzug beim Top-Turnier in Miami Ende März. Aber meist scheiterte die vom Pech verfolgte Darmstädterin früh im Hauptfeld oder spät in der Qualifikation. „Es wird ein beschwerlicher, steiniger Weg für sie“, sagte kürzlich am Rande des Stuttgarter Porsche Grand Prix der ehemalige Bundestrainer Klaus Hofsäss, „leicht ist es nicht, diese ganzen Verletzungen wegzustecken.“
Die Südhessin, die in den letzten anderthalb Jahren mehr Nackenschläge verkraften musste als viele ihrer Kolleginnen in der ganzen Laufbahn, glaubt dennoch an bessere Tage in ihrer persönlichen „zweiten Tenniskarriere“. Allein schon deshalb, weil sie noch nie mit größerer Klarheit Prioritäten entdeckt und festgelegt hat in ihrem Leben. Früher erzählte sie stolz von ihrem Studium, von ihren vielen „anderen Interessen“ in der Politik, der Musik und der Literatur. Doch nichts von alledem sei „so wichtig wie Tennis“, sagt Petkovic nun, „das ist mir klar geworden, als ich Tennis nur als Zuschauer erlebt habe.“(Foto: Jürgen Hasenkopf)