Dominik Koepfer - „Mein Ziel sind die Top 50“
Mit seinem Einzug in die vierte Runde der US Open hat Dominik Koepfer 2019 aufhorchen lassen. Derzeit bereitet sich der 25-jährige Deutsche in Florida auf die kommenden Saison vor. Und plaudert im Interview mit tennisnet über seine College-Zeit, ein Finale gegen Dennis Novak und das Training in Florida.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
18.12.2019, 07:55 Uhr
tennisnet: Herr Koepfer. Nach dem Einzug in das Achtelfinale der US Open haben Sie noch in New York gesagt, dass dieses Turnier Ihr Leben verändern würde. Wie hat es sich denn verändert?
Dominik Koepfer: Ich habe viele neue Erfahrungen gemacht, schon bei den US Open. Ich hatte auf so einer großen Bühne noch nicht gespielt, für mich war es erst das zweite Grand-Slam-Turnier überhaupt im Hauptfeld. Ich haben mich zum ersten Mal für ein Major-Hauptfeld qualifiziert und bin durch das Erreichen der vierten Runde auch in die Top 100 eingedrungen. Dadurch kann ich jetzt größere Turniere spielen, komme bei einigen Events direkt in die Hauptfelder, vor allem bei den Grand Slams. Das war schon ein großer Traum, der in Erfüllung gegangen ist.
tennisnet: Welches Match bei den US Open ist aus Ihrer Sicht denn das beste gewesen?
Koepfer: Kämpferisch war das beste gegen Jaume Munar, da hatte ich mit den Nerven zu kämpfen, habe gegen Ende Krämpfe bekommen. Ich war zwei Sätze und Break vorne, danach bin ich nervös geworden. Tennismäßig war von Anfang bis Ende das Match gegen Nikoloz Basilashvili das beste. Da habe ich sehr solide gespielt, ihm kaum freie Punkte gegeben.
Verrückte Zuschauer beim Match gegen Medvedev
tennisnet: Von der nervlichen Belastung her könnte allerdings das Finale im Challenger von Ilkley gegen Dennis Novak noch eine Stufe über den Auftritten bei den US Open gestanden haben. Schließlich ging es da ja um einen Startplatz im Hauptfeld von Wimbledon.
Koepfer: Das Finale in Ilkley war auf jeden Fall um einiges schlimmer als die Matches, die ich bei den US Open gespielt habe. Es ging um meinen ersten Hauptfeld-Start bei einem Grand Slam, für den Dennis ging es um den Einzug in die Top 100. Das hat man auch am Ende gemerkt: Im Tiebreak war das Level des Tennis nicht so hoch, ich habe viele Fehler gemacht, dann irgendwie einen Matchball noch abgewehrt mit einem Slice nach außen- und dann den ersten Matchball gleich genutzt. Die Anspannung war schon sehr hoch. Aber diese Erfahrung hat mir auch für den Rest des Jahres geholfen, auch bei den US Open. Etwa gegen Reilly Opelka, wo ich das Match ausserviert habe und wo ich dann vielleicht nicht so nervös war.
tennisnet: Das Ambiente in Wimbledon und bei den US Open könnte kaum unterschiedlicher sein. Welches sagt Ihnen mehr zu?
Koepfer: Natürlich ist Wimbledon ganz besonders, weil es eben sehr traditionell ist. Aber die US Open gefallen mir persönlich ein bisschen besser, weil ich ja auch in den USA vier Jahre lang College gespielt habe. Da war auch immer etwas los. Und es hat riesigen Spaß gemacht, vor so einem großen Publikum zu spielen und angefeuert zu werden. Auch beim Match gegen Daniil Medvedev rauszulaufen, wo der dann ausgebuht wird. Ich habe mich schon daran gewöhnt, dass die Zuschauer rundherum ein wenig verrückt sind.
tennisnet: Kann man das mit Ihrer Zeit im College vergleichen?
Koepfer: Je nachdem, gegen wen man spielt. Da konnte es schon vorkommen, dass man sein Handtuch hinten am Zaun hingelegt hat. Und dann das Handtuch bespuckt wird. Das ist nicht toll, aber man gewöhnt sich dran. Nebenbei wird ein bisschen „gehecklet“, aber auch damit lernt man umzugehen. Und das hilft mir jetzt auch noch. Es sind halt viele College Kids, die da zuschauen. Und da kann es schon mal eskalieren.
tennisnet: Schaut man als Tennisspieler am College ein klein wenig neidisch auf die größeren Sportarten wie Basketball oder Football?
