ATP Halle: Ralf Weber - "Roger Federer ist ein Freund des Turniers"
Das ATP-Tour-500-Turnier in Halle/Westfalen hat auch 2019 wieder ein Teilnehmerfeld der Extraklasse präsentiert. Jörg Allmeroth hat mit Turnierdirektor Ralf Weber über die Gegenwart und die Zukunft des traditionsreichen Events gesprochen.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
29.05.2021, 09:30 Uhr

Herr Weber, nach der Insolvenz der Gerry Weber AG haben sich viele Fans um die Zukunft des Tennisturniers in Halle gesorgt. Warum geht es nun eigentlich weiter mit dem Turnier?
Ralf Weber: Weil das Turnier von einem eigenständigen Unternehmen geleitet wird, der Gerry Weber Management und Event GmbH& Co. OHG. Und mit dem Einstieg von Deutschlands führendem Gesundheitsdienstleister Noventi, der im Rahmen einer dreijährigen Partnerschaft bis 2021 aktuell für 2019 auch das Namensrecht erworben hat, steht das Turnier auf einem soliden Fundament. Die Gerry Weber International AG wird auf der Anlage dennoch präsent bleiben, etwa mit dem Verkaufszelt. Auch die Fashion Night, am Vorabend des Finales, geht über die Bühne, sie bleibt ein wichtiges Instrument insbesondere zur Kundenbindung.
Sie haben zuletzt erklärt, dass gerade die Heimatregion Ostwestfalen sich sehr für das Turnier engagiere.
Weber: Tatsächlich haben wir uns sehr gefreut, welchen Zuspruch und welche Unterstützung es gerade bei unseren langjährigen Partnern gibt. Viele Firmen haben ihr Engagement sogar ausgeweitet, der Rückhalt bei den Sponsoren ist beeindruckend. Wir haben das als großen, sehr großen Vertrauensbeweis gewertet.
Wie wichtig ist die Partnerschaft mit der Noventi Health SE?
Weber: Es ist ein wichtiges Aufbruchsignal, eine zukunftsweisende Partnerschaft. Wir führten viele intensive Gespräche mit Interessenten, es gab eine bemerkenswerte Nachfrage. Darunter waren dann auch Firmen, die über unser Turnier völlig neu ins Tennis einsteigen wollen – wie nun die Noventi Health SE. Das Unternehmen sieht in diesem weltweit und national renommierten Turnier eine Plattform, um generell auf die Bedeutung von Sport für die Gesundheit zu verweisen. Wir konnten hier halt auch auf erstklassige Mediadaten verweisen, das Turnier hat ein starkes Standing auf der Tennistour. Zudem sind wir Marktführer in Deutschland.
Mehr internationale Zuschauer in Halle
Sie sind allerdings weiter auf der Suche nach zusätzlichen Partnern. Nach Firmen, die 2020 und darüberhinaus als Titelsponsor fungieren könnten.
Weber: Das ist richtig. Weitere Interessenten werden in diesem Jahr vor Ort sein, um die Stimmung, Atmosphäre zu erleben, um sich einen Gesamteindruck zu verschaffen.Ich bin sicher: Es wird ihnen gefallen hier, auch die Internationalität, die im Zuge des Upgrades auf den ATP-500-Status stattgefunden hat. Wir haben nicht nur mehr TV-Anstalten, die das Turnier übertragen, um die 130 Länder sind zugeschaltet. Wir haben auch mehr internationale Besucher, von allen Kontinenten.
Wie ist denn Ihre eigene Stimmungslage, wenn das Turnier nicht mehr den Familiennamen trägt?
Weber: Letztlich geht es nicht um meine eigene Befindlichkeit. Es geht darum, dass dieses Turnier bestehen bleibt und zukunftsfähig ist. Wenn man auf die Turnierlandschaft schaut, ist das eigentlich auch nichts Außergewöhnliches. Da wechseln in knapp 30 Jahren die Hauptsponsoren ja gleich mehrfach. Unsere Situation war eher die Ausnahme als die Regel. Aber klar: Ich sehe es auch mit einem weinenden Auge, weil wir eine starke Aufbauleistung hingelegt haben und ein anerkanntes Sport- und Entertainpaket bieten – Jahr für Jahr.
Wie waren eigentlich die Reaktionen bei den Spielern?
Weber: Auch da gab es sehr viel Unterstützung und Solidarität. Man merkt doch, wie sehr das Turnier den Spielern ans Herz gewachsen ist, schließlich betonen ja auch alle immer wieder, wie familiär die Atmosphäre in Halle ist. Ich kann klar sagen, dass wir in diesem Jahr deutlich weniger finanzielle Mittel aufwenden müssen, um dieses Teilnehmerfeld zu ermöglichen. Der Zuschauer wird ohnehin nichts spüren von den Entwicklungen, im Gegenteil: Das Angebot für die Fans ist sogar noch einmal aufgewertet worden, wir haben ganz tolle Künstler, die abends auf unserer Eventbühne auftreten.
