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Ball anschauen: Die besten Übungen für ein perfektes Timing beim Schlag

Eine gelungene Vorbereitung ist meist die halbe Miete für einen perfekten Schlag. Marco Kühn von tennis-insider.de verrät dir Übungen, wie du auch deine Quote diesbezüglich nach oben schrauben kannst.

von Marco Kühn
zuletzt bearbeitet: 14.03.2025, 07:50 Uhr

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Auch bei Alexander Zverev geht einem perfekt getroffenen Ball eine gelungene Vorbereitung voraus.

Glück ist, wenn eine gute Vorbereitung auf die passende Gelegenheit trifft. Kannst du dein Glück beim Tennis erzwingen? Kannst du dich ideal vorbereiten, um bei der passenden Gelegenheit im Ballwechsel den perfekten Winner zu spielen?

Nicht jeder Schlag wird so kommen, wie man es sich vorstellt. Tennis ist ein Fehlersport. Aber mit einer besseren Schlagvorbereitung lässt es sich einfacher von der Bespannung spielen. Du fühlst den Ball besser. Du kannst Länge und Tempo deiner Schläge besser kontrollieren.

Das Problem? Du hast bei jedem Schlag kaum Zeit, dich zu konzentrieren. Du musst viele Bewegungen gleichzeitig ausführen. Das ist für Körper und Geist anstrengend. Ein kleiner Hebel für besseres Tennis ist in diesem ganzen Gedanken-Wirrwarr das Anschauen des Balles. Ein so kleines Detail, das einen so großen Einfluss auf deine gesamte Performance hat.

Lass uns mal genauer "hinschauen".

Warum ist das Anschauen des Balles wichtig?

Die Qualität deines Schlages verbessert sich automatisch, wenn du den Ball früher und genauer triffst. Was heißt in unserem Falle genauer? Du triffst die Murmel mittiger auf deiner Bespannung. Je mittiger du den Ball triffst, desto mehr Kontrolle hast du über deinen Schlag.

Der Ball ist ein großer Bestandteil deines Schlages. Du hast auf der einen Seite deinen Schläger, deine Technik und die Bewegung zum Ball. Von der anderen Seite kommt der Ball, der zum Zentrum deines Schlages wird. Hast du dieses Zentrum nicht genau im Blick, kann sich das negativ auf die Qualität deines Schlages auswirken.

Wenn ein NBA-Spieler beim Wurf nicht den Korb ins Visier nimmt, dann verringert sich die Chance auf einen erfolgreichen Wurf. Verdammt gute Basketballspieler nehmen den Korb vor dem Start ihrer Wurfbewegung kurz, aber voll konzentriert, ins Visier. In diesem kurzen Moment gibt es keine Spieler neben ihnen, keine Gegenspieler, die den Ball attackieren. Es gibt nur sie, den Ball und den Korb.

So ist es auch beim Tennis. Kurz vor einem Schlag sollte es nur dich, dein Racket und den Ball geben. Kein Blick zum Gegner. Kein Blick in die Ecke, in die du den Ball spielen willst.

Der perfekt Moment, um den Ball mit den Augen ins Visier zu nehmen

Das Anschauen des Balles ist eine komplizierte Geschichte. Du musst bei jedem einzelnen Schlag unglaublich viele Kleinigkeiten beachten. Es ist ein Jonglieren deiner Arme, Beine und den Augen.

Der Ball, der im ersten Moment noch gar nicht bei dir ist, scheint da eine kleinere Rolle zu spielen. Du willst ja auch wissen, wo dein Gegner steht und wie du deine Bälle am besten platzieren kannst.

Ich habe früher von meinem sehr guten Trainer Tobbe gelernt, den Ball ab der Netzkante anzuschauen. Das hat mir sehr gut geholfen mich zu orientieren. Bedeutet: Dein Gegner trifft den Ball, du machst den Split-Step (den Bereitschaftssprung) und ab diesem Split-Step nimmst du den Ball mit deinen Augen ins Visier. Dann beginnt der Moment, den wir einige Zeilen weiter oben mit dem Wurf beim Basketball verglichen haben. Dann gibt es nur noch dich, den Schläger und den Ball.

Die Murmel bereits früher anzuschauen, halte ich für zu komplex. Es kann dir passieren, dass du deine Beinarbeit vergisst, deine Ausholbewegung oder die wichtige Bewegung zum Ball hin. Das zerstört den gesamten Schlag. Deine leidige Aufgabe ist es, alles unter einen Hut zu bekommen. Das gelingt aber selbst Profispielern nicht immer. Allen voran nicht über die gesamte Dauer eines Matches. Das ist ein Grund, warum Perfektionismus nichts auf dem Tennisplatz verloren hat. Du kannst leider kein perfektes Match spielen. Zumindest nicht dann, wenn du "perfekt" als fehlerfrei definierst.

Ein perfektes Tennismatch hast du gespielt, wenn du dich von deinen Fehlern nicht hast ablenken lassen. Wenn du nach jedem Rückschlag schnell wieder in deine Spur gefunden hast. Das ist eine gesündere Definition eines "perfekten" Tennismatches.

