Christopher Eubanks in Wimbledon: Inspiriert von Roger Federer, motiviert von Kim Clijsters
Der US-Amerikaner Christopher Eubanks (ATP-Nr. 43) sorgt auf Rasen weiter für Furore. In Wimbledon steht er nun im Achtelfinale - nachdem er mit dem grünen Gras eigentlich gar nicht so warm werden wollte.
von Florian Goosmann aus Wimbledon
zuletzt bearbeitet:
10.07.2023, 11:12 Uhr
"A little bit of Federer in my life, a little bit of Kimmilein by my side..." So oder so ähnlich könnte sich der Ohrwurm anhören, sollte Christopher Eubanks mal unter die sommerlichen Sänger gehen.
Aktuell besteht dazu kein Anlass: Der US-Amerikaner spielt das Tennis seines Leben, steht in Wimbledon erstmals im Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers. Nach einem fantastischen 7:6 (5), 7:6 (3), 7:6 (2) gegen den Australier Christopher O'Connell.
Ein Chat mit Kim Clijsters verändert alles
Der Rasen? War dabei gar nicht so Eubanks' Sache. "Rasen ist der doofste Belag, auf dem man spielen kann", hatte er sich Anfang Juni bei Kim Clijsters beschwert, nachdem er in Surbiton an Jurij Rodionov gescheitert war. Wie er darauf komme, frage Clijsters. Ach, er sei einfach frustriert von den fehlerhaften Ballabsprüngen, erklärte Eubanks. Dazu nehme der Rasen das Tempo aus seinem Aufschlag. Dann die zig Schritte, die er brauche, um aus den Ecken zu kommen. Müsse er halt irgendwie durch, bis es zurück auf Hartplatz gehe.
Clijsters zeigte Verständnis. Und kam mit den kleinen Tipps um die Ecke: Er solle ein paar Beinarbeitdrills im Training einbauen, viel im T-Feld spielen, tief runter, viel Slice. Nur für die Beinarbeit.
Clijsters' Tipps zeigten Wirkung. In Stuttgart und Halle kam Eubanks aus der Quali heraus ins Achtelfinale, in Mallorca holte er den Titel. "Wie es anfing... und wie es aktuell läuft", schrieb er danach auf Twitter und hängte die Konversation mit Clijsters an.
Eubanks war schon Tennis-Kommentator
Nach seinem Zweitrundensieg in Wimbledon erklärte er, angesprochen auf den Clijsters-Chat: "Ich bin jetzt ein anderer Mensch. Ich liebe den Rasen mittlerweile."
Generell läuft es für Eubanks in 2023 sensationell. Das Jahr hatte er noch als Welt-Nr. 123 begonnen, vor einiger Zeit gar mit einem Karriereende geliebäugelt und sich am Kommentieren versucht (was er dennoch weiter zu will). "2021 habe ich mich mit meinem Manager zusammengesetzt und gesagt: Wenn ich nächstes Jahr immer noch nur die 200 in der Welt bin und kein Verletzungen daran schuld sind, mache ich was anderes."
Eubanks mischt Wimbledon auf!
Nun läuft es! In Wimbledon hatte Eubanks am Freitag die britische Hoffnung Cameron Norrie in vier Sätzen aus dem Turnier genommen, nun O'Connell. Besonders die geblockte Rückhand war dabei ein Hingucker auf dem Court 18, Eubanks blockte die Returns insbesondere zum Ende des dritten Satzes immer wieder am nach vorne stürmenden O'Connell vorbei.
Ob ihm der Begriff "Becker-Blocker" noch was sagt? Den geblockten Return hatte Boris Becker einst derart perfektioniert, dass er einen eigenen Namen erhielt. Und womöglich hat Eubanks ihn sich sogar beim dreifachen Wimbledonchamp abgeschaut.
Tennis-Bastler Christopher Eubanks: Inspiriert von Federer!
Denn Youtube ist das Stichwort: Nach seinem Sieg über Norrie verriet Eubanks, dass er sich online Inspiration holt bei den ganz Großen. "Ich habe viel Federer geschaut, als ich aufgewachsen bin. Er ist bis heute der Typ, von dem ich alte Matches ansehe und versuche, mir kleine Dinge mitzunehmen. Er hat sich natürlich besser bewegt, war viel besser am Netz", sagte er. Und fügte lachend an: "Er war in allem besser."
Eubanks, so scheint es, hat sich mittlerweile sein Spiel zusammengebastelt, dank Clijsters, dank Federer. Ob er dessen Weg in Wimbledon noch weiter gehen kann? Erst mal steht einer im Weg, der ähnlich agiert wie der Maestro oder eben Eubanks, mit der klassisch einhändigen Rückhand: Stefanos Tsitsipas.