17 Teilnahmen von Roger Federer - "Eine unglaubliche Zahl"
Auch Roger Federer hat dem Turnier ja seine Hilfe angeboten, wo immer sie möglich sei.
Weber: Roger ist einfach ein Teil der Turnierfamilie, und natürlich hat es uns sehr berührt, wie sehr er Anteil nimmt an dieser Entwicklung. Er ist der Mann, der dieses Turnier geprägt hat als Spieler wie kein anderer, er ist das herausragende Gesicht des Turniers in den bisherigen 26 Gerry Weber Open-Jahren gewesen. Er wird uns auch über seine aktive Karriere hinaus verbunden bleiben, wir haben da schon drüber gesprochen und einige Ideen entwickelt. Das Turnier war ja schon länger Partner der Roger-Federer-Stiftung.
Federers Laufbahn neigt sich nun allmählich dem Ende entgegen. Wie sieht die Zukunft ohne den Maestro aus?
Weber: Trotz dieser engen Partnerschaft mit Roger waren wir nie in einer kritischen Abhängigkeit. Personell waren wir immer sehr gut aufgestellt in der Breite. Ein bisschen erinnert mich die Situation an die Pionierzeit des Turniers, als wir weder Becker noch Stich dabei hatten. Aber bald kamen neue Gesichter, Becker und Stich kamen auch noch, es gab eigentlich nie ein echtes Problem. Auch Roger war nicht ad hoc der Super- oder Megastar. Er betont ja selbst, dass das Welttennnis eine gute Perspektive hat. Wir werden in jedem Fall immer Weltklassefelder zusammenstellen. Und wir sind sicher, dass wir mit dem Produkt Rasentennis auch etwas Außergewöhnliches, etwas Elegantes und Exklusives bieten, das die Fans anzieht.
Auch Alexander Zverev ist Stammgast in Halle. Er dürfte auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
Weber: Ganz sicher, er hat ja sogar angeregt, über einen Lifetime Contract nach dem Vorbild Roger Federer mit uns sprechen zu wollen. Sascha hat eine fantastische Entwicklung hinter sich. Wer hätte denn gedacht, dass er mit 21 Jahren schon unter den Top 3 der Weltrangliste stehen und das Tour Finale gewinnen würde – gegen Federer und Djokovic am Finalwochenende. Dass er in seinen jungen Jahren auch Krisen durchleben muss, ist völlig normal. Das haben auch Roger oder Boris früher erleiden müssen. Ich finde auch erfrischend, wie offen er mit seinen Problemen umgeht und nahbar bleibt für die Fans. Er ist ein außergewöhnlicher junger Mann.
Preiserhöhungen wie in Rom? "Das ist für mich ein Unding"
Ein anderes Thema. Bei vielen Turnierdirektoren wird die Entwicklung bei den Preisgeldern sehr kritisch gesehen. Das Turnier schüttet 2019 auch wieder fünf Prozent mehr aus, etwa 2,7 Millionen Euro.
Weber: Da befinden sich in der Tat viele Veranstalter an einer Schmerzgrenze jetzt. Von Spielerseite wird oft auf ein paar Topevents geblickt, auf die Grand Slams, die enorme Umsätze und enorme Reingewinne haben. Daraus werden Forderungen abgeleitet, die für die meisten Wettbewerbe kaum verträglich sind. Das Geld fällt für uns Turnierdirektoren nicht vom Himmel, es muss hart verdient und erwirtschaftet werden. Ich wünsche mir hier mehr Realitätssinn, auch von jenen, die die Interessen der Profis vertreten. Denn eins ist auch sicher: Wir wollen weiter moderate Eintrittspreise für unsere treuen Fans anbieten, das Ganze soll bezahlbar und zugänglich bleiben. Wir treiben die Preise ja auch nicht in die Höhe, weil Federer an diesem oder jenem Tag vermutlich spielt.
In Rom, beim dortigen Masters, wurden ja Last Minute-Käufer mit doppelt so hohen Eintrittspreisen bestraft – nach Federers Turnierzusage.
Weber: Das ist ein Unding für mich. Das würden wir hier nie machen, das ist nicht seriös.
Federer ist 2019 zum 17. Mal in Halle.
Weber: Eine unglaubliche Zahl, in vielerlei Hinsicht. Der beste Spieler aller Zeiten, er ist Stammgast in Halle, er ist ein Freund des Turniers, ein Mitglied der Roger fühlt sich stets wohl, seiner ganzen Familie geht es genau so. Auch deshalb hat er hier nicht weniger als neun Mal gewinnen können. Vielleicht wird es in diesem Jahr ja sogar Titel Nummer zehn, aber es gibt genügend Konkurrenz für ihn. Sehr starke Konkurrenz. Dieses Teilnehmerfeld ist beeindruckend, allein mit Alexander Zverev, Karen Khachanov oder Borna Coric.