„Bin absolut erledigt“ - Ashleigh Barty erklärt ihren Rücktritt vom Tennis
Ashleigh Barty hat die Tenniswelt mit ihrem Rücktritt völlig überrascht – mit nur 25 Jahren und als Nummer 1 der Welt. Ihre Erklärungen aber machen Sinn, und eine kleine Andeutung erst recht.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
24.03.2022, 12:08 Uhr
Es war eine Schocknachricht am frühen europäischen Morgen für Fans des gepflegten Tennis. Mit einem Rücktritt von Ash Barty, nach diesen fantastischen Australian Open, nachdem man sich darauf eingestellt (und gefreut!) hatte, ihr noch lange beim Tennisspielen zuschauen zu dürfen… Nein, eine Tenniswelt ohne Ashleigh Barty ist eine schlechtere, keine Frage.
Denn die 25-Jährige tat der Tour so gut wie wenig andere: Barty spielte das wohl schönste Tennis überhaupt, mit dem schlauen Slice, der großen Übersicht – im Gegensatz zu doch vielen Kolleginnen, die größtenteils nach dem Motto „Nur ein schneller Ball ist ein guter Ball“ agieren.
Und menschlich: Ist Barty ohnehin eine Gute. Eigentlich zu normal, um als Tennisprofi unterwegs zu sein.
Vielleicht hat genau diese Eigenschaft ihr frühes Karriereende befördert. Ja, Barty war schon mal zurückgetreten, 2014 hatte sie nach den US Open eine lange Pause eingelegt – Rückkehr ungewiss. Sie hatte zuvor mit nur 15 Jahren im Jahr 2011 das Juniorinnenturnier in Wimbledon gewonnen, der Druck danach war zu groß, Barty schlitterte in eine Depression. 2016 kam sie schließlich zurück und dominierte seit 2019 die Tenniswelt. Ihr Glück, so sagte Barty nun, sei in der zweiten Phase ihrer Karriere nicht mehr von Ergebnissen abhängig gewesen.
Wimbledon im letzten Jahr habe so viel für sie als Person verändert, erklärte Barty weiterhin, der Sieg dort war der große Traum gewesen. Und die Australian Open in diesem Jahr die Zugabe. Nun scheint sie physisch und psychisch durch. „Ich habe es einfach nicht mehr in mir. Habe den körperlichen Zug nicht mehr, den emotionalen. Alles, was es braucht, um die Herausforderungen auf dem Toplevel anzugehen. Ich bin absolut erledigt.“ Das genau sei jedoch ein Erfolg. „Ich habe dem wunderbaren Sport Tennis alles gegeben.“
Die Tennistour - ein ewiger Wanderzirkus
Ein Punkt, den Barty indirekt ansprach, und der womöglich ein frühes Karriereende herbeigeführt hat, betrifft auch die Reiserei – gut möglich, dass genau dieser Aspekt für die große Erschöpfung mitverantwortlich ist.
Tennisprofis sind nun mal ständig Reisende, speziell Australier können kaum mal für ein paar Tage nach Hause und dann wieder weiter, wie es vielleicht europäische oder amerikanische Profis tun können. In Europa und den USA finden über‘s Jahr verteilt immer wieder Turniere statt, in Australian quasi nur im Januar. Barty war im vergangenen Jahr von Frühjahr bis Spätsommer nicht daheim. Für einen Familienmenschen wie sie ist das die Hölle. Auch Nick Kyrgios, so komplex er ist, tut sich abseits seiner Heimat schwer, ist ein Familienmensch und Heimatliebhaber.
Ihre künftigen Ziele, sagte Barty entsprechend, hätten nicht zwingend etwas damit zu tun, die Welt zu bereisen und von der Familie weg zu sein - weg aus der Heimat. Denn dort sei es, "wo ich immer sein wollte, wo ich groß geworden bin.“
Dass Barty die für sich richtige Entscheidung getroffen hat, davon kann man ausgehen – so bitter sie für Tennisfans ist. "Da ich dich schon so lange kenne, weiß ich, dass du immer Entscheidungen triffst, die für dich richtig sind", sagte ihre Freundin Casey Dellacqua am Ende, ihr hatte sich Barty für das Rücktrittsinterview anvertraut.
Und sie brachte die auch die allgemein geltenden Wünsche an Ash Barty auf den Punkt: „Genieß deinen Ruhestand.“