ATP Doha: Roger Federer - "Das war alle Anstrengungen wert"
Und am Ende war es beinahe wie immer: Roger Federer schlug in einem kritischen Moment auf dem Centre Court einen Traumball. Er riss die Arme in die Höhe, er hatte die Nerven behalten, er war ins Risiko gegangen und war belohnt worden mit dem 1243. Sieg im 1514. Match seiner langen Profikarriere.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
10.03.2021, 23:15 Uhr
Allerdings war an diesem 10. März 2021 ganz und gar nichts wie immer für Federer: Denn der 7:6 (9), 3:6, 7:5-Sieg des 39-jährigen Großmeisters gegen den Briten Dan Evans in Doha hatte alles andere als die Charakterzüge eines Alltagssieg in einer Auftaktrunde bei einem kleineren ATP-Turnier. Federer triumphierte an diesem milden Winterabend in Katars Hauptstadt nach der längsten und schwersten Zwangsunterbrechung in seinem Beruf, genau 405 Tage lagen zwischen seiner Halbfinalniederlage bei den Australian Open 2020 gegen Novak Djokovic und dem mühsamen, indes emotional höchst wertvollen Erfolgserlebnis gegen den unbequemen Rackerer Evans. „Ich bin einfach nur glücklich, wieder auf dem Platz stehen zu können“, sagte Federer, der um 20.46 Uhr Ortszeit seinen zweiten Matchball verwertete, „dass ich gewonnen habe, ist natürlich ein noch besseres Gefühl.“
Die Genugtuung über den schwer erkämpften Comebacksieg war in den ersten Minuten nach dem geglückten Startcoup unüberhörbar und unübersehbar bei Federer. Erleichtert winkte der 20-malige Grand Slam-Champion in die Publikumsränge hinein, rund 2000 Zuschauer hatten unter strengen Covid-Protokollarien den Hauptplatz im Khalifa-Komplex betreten dürfen. Beim obligatorischen Blitzinterview auf dem Court erklärte Federer dann, er sei „sehr erleichtert, wie gut alles geklappt hat“: „Ich bin müde, aber hochzufrieden. Und ich bin gespannt, wie ich mich morgen fühlen werde.“ Bereits an diesem Donnerstag steht Federers Viertelfinalspiel gegen den Georgier Nikoloz Basilashvili (ab 16:00 Uhr live im tennisnet-Ticker) auf dem Programm.
Federer sprach in seiner ersten Reaktion auch davon, es sei ein „harter, langer Weg“ in den letzten Monaten bis zu diesem Spiel gewesen, „die wahrscheinlich größte Herausforderung, der ich mich zu stellen hatte.“ Auch der erste, wirkliche Wettkampf nach so vielen Trainingsstunden und Übungssätzen war knifflig und anspruchsvoll, kein Wunder auch: Evans ist schließlich die Nummer 28 der Weltrangliste, ein eiserner Malocher, einer, der stets bis zum letzten Atemzug um den Sieg fightet. Federer hatte zuletzt sogar mit Evans mehrere Tage in Dubai trainiert, und im Match war mehr als einmal offenkundig, wie gut sich die beiden Kollegen und Rivalen kannten.
Federer gewinnt Big Points
Den ersten Satz holte sich Federer nach völlig ausgeglichenem Verlauf auf typische Weise im Tiebreak, ganz der Mann für die Big Points. Erst wehrte er einen Satzball bei 5:6 ab, dann war er der wagemutigere Spieler, suchte die Entscheidung und verwertete den Punkt zum 10:8 und damit zur 1:0-Satzführung. Das Spiel verflachte danach, Evans glich mit 6:3 zum 1:1-Remis aus. Und Federer musste sofort über die volle Distanz an die Kraftreserven heran.
Dass Federer seine Entschlossenheit in engen, umstrittenen Matches auch nach dieser langen Verletzungspause nicht verlernt hat, zeigte er im entscheidenden Akt. Beim 3:3-Gleichstand wehrte er zupackend einen Breakball des Briten ab, ehe er bei eigener 5:4-Führung den ersten Matchball herausspielte. Evans konnte das drohende Unheil mit einem spektakulären Volley abwehren, doch im nächsten Aufschlagspiel, bei 5:6, war er dem Druck Federers dann nicht mehr gewachsen. Eine überragende Longline-Rückhand Federers setzte den formvollendeten Schlusspunkt unter die Partie. „Diese Atmosphäre bei einem Match zu spüren, diesen Kampf da draußen wieder erleben zu dürfen – das war alle Anstrengungen wert“, sagte Federer hinterher.
Die Partie zwischen Federer und Basilashvili gibt es ab 16:00 Uhr live im tennisnet-Ticker
Hier das Einzel-Tableau in Doha