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„Das Racket ist das wichtigste Werkzeug eines Spielers“

Wer es bekanntlich einmal hat, gibt es so schnell nicht mehr her: Das Tennisracket. Ohne einen Tennisschläger ist das Spielen nicht möglich. Fortlaufend verschiedene Modelle zu testen, kann zu einem besseren Spiel führen.

von Daniel Hofmann
zuletzt bearbeitet: 04.07.2024, 01:00 Uhr

Andy Murray hatte Yonex zuletzt mit einem Wechsel ins Gespräch gebracht.
© Getty Images
Andy Murray hatte Yonex zuletzt mit einem Wechsel ins Gespräch gebracht.

Der japanische Sportartikelhersteller Yonex ist im Tennis auf dem Vormarsch. Das Unternehmen hebt sich von anderen Anbietern bei der Herstellung der Produkte ab, die eigenständig entwickelt und produziert werden. Das gilt auch für die Rackets der 1946 in Tokio gegründeten Firma, die sich ab den 60er Jahren zunächst nur auf Badminton konzentrierte und in dieser Sportart weltweiter Marktführer ist, jedoch schon seit einigen Jahrzehnten auch große Erfolge im Tennis vorweisen kann. Boris Reichel (CEO Yonex Deutschland GmbH) und Carsten Neuhaus (Tennis Promotion Manager) verraten im exklusiven tennisnet-Interview, worauf es bei Rackets von der Entwicklung bis zum Kauf ankommt ankommt, welche Rolle die Profis dabei spielen und geben einen Einblick in die Firmenphilosophie.

Was zeichnet Yonex als Marke aus und welche Rolle spielt Tennis im Unternehmen? 

Reichel: Yonex ist bis heute ein Familienunternehmen mit neun eigenen Fabriken, die uns gehören. Wir entwickeln unsere Produkte selbst, bis sie perfekt sind und stellen sie dann selber her. Yonex setzt bei der Entwicklung der Produkte, und das gilt eben auch für die Rackets, auf die Performance und nicht darauf, was der Markt kurz- und mittelfristig hergibt. Wer bei uns ein Racket kauft, spielt das Racket der Profispieler. Das macht den Verkauf viel authentischer. Wir sind eine Badminton-Firma, die irgendwann auch Tennis für sich entdeckt hat.

Neuhaus: Die Zukunft für das Unternehmen liegt eindeutig im Tennis. Immer mehr Nachwuchsspieler landen bei uns. Wir waren mit sechs Personen in Paris. In der Breite sind wir sehr gut dabei, was uns aktuell fehlt, das ist natürlich ein Grand-Slam-Sieger.

Racket kaufen ist ein gutes Stichwort. Zuletzt machte Andy Murray aus sich aufmerksam, der auf eigene Faust verschiedene Rackets kaufte und diese getestet hat. Nun spielt er mit einem Yonex-Racket auf der Tour. Ist das auch für Yonex eine besondere Geschichte?

Neuhaus: Absolut. Viele Spieler wechseln während ihrer Laufbahn selten das Racket. Andy hat jahrelang eine andere Marke gespielt und sich jetzt für einen Yonex-Schläger entschieden. Das Interview dazu von Andy war nicht mit Yonex abgesprochen. Er hat aber genau das gesagt, was wir uns wünschen. Das unterstreicht, dass auch Andy von Yonex völlig überzeugt ist. Und er ist eine große Veränderung eingegangen. Die Kopfgröße seines bisherigen Schlägers betrug bisher 630 cm² und beträgt beim Yonex Ezone 100 nun 645 cm².

Reichel: Wir wollen transportieren, dass unsere Rackets wirklich die sind, die auch die Profis spielen. Natürlich tunen Spieler ihre Schläger, das ist selbstverständlich. Aber ganz grundsätzlich unterscheidet sich das Racket von Andy nicht von dem, welches die Kunden im Geschäft kaufen können. Das hebt uns deutlich von anderen Herstellern ab.

Das bedeutet, wenn ich einen Schläger in einer beliebigen Stadt kaufe, dann bekomme ich irgendwo anders auf der Welt dasselbe Racket ohne Abweichung?

Neuhaus: Richtig, und das eben auf das Gramm genau gesichert. Bei anderen Schlägern ist oft eine Abweichung von bis zu sieben Gramm plus oder minus von der Norm angegeben. Das kann einen Unterschied von bis zu 14 Gramm ausmachen. Das gibt es bei uns nicht.

Reichel: Wie eben bereits am Beispiel Andy Murray beschrieben: Wer bei uns ein Racket kauft, spielt das Racket der Profispieler. Das macht den Verkauf viel authentischer.

Was zeichnet ein Racket von Yonex neben der eigenen Entwicklung noch aus?

Neuhaus: Bei uns ist das Besondere die elliptische Form der Rackets. Da kommen sicherlich nicht alle Spieler mit klar. Wenige beschäftigen sich mit dem Material so intensiv, wie sie es vielleicht machen sollten. Und das ist falsch. Das Racket ist das wichtigste Arbeitswerkzeug eines Spielers. Dann folgen die Saite und die Schuhe. Alles andere ist austauschbar. Die Saite ist definitiv der Motor des Schlägers und macht für mich 50 Prozent der Performance aus.