Wir halten fest:

Kurz bevor dein Gegner den Ball trifft, setzt du den Split-Step ein. Der Split-Step ist der An-Schalter für das Anschauen des Balles.

Mit welchen Übungen kannst du das Anschauen des Balles trainieren?

Das Problem liegt in der Kunst, sich nur auf eine Sache zu konzentrieren. In diesem Falle auf den Ball. Unser Geist ist schnell abgelenkt. Beim Tennis kommt erschwerend hinzu, dass du dich neben der Filzkugel noch auf die ganzen anderen Sachen wie deinen Schlag konzentrieren musst.

Wie man dieses Problem mit simplen Übungen lösen kann, verraten dir die folgenden Übungen. All diese Übungen haben ein einfaches Prinzip. Sie sind darauf ausgerichtet, dass du deine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf den Ball legst - und nicht auf das Drumherum.

Lass uns mit den Übungen starten.

1) Fixiere beim Seitenwechsel einen festen Punkt mit deinen Augen

Klingt einfacher, als es ist. Manchmal siehst du die Profispieler stur geradeaus schauend auf der Bank beim Seitenwechsel sitzen. Keine Ahnung, ob sie das bewusst machen. Fakt ist aber, dass du mit dem Fixieren eines festen Punktes deine Fähigkeit trainierst, dich eben auf einen fixen Punkt zu konzentrieren.

Das ist das Aufwärmen für das Anschauen des Balles.

Ein solcher Fixpunkt kann der Netzpfosten sein, die Netzkante, ein Ball, der im Feld liegt. Du kannst auch einen Buchstaben auf einer Werbeplane fixieren. Ein "S" zum Beispiel, das für Sieg steht. Entscheidend ist das sture Fixieren dieses Punktes. Lass dich nicht von dem Drumherum ablenken. Bleibe mit deinen Augen stur auf deinem Fixpunkt.

2) Schaue vor deinem Aufschlag auf den Ball und tippe ihn auf. Zähle dabei das Auftippen

Der Professor der kognitiven Psychologie, Dr. Stefan van der Stigchel, sagte: "Gib deinem Geist eine Aufgabe, die mit dem Ball zu tun hat. Dann hast du fast keine andere Möglichkeit mehr, als dich NICHT auf den Ball zu konzentrieren". Novak Djokovic war vor der Shot-Clock der Meister des Auftippens. Bis zum 20-Mal tippte er die Filzkugel vor einem Aufschlag auf.

Wir wissen leider nicht, ob er dabei mitzählte. Wir müssen aber davon ausgehen, dass dieses Ritual kein Zufall war. Wichtig bei dieser Übung ist das aktive Mitzählen. Du sollst den Ball natürlich nicht 20-Mal auftippen. Es reicht, wenn du dies fünf- bis siebenmal tust. Deine Aufmerksamkeit kurz vor dem Aufschlag ist dann bereits auf dem Ball. Dein Geist ist auf den Ball programmiert. Bist du nicht zu nervös und angespannt, kann dir mit dieser Übung das Anschauen des Balles leichter fallen.

3) 1-2 Technik

Wir bleiben beim Zählen, deinem Geist und der gelben Filzkugel. Eine der besten Konzentrationstechniken für den Ball ist die 1-2-Technik. Und ja, diese Technik ist so leicht wie ihr Name.

Diese Übung ist perfekt, um zu Beginn eines Matches den Fokus auf den Ball zu legen, den Ball aufmerksam anzuschauen und eine Kopf-Schlag-Verbindung aufzubauen. Bedeutet: Deine Konzentration auf den Ball und dein Schlag bilden einen gesunden Rhythmus. Wir können die ganze Geschichte auch Schlagrhythmus nennen.

Die 1-2-Technik funktioniert wie folgt:

Wenn der Ball des Gegners auf deiner Seite aufspringt, dann sagst du dir "1". Wenn du den Ball triffst, sagst du dir "2". Du kannst das laut für dich sagen oder im Kopf mitzählen. Hier haben wir wieder die Konzentration auf den Ball in Kombination mit dem Zählen des Auftippens. Nur in einer abgewandelten Version. Das Prinzip bleibt aber dasselbe.

Zusammenfassung

Das Anschauen des Balles zu trainieren funktioniert am besten mit simplen Übungen, die das Zählen beinhalten. Du gibst deinem Geist eine Aufgabe mit dem Ball. Dadurch schärft dein Geist die Konzentration auf den Ball.

Das Hauptproblem für ein schwaches Anschauen des Balles liegt fast immer in den vielen kleinen Ablenkungen. Mal schaust du zum Gegner, dann in die Ecke, in die du den Ball spielen willst. Fixierst du beim Seitenwechsel mit deinen Augen einen festen Punkt, so kannst du das Anschauen des Balles ebenfalls aktiv trainieren.

Ich wünsche dir viele mittig getroffene Schläge in deinem nächsten Spiel!  

von Marco Kühn

Freitag
14.03.2025, 12:15 Uhr
zuletzt bearbeitet: 14.03.2025, 07:50 Uhr