Belinda Bencic und das Happy-End des Tennis-Märchens
Das Tennis-Märchen von Belinda Bencic hat in der Zeltdach-Arena von Dubai ein wunderschönes Happy-End gefunden. Dreieinhalb Jahre nach ihrem bisher letzten Turniersieg im kanadischen Toronto bestieg die 21-Jährige am Samstagabend ebenso verdient wie unerwartet den Thron beim Millionenspiel am Arabischen Golf, nach einer verblüffenden Siegesserie, die ihren fulminanten Höhepunkt im 6:3, 1:6, 6:2-Erfolg gegen die favorisierte Tschechin Petra Kvitova fand.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
23.02.2019, 20:11 Uhr
„Es ist ein so unglaublicher Moment. Ich kann es noch gar nicht fassen, so richtig ist das bei mir noch nicht ins Bewusstsein eingesunken“, sagte Bencic nach dem Sensationscoup, den niemand auf der Rechnung hatte, sie selbst eingeschlossen. Als sie in den Wettbewerb gestartet sei, so Bencic, da sei sie mit zwei, drei gewonnenen Runden zufrieden gewesen: „Und nun stehe ich hier als Siegerin. Das ist einfach nur verrückt.“
Bencic wurde für den Sieg mit dem größten Preisscheck ihrer Karriere belohnt, 520.000 US-Dollar wandern auf ihr Konto. Sie lieferte so auch eine erstaunliche Steilvorlage für ihren Hopman-Cup-Partner Roger Federer, der ab Montag auf der Jagd nach seinem 100. Karriere-Titel in seiner zweiten Heimat ist. Federer trifft in Runde eins auf Philipp Kohlschreiber.
Fitness als Schlüssel zum Erfolg
Im finalen Showdown eines spannungsgeladenen Turniers musste Bencic aufs Neue mit ständig wechselnden Ergebnis- und Stimmungslagen umgehen. Dem souveränen Auftaktsatz folgte der Rückschlag auf dem Fuß, der zweite Akt wurde deutlich von Kvitova, der Australian-Open-Finalistin, dominiert. „Die Matches waren nichts für schwache Nerven. Ich glaube, mein Vater war nahe dran an einer Herzattacke“, sagte Bencic später lächelnd in der Pressekonferenz in Richtung des mithörenden Papas.
Ich glaube, mein Vater war nahe dran an einer Herzattacke.
Belinda Bencic
Doch wie zuvor in den umkämpften Partien auf dem Weg ins Endspiel behielt Bencic letztlich kühlen Kopf und hatte so auch das letzte machtvolle Wort. Die mentale Stabilität, sagte Bencic, habe auch mit der starken Fitness zu tun, mit dem Gefühl, immer noch einmal zulegen und das Tempo und die Dynamik im Spiel erhöhen zu können: „Ich fühle mich körperlich so richtig gut. Das ist mein Riesenplus jetzt.“
"Absolute Weltspitze" laut Kvitova möglich
Bencic hatte in den vergangenen Tagen mit beinahe magischen Entfesselungskünsten – geradezu in Houdini-Manier – das Finale des hochkarätig besetzten Wettbewerbs erreicht. Am spektakulärsten geriet dabei ihr Auftritt gegen die Weltranglistenneunte Aryna Sabalenka, nicht weniger als ein halbes Dutzend Matchbälle wehrte die 21-Jährige in dem 146-Minuten-Thriller ab.
Noch unerwarteter erschien der Erfolg gegen die Rumänin Simona Halep, die Nummer drei der Welt, hier drehte Bencic die Partie nach einem unglücklich verlorenen Auftaktsatz noch um. In knapp zwei Stunden setzte Bencic dann das dritte Ausrufezeichen im Halbfinale, der zuletzt zweimal in Dubai erfolgreichen Ukrainerin Elina Svitolina reichte selbst ein 5:3-Vorsprung im letzten Satz nicht, um den Überraschungslauf der couragierten Schweizerin zu stoppen.
„Belinda ist auf dem besten Weg, wieder in die absolute Weltspitze vorzustoßen“, gab Kvitova, die geschlagene Tschechin, nach dem Finale zu Protokoll. In Reichweite ist sie allemal schon: Als neue Wüsten-Königin von Dubai grüßt sie nun von Platz 23 der Weltrangliste - und hat in den kommenden Wochen und Monaten nur wenige Punkte zu verteidigen.