Koepfer: Wenn Du im Footballstadion vor 100.000 Leuten spielst, ist das natürlich schon extrem. Die Spieler werden gefeiert. Aber es ist wichtig für die Tennisteams, dass es Football und Basketball gibt. Weil alle anderen Sportarten von diesen beiden finanziert werden. Und dann wäre diese professionelle Umgebung, die man als Tennisspieler am College bekommt, nicht möglich. Zu Beginn war es aufregend, zu den Football-Spielen zu gehen, weil man es in Deutschland nicht gewohnt ist, dass für den Unisport so viel getan wird. Neid gibt es da keinen.
tennisnet: Ziehen Sie doch bitte einen Vergleich zwischen Ihrer Betreuung am College und Ihrer jetzigen Situation.
Koepfer: Am College steht alles zur Verfügung, man muss so gut wie nichts selbst organisieren. Man hat immer zwei Trainer da, einen Haupttrainer, einen Assistenten, Physio, Krafttrainer, eigentlich 24 Stunden am Stück. Auch bei Ärzten muss man sich nie um etwas kümmern, alles wird bezahlt. Und jetzt die ersten beiden Jahre auf der Tour waren nicht einfach. Ich habe Futures und Challengers gespielt, da sind die Kosten schon hoch. Da kann man fast nicht jede Woche mit einem Coach reisen.
Auch Zverev und Hurkacz trainieren in Florida
tennisnet: Nach den US Open ist es nicht mehr ganz so gut gelaufen. Warum?
Koepfer: Das war teilweise mental, teilweise aber auch körperlich bedingt. Nach den US Open war ich ein wenig krank. Und mental ist es nicht so einfach, von einem so großen Erfolg wieder runterzukommen. Also hab ich mich entschieden, nach Shanghai meine Saison zu beenden. Um zu trainieren und zum Davis Cup zu reisen.
tennisnet: Im Davis Cup sind Sie nicht zum Einsatz gekommen, Philipp Kohlschreiber hat die Einzel als Nummer zwei bestritten. Eine Enttäuschung für Sie?
Koepfer: Klar hätte ich gerne gespielt, aber ich habe mir schon davor gedacht, dass Michael Kohlmann zunächst Philipp spielen lassen wird. Weil Kohli ja schon, keine Ahnung, 30 Spiele für Deutschland bestritten hat. Und dann hat er ja auch gut gespielt, zwei Partien gewonnen.Dann war es natürlich schwer für mich, in die Line-Up zu kommen. Aber es war auf keinen Fall eine Enttäuschung für mich, weil ich hatte ja damit gerechnet.
tennisnet: Wie hat Ihnen die Stimmung gefallen?
Koepfer: Ich hatte jetzt keinen persönlichen Vergleich, weil ich beim Davis Cup davor noch nie live dabei war, aber die Stimmung war gegen Argentinien ganz ordentlich. Aber man merkt natürlich, dass kaum Zuschauer aus anderen Ländern in Spanien zum Tennis kommen. Die Organisation des Turniers war super, für die Spieler war alles perfekt. Nur die Atmosphäre für die anderen Teams außer Spanien war nicht so toll.
tennisnet: Lassen Sie uns auf die Gegenwart schauen. Wo trainieren Sie gerade und mit wem?
Koepfer: Zur Zeit bin ich in Tampa, wie die letzten drei Jahre auch schon. Ich trainiere teilweise in Saddlebrook, dann bei IMG. Es sind einige Leute hier: Sascha Zverev, Hubert Hurkacz, Peter Polansky. Teilweise benutze ich auch die USTA-Anlage in Orlando, um Matches zu spielen. Ich trainiere mit meinen Coaches Rhyne Williams und Billy Heiser.
tennisnet: Wie muss man sich das vorstellen - ruft Sascha morgens bei Ihnen an und sagt: lass uns eine Stunde trainieren?
Koepfer: Wenn Sascha anfängt, dann Punkte zu spielen, wird man vielleicht schon einmal gefragt. Aber ich trainiere sehr häufig mit Hubert Hurkacz, der seinen Coach hier in Tampa hat. Es ergibt sich eigentlich immer etwas.
tennisnet: Welche konkreten Ziele haben Sie sich für 2020 gesetzt?
Koepfer: Die Ziele sind natürlich nach oben geschraubt worden. Mein Ziel ist es, in die Top 50 zu kommen. Und bei allen Grand Slams dabei zu sein. Anfang des Jahres habe ich nicht viele Punkte zu verteidigen, also erhoffe ich mir in den ersten Monaten, dass es weiter nach oben geht, dass ich teilweise auch direkt in die ATP-Turniere reinkomme.