ATP-Chef Andrea Gaudenzi verteidigt Kalender: "Wir sind nicht Fußball oder Basketball"
ATP-Chef Andrea Gaudenzi hat in einem Interview mit der L´Équipe den bestehenden Kalender auf der Tour verteidigt. Für die 250er-Turniere könnte es dennoch eng werden.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
10.12.2024, 07:16 Uhr
Das männliche Welttennis ist fest in italienischer Hand. Sportlich gesehen zeichnet dafür Jannik Sinner verantwortlich, der 2024 zwei Grand-Slam-Titel, die ATP Finals und zuletzt auch noch hauptverantwortlich den Davis Cup gewonnen hat. Organisatorisch hat Andrea Gaudenzi als Chef der ATP die Zügel fest in der Hand. Und auch die ITF ist dem Charme des Italienischen Tennisverbandes erlegen, hat das Finalturnier im Davis Cup für die nächsten drei Jahre in die Heimat von Sinner und Gaudenzi vergeben. Was logistisch natürlich absolut sinnvoll ist, nachdem auch die Finals noch bis 203 in Italien stattfinden werden.
Nun zählt Jannik Sinner nicht zu denjenigen Profis, die sich permanent über den zu langen Turnierkalender auf der ATP-Tour beschweren. Weil er einen anderen Ansatz pflegt als viele seiner Kollegen an der Weltspitze. Sinner nimmt sich seine Pausen, lässt Schaukämpfe in der Regel aus. Dass er beim “Six Kings Slam” in Saudi-Arabien am Start war, lässt sich nur dadurch erklären, dass man ihn mit Geld dazu gezwungen hatte. Ansonsten aber legt der Weltranglisten-Erste immer wieder lohnende Pausen ein. Und wird seine Saison 2025 ohne Vorbereitungsturnier erst bei den Australian Open beginnen.
Zverev und Alcaraz beschweren sich
Auf der anderen Seite der Jahresplanung stehen da Spieler wie Alexander Zverev. Der hat sich zwar die Finalrunde des Davis Cups nicht mehr gegeben, fliegt aber schon vor weihnachten nach Australien, um dort beim (sehr gut dotierten) United Cup teilzunehmen. Zverev ist einer der Vielspieler auf der Tour, 2024 hat er 90 Partien bestritten, 69 davon gewonnen. Bei den ATP Finals zuletzt in Turin hat die deutsche Nummer eins erneut dafür plädiert, den Kalender zu verschlanken. Auf Kosten der ATP-Tour-250-Turniere. Was sich übrigens mit der Idee von Andy Roddick deckt, der die kleinsten Events auf der Tour gerne in den November legen würde - und zwar nachdem die ATP Finals schon gespielt wurden.
Andrea Gaudenzi hört sich diese Vorschläge und Klagen aufmerksam an. Und das schon seit ein paar Jahren. Und verteidigt den ATP-Kalender dennoch. "Tennis ist nicht wie Fußball oder Basketball, wo die Spieler bei einem Klub beschäftigt sind", erklärte Gaudenzi in der L´Équipe. “Unsere Spieler sind selbständige Unternehmer und können über ihren Spielplan selbst entscheiden.” Ein kleiner Seitenhieb in Richtung Zverev, der etwa beim Laver Cup gespielt hat, aber auch Carlos Alcaraz, der in der laufenden Woche gleich zwei Schaukämpfe in den USA bestreitet. Und beim Laver Cup ja auch dabei war.
“Die Spieler entscheiden sich dafür, viele Schaukämpfe außerhalb der Tour zu bestreiten”, so Gaudenzi weiter. “Das sieht man in anderen Sportarten nicht. Die Frage ist, ob man in unsere oder außerhalb unserer Tour investieren möchte. Die Saison verkürzen? Ja, aber dann müsste man die Anzahl der 250er-Turniere reduzieren. Und danach können sich die Spieler auch dafür entscheiden, weniger Exhibitions zu spielen und mehr Zeit zuhause zu verbringen, um sich auszuruhen.”