Reichel: Tennisspieler geben einfach ungerne ihr Material her und machen selten Experimente. Daher ist es sehr schwer einen Spieler von einem Wechsel zu überzeugen. Mit finanziellen Mitteln geht alles, aber diesen Weg wollen wir nicht gehen. Der Wechsel bei Spielern, die ein Racket von Yonex getestet haben, passiert in sieben von zehn Fällen. Das ist eine sehr hohe Quote im Vergleich zu anderen Herstellern.

Kontrolle, Beschleunigung und Spin. Diese drei Schlagworte werden in Bezug zu Rackets oft verwendet. Auf welches dieser Elemente achtet ein Profi besonders oder gibt es da andere Aspekte?

Neuhaus: Das sind eindeutig die Komponenten. Aber auch die Plätze verändern sich, ebenso die Athletik. Da muss ein Spieler die Technologie anpassen. Du brauchst einen Schläger, der dir hilft den Ball zu kontrollieren. Ein Powerschläger und ein kurzer Schwung bedeuten, dass der Ball schneller raus geht. Du hast einfach mehr Support des Schlägers. Beim Spin hast Du mehr Grip auf dem Ball und der Ball hat mehr Rotation. Du brauchst einen Schläger, der dich schneller spielen lässt als dein Gegner laufen kann. Andy Murray spielt jetzt einen Schläger, der bei uns am schnellsten ist. Er hat genau danach gesucht, weil sein alter Schläger ihm dabei nicht mehr geholfen hat.

Worauf achtet der Hobbyspieler bei der Racketwahl besonders? Die Antwort darf nicht die Lackierung sein.

Neuhaus: Das wäre in der Tat meine erste Antwort gewesen. Aber natürlich schaut ein Hobbyspieler zunächst, welcher Profi spielt welchen Schläger. Daher ist Promotion eben am Ende so wichtig, um den Verkauf zu pushen. Das darf man keineswegs unterschätzen. Und genau deswegen gibt es die Rackets auch in unterschiedlichen Ausführungen im Gewicht.

Gibt es neben den Profispielern noch weitere Akteure, die als Werbeträger fungieren?

Neuhaus: Da sind die Trainer natürlich auch wichtig. Wenn neben Casper Ruud der eigene Coach im Club auch noch einen Schläger von Yonex in der Hand hat, dann muss der ja gut sein. Am Ende muss das Racket aber ausprobiert werden, das ist der alles entscheidende Faktor.

Was bietet Yonex interessierten Hobbyspielern an, um einen Schläger zu testen?

Neuhaus: Deutschlandweit gibt es aktuell 40 Testcenter, wo Interessierte kostenlos Rackets testen können. Dort gibt es Schläger von uns, die immer griffbereit zum Test zur Verfügung stehen. Das Personal vor Ort ist zudem entsprechend geschult.

Zurück zu den Profis.Nehmen wir mal Jurij Rodionov, der auf Yonex setzt, als Beispiel. Was bekommen Spieler zugesendet und was erwarten diese von einem Hersteller?

Neuhaus: Wir schicken den Spielern natürlich immer etwas zu, wenn sie etwas benötigen. Bei den Grand Slams sind wir, wie alle anderen Hersteller auch, direkt vor Ort. Wir sehen uns allgemein nicht als nur als Lieferanten, sondern auch als Berater und wollen den Spielern helfen. Das gilt nicht nur für Jurij. In der Regel sitzt bei den Grand Slams immer jemand von uns in den Boxen der Spieler. Insgesamt haben wir dafür acht Scouts in Europa, alles topausgebildete Coaches. Diese fungieren als Ansprechpartner und Bindeglied.

Gilt diese Zusammenarbeit in der Regel nur für die aktive Zeit als Profi?

Neuhaus: Nein. Für Yonex ist die langfristige Bindung zu den Gesichtern der Marke sehr wichtig. Mit Martina Hingis haben wir zum Beispiel bis heute eine Kooperation. Auch Stan Wawrinka gehört natürlich als noch aktiver Profi dazu. Wir lassen unsere Legenden definitiv nicht im Stich. Wir schätzen sehr, was sie für Yonex geleistet haben und da sind beide genannten Namen nur stellvertretend Beispiele für alle weiteren Gesichter, die unsere Marke weltweit vertreten.

Gibt es im Bereich Racket in der Entwicklung aktuell einen Schwerpunkt?

Reichel: Die Rackets werden definitiv immer leichter. Aktuell gibt es aber keinen bestimmten Schläger, an dem sich alle anderen orientieren. Wir sind momentan in der Fertigstellung unseres Innovations-Centers in der Nähe von Tokio. Dort sollen alle vier Grand-Slam-Untergründe gebaut werden, dazu noch weitere Indoor-Courts. Dort werden sämtliche Yonex-Entwickler zentral zusammengezogen. Wir werden dann dort gemeinsam mit Athleten das Material feintunen und so hoffentlich die Entwicklung vorantreiben. Jeder Spieler hat seinen Lieblingsuntergrund, aber kann man da in der Entwicklung was rausholen?

von Daniel Hofmann

Mittwoch
03.07.2024, 19:00 Uhr
zuletzt bearbeitet: 04.07.2024, 01:00 Uhr