"Ich muss mich nicht vor den Spitzenfrauen verstecken"

Im tennisnet.com-Interview erklärt die Urexweilerin ihre Verfolgerrolle im deutschen Damentennis und warum derzeit auch die zweite Garde von Andrea Petkovics Erfolgen profitiert.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 21.04.2011, 11:01 Uhr

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Kristina Barrois, Sie haben Ende vergangener Woche neben dem Centre Court gesessen, als die deutsche Fed-Cup-Auswahl den Aufstieg in die Weltgruppe schaffte. Wie schwer fiel Ihnen da eigentlich das bloße Zuschauen?

Ich hätte natürlich lieber auf dem Platz gestanden, keine Frage. Aber die Spielerinnen, die im Team waren, hatten das auch verdient. Ich hab' mich selbstverständlich riesig gefreut, dass wir den Sieg so sicher gepackt haben.

Wenn man nicht dabei ist, führt das eher zu einer Trotzreaktion, nach dem Motto: Ich werde der Trainerin beweisen, dass ich beim nächsten Mal dazu gehören sollte. Oder überwiegt da das Frustgefühl?

Wie man gesehen hat, stachelt dieser Konkurrenzkampf im deutschen Damentennis alle zu besseren Leistungen an. Da dreht sich zum Glück eine Aufwärtsspirale. Das Fed-Cup-Team ist eine wichtige Plattform für jede Spielerin, aber man muss sich jetzt ganz schön ins Zeug legen, um einen der Plätze zu ergattern.

Sie zählen zu den routinierten Spielerinnen der Tour, haben vieles mitgemacht in dem Geschäft. Haben Sie eine vergleichbare Stimmung im deutschen Frauentennis in Ihrer Karriere erlebt?


Es gab Ansätze dazu, als Anna-Lena Grönefeld und Sabine Lisicki schon mal auf dem Weg zu Spitzenpositionen waren. Aber hier bewegt sich das Ganze ja auf breiter Front nach oben. Vier Spielerinnen im Viertelfinale von Stuttgart, das ist schon eine tolle Geschichte. Plötzlich ist wieder ein massives Interesse geweckt, die Fans sind begeistert, und auch die Medien haben Tennis wiederentdeckt.

Man hat trotz allem Konkurrenzkampf nicht den Eindruck, dass eine Spielerin der anderen den Erfolg neiden würde.


Warum auch. Jede sieht, dass sie von der Situation profitiert. Die Ranglistenpositionen werden durchweg besser. Und wer wollte schon etwas daran aussetzen, wie Petko das ganze deutsche Damentennis darstellt und voranbringt.

Machen Sie sich noch Hoffnungen auf einen Platz im Team?


Natürlich. Warum sollte ich da keine Erwartungen haben? Ich habe mir ehrgeizige Ziele für den Rest der Saison gesteckt, und dann wird man 2012 sehen, wie die Besetzung für den Fed Cup aussehen kann.

Welche Ziele sind das konkret?


Ich visiere die Top 50 an, das traue ich mir gut zu. Dazu brauche ich eine größere Konstanz auf diesem hohen Niveau. Man muss stabil Punkte sammeln, kann sich nicht viele Aussetzer leisten. Schließlich ist die Leistungsdichte einfach gewachsen in den letzten Jahren.

Sie haben beim Tennisspielen auch private Sorgen wegstecken müssen, nicht immer fiel es leicht, sich auf den Sport zu konzentrieren.


Das ist richtig. Meine Mutter ist schwer erkrankt, und ich versuche so weit es geht, mich in den Turnierwochen auf mein Tennis zu konzentrieren. Leicht ist das alles nicht.

Sie arbeiten ja eng mit dem früheren Fußballprofi Bernd Franke zusammen. Wo liegen die Schwerpunkte seiner Arbeit?


Er ist sozusagen der Fitmacher und der Mann, der mir die wichtigen Ratschläge für das mentale Spiel gibt. Die Psychologie im Tennis spielt mehr denn je eine Rolle, wo die meisten Spielerinnen inzwischen gleich gut austrainiert sind.

Sie hatten schon häufiger einen großen Coup auf dem Schläger, konnten aber günstige Matchsituationen nicht immer ausnutzen.


Vielleicht klappt das ja jetzt besser, mit mehr Gelassenheit und Entspanntheit in diesen späten Jahren meiner Karriere. In Stuttgart habe ich mir jedenfalls bewiesen, dass ich mich nicht vor den Spitzenfrauen verstecken muss.(Interview: Jörg Allmeroth; Foto: GEPA pictures / Witters / Matthias Hangst)

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21.04.2011, 11:01 Uhr