Andrey Rublev im tennisnet-Interview: „Ich fühle jedes noch so kleine Detail“
Andrey Rublev hat sich vor Beginn der French Open 2023 für in Interview mit tennisnet Zeit genommen. Und dabei seine penible Art bei der Schlägerauswahl, die Bedeutung des Sieges in Monte-Carlo und seine olympischen Erfahrungen thematisiert.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
27.05.2023, 10:16 Uhr
Auch Andrey Rublev durfte am Donnerstagabend beim Start der neuen HEAD-Kampagne ein paar Worte mit Marc Maury, dem legendären Stadionsprecher von Roland Garros, austauschen. Rublev war im Duett mit Liudmilla Samsonova einer der letzten aus der prominenten Spielerschar, die sich kurz vor Beginn des zweiten Majors des Jahres noch einmal die Ehre gaben.
Danach nahm sich Rublev auch noch die Zeit, um mit tennisnet zu sprechen.
tennisnet: Herr Rublev. Wir treffen uns hier bei ihrem Schlägerausrüster. Wie oft arbeiten Sie an Ihrem Material, verändern möglicherweise ein, zwei Dinge?
Andrey Rublev: So etwas mache ich überhaupt nicht. Aber ich bin dennoch sehr penibel, was meine Schläger anbelangt. Ich fühle jedes noch so kleine Detail, selbst wenn alle Schläger komplett gleich sind. Also wenn sie dasselbe Schwunggewicht, die Balance, und so weiter haben. Ich brauche eine große Menge an Rackets, aus denen ich auswählen kann. Ich versuche also nichts Neues, aber ich brauche immer eine Weile, um die richtigen Schläger für mich zu finden. Und es kann vorkommen, dass ich von zehn Rackets keinen einzigen für perfekt halte. Das stellt der Mannschaft von HEAD natürlich auch ein paar Aufgaben. Denn HEAD schickt mir über das Jahr ziemlich viele Schläger. Und erfüllt mir jeden Wunsch - und das auch sehr schnell.
tennisnet: Wiri haben gerade das Video zur neuen Kampagne gesehen. Natürlich sind Sie darin auch vertreten. Wie auch bei fast allen Videos, die die ATP rund um die Turniere produziert. Können Sie nicht „nein“ sagen?
Rublev - "In meinem Team arbeiten alle perfekt zusammen"
Rublev: Es ist ganz einfach, gerade jetzt im Fall von HEAD. Sie helfen mir, wo auch immer ich Hilfe brauche. Das ist meine Art, mich dafür zu bedanken. Und eine nette Art der Zusammenarbeit.
tennisnet: Wenn Sie ein paar Jahre zurückblicken auf Ihre Anfänge: Hat es aus der großen russischen Tennis-Tradition einen Spieler gegeben, der Ihnen beim Einstieg geholfen hat?
Rublev: Eigentlich nicht. Ich habe einfach den Übergang von den Junioren zu den Erwachsenen ordentlich hinbekommen. Der einzige, der immer dabei war, war Fernando Vicente.
tennisnet: Ihr Coach ist jetzt auch fast immer dabei. Dennoch waren Sie einer jener Spieler, die mit einem sehr kleinen Tross herumgereist sind. Das hat sich etwas geändert …
Rublev: Ich habe jetzt auch meinen zweiten Coach Albert Martin bei mir, einen Ex-Top-30-Spieler, der mit Fernando sehr gut befreundet ist. Auch mein Fitnesscoach ist dabei - mein Team hat sich also vergrößert. Alle arbeiten perfekt miteinander.
tennisnet: Vor ein paar Wochen haben Sie in Monte-Carlo Ihr erstes ATP-Masters-1000-Turnier gewonnen. Wie wichtig war ein Titel auf diesem Level für Sie?
Rublev: Jeder Titel ist mir wichtig, nicht nur der in Monte-Carlo. Ich bin nicht in dieses Turnier gestartet und habe mir gedacht: Diesmal werde ich gewinnen. Wie jeder Spieler möchte ich jede Woche gewinnen. Aber das gelingt natürlich nicht. Man weiß nie, wann es wieder so weit ist. Aber es stimmt schon: Monte-Carlo ist etwas Besonderes, weil dieses Turnier so eine lange Tradition hat. Es ist eines jener Events, das die Leute aufmerksamer erfolgen. So gesehen: ja, das war schon speziell.
tennisnet: Im Endspiel gegen Holger Rune haben Sie ein grandioses Comeback hingelegt. Wie schon Anfang des Jahres bei den Australian Open. Haben Sie an dieses Match in Melbourne gedacht?
Rublev: Wenn überhaupt, dann nur ganz, ganz kurz. Ich habe eher das Gegenteil angenommen: Nachdem ich in Australien den Rückstand aufgeholt habe, werde ich das diesmal ganz sicher nicht schaffen. Das wäre unrealistisch, so etwas gegen einen großartigen Spieler wie Rune zweimal zu hinzubekommen. Ich bin immer positiv geblieben. Und konnte es nach dem Match kaum glauben, dass es mir wieder gelungen ist.
"ich hätte lieber gegen Daniil auf Sand gespielt"
tennisnet: Als Monte-Carlo-Champion kommt man sicherlich mit bestimmten Erwartungen nach Paris …
Rublev: Keine Erwartungen! Ich weiß nur, dass ich alle Joker in meiner Hälfte des Draws habe.
tennisnet: Außer Daniil Medvedev …
Rublev: Mir ist es definitiv lieber, gegen Daniil auf Sand zu spielen als gegen die anderen Jungs.
tennisnet: Sie haben 2021 eine olympische Goldmedaille gewonnen. Im kommenden Jahr werden hier in Paris die Olympischen Spiele ausgetragen. Hat sich mit dem Sieg in Tokio die Blickweise auf Olympia verändert?
Rublev: Wenn man schon einmal Gold gewonnen hat, ist es ein wenig einfacher, wieder hinzufahren und zu spielen. Man spürt weniger Druck. Nachdem Olympische Spiele ja nur alle vier Jahre sind, ist es toll, wenn man schon mal eine Medaille in der Tasche hat. Das entspannt einen. Wenn ich in Paris 2024 nichts gewinnen sollte, dann ist es nicht ganz so schlimm.
tennisnet: Olympische Spiele sind aber generell etwas Außergewöhnliches. Hatten Sie in Tokio die Chance, auch andere Disziplinen zu verfolgen?
Rublev: Wir durften ja nirgendwo hingehen wegen der Corona-Pandemie! Ich hätte sehr gerne viel gesehen. Vielleicht hätte man sich früher dafür anmelden müssen, aber man konnte sich nicht frei bewegen. Wir mussten nach unseren Matches sofort das Stadion mit dem Bus verlassen. Ich erinnere mich an die Junioren-Olympischen-Spiele. Dort hat es eine Busstation gegeben, von der man zu jeder einzelnen Sportart gehen konnte. So war es in Tokio nicht. Ich hätte gerne so viel als möglich gesehen, obwohl ich sonst nicht so viel Sport verfolge. Aber wenn man eine Chance hat, die besten Athleten der Welt zu sehen, sollte man zupacken …