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Federer-Film: Der Maestro schafft es doch noch

Unser Autor war bezüglich der Dokumentation über das Karriere-Ende von Roger Federer auf Amazon Prime Video äußerst skeptisch. Jetzt hat er den Film gesehen und muss seine Vorurteile gegenüber dem Werk revidieren – allerdings mit kleinen Schönheitsfehlern.

von Daniel Müksch
zuletzt bearbeitet: 28.06.2024, 22:13 Uhr

Noch immer gleicht es einer Majestäts-Beleidigung, wenn man Roger Federer kritisiert. Als vor wenigen Wochen der Trailer zur Dokumentation über die letzten Karriere-Tage des Maestros erschien, konnte ich es nicht lassen und musste meinen Eindruck via Social Media kundtun. Mir war der Trailer zu künstlich, ohne echte Emotionen. 

Der heimlich Star des Films: Mirka

Das Feedback zu meinem Post war nicht gerade positiv. Aus und über die Tennis-Bubble hinaus erntete ich Zorn. Der allgemeine Tenor: Die Lust am Nörgeln der Journalisten hat da wohl über die Objektivität gesiegt. Noch immer scheint mir der Trailer zu der Dokumentation nicht sehr glücklich. Das ist und war für mich keine Glanzleistung. Seit gut einer Woche kann man nun den ganzen Film ("12 letzte Tage") auf Amazon Prime Video sehen – und im Gegensatz zu dem Trailer bekommt mich der Film. 

Besonders die erste halbe Stunde ist ein beeindruckendes Stück moderner Sportgeschichte. Wie Federer gemeinsam mit seinem Team, die Bekanntgabe seines Karriere-Endes vorbereitet und schließlich via Social Media verkündet, ist großes Kino. Ein Musterbeispiel für moderne Kommunikation. Aber nicht nur aus professioneller Sicht lohnt es sich. So nah wie selten kommt man der Familie Federer. Allein schon, dass man Federer mit seinen Kindern beobachten kann, macht großen Spaß. Man spürt wie emotional der auf dem Platz oft so kühl wirkende Schweizer als Ehemann und Vater ist. Auch das innige Verhältnis zu seinen Eltern berührt. Der heimlich Star ist dabei allerdings seine Frau Mirka. Man erhält einen Eindruck, welch wichtige Rolle Mirka in der Karriere ihres Mannes eingenommen hat. Ein emotionaler Anker von unschätzbarem Wert.

Ebenso erhält der Zuschauer mehr Verständnis für die Freundschaft zwischen Roger Federer und Rafael Nadal. Gerade im zweiten Teil der Doku wird ihre besondere Beziehung beleuchtet und mündet im letzten Match Federers an der Seite Nadals im Doppel gegen Jack Sock und Frances Tiafoe, welches die beiden ja nicht gewinnen konnten. 

Unnötige Promo für Uhr und Laver Cup

Und trotzdem gibt es auch ein paar kleine Meckereien. Die Penetranz, mit der Federer die Luxus-Uhr seines Sponsors fast in jeder Szene trägt, nervt. Erst recht, wenn vor Beginn des Films ein großer Werbespot des Schweizer Uhrenherstellers läuft. Und auch nach der Doku erachte ich es als falsch, dass Federer sein letztes Match beim Laver Cup bestritten hat. Ein Event, das Federer und sein Manager Tony Godsick ins Leben gerufen haben und das über die gemeinsame Managementfirma von Godsick und Federer ausgerichtet wird. Daher wirkt vieles leider wie der verzweifelte Versuch, dem Laver Cup emotionale Bedeutung durch die Aura Federers einzuimpfen. Wimbledon wäre da ein passenderer Ort für seinen Rücktritt gewesen. 

Doch abseits dieser Meckereien bleibt der “12 letzte Tage” ein großes Vergnügen, mit dem man nach dem Trailer nicht rechnen konnte. 

Und überraschendes Vergnügen ist ja nicht das schlechteste. 

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von Daniel Müksch

Freitag
28.06.2024, 16:20 Uhr
zuletzt bearbeitet: 28.06.2024, 22:13 Uhr

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