Der World Team Cup ist Geschichte
Die Verantwortlichen können die Lücke im Etat in Höhe von 1,3 Millionen Euro nicht schließen und geben nach 32 Jahren die Lizenz an die ATP zurück.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
13.12.2010, 14:31 Uhr

Von Matthias A. Schmid
Auf der Homepage des World Team Cup kündigt noch keine Meldung die traurige Mitteilung an. Nirgendwo steht geschrieben, dass die 33. Auflage der Mannschaftsweltmeisterschaft in diesem Jahr gleichzeitig auch die letzte gewesen ist. Im Gegenteil: vielmehr ist noch von Gutscheinen die Rede, die man sich unbedingt für den 34. World Team Cup sichern sollte. Doch diesen wird es nicht mehr geben. Zumindest nicht in den nächsten Jahren. “Wir konnten das finanzielle Risiko nicht tragen, die Lücke im Etat ist einfach zu groß”, benötigte der Turnierdirektor Dietloff von Arnim am Montag nur einen Satz, um das Aus des mit 1,35 Millionen Euro höchst dotierten deutschen Tennisturniers zu verkünden.
Arag hat sich nach elf Jahren als Hauptsponsor zurückgezogen
Vor zwei Wochen hatte sich der langjährige Chef des World Team Cup an die Öffentlichkeit gewandt, um einen letzten Hilferuf zu starten. “Wenn wir in den nächsten 14 Tagen keinen neuen Titelsponsor finden”, hatte von Arnim kundgetan, “dann wird 2011 kein Turnier mehr in Düsseldorf stattfinden.”
Aus der Drohung ist am Montag nun Gewissheit geworden. Eine Lücke von rund 1,3 Millionen Euro hat der Abgang des Rechtsschutzkonzerns Arag im knapp 4,5 Millionen Euro umfassenden Budget nach elf Jahren der Zusammenarbeit hinterlassen, die auch durch die Neuzugänge Corona und Fedex nicht kompensiert werden konnte. Als letztes Mittel hatte von Arnim neben dem öffentlichen Hilferuf auch noch eine externe Agentur beauftragt, um einen neuen Namensgeber zu finden. Doch auch das Hamburger Unternehmen konnte das Aus nach 32 Jahren nicht mehr verhindern.
Turnierdirektor Dietloff von Arnim: “Das Risiko war zu groß”
Auf ein “Himmelfahrtskommando”, wie der Chef Dietloff von Arnim ein Turnier ohne Hauptsponsor nannte, wollte er sich nicht einlassen. Und das Turnier unter Wert zu verkaufen kam für ihn erst recht nicht infrage, nachdem eine Kölner Vermarktungsagentur das finanzielle Renommee auf knapp zwei Millionen Euro beziffert hatte. Die Lizenz zwischen der Spielerorganisation ATP, die das Turnier gerne weiter in Düssseldorf gesehen hätte, und der Rochusclub Turnier GmbH währte noch bis zum Jahr 2012. Doch nun fällt die Lizenz schon ein Jahr früher an die ATP zurück. “Das Risiko war einfach zu groß für uns”, musste von Arnim nüchtern feststellen. Denn auf die Unterstützung der Stadt Düsseldorf konnte er sich ebenso wenig verlassen wie auf das Entgegenkommen der Wirtschaft. In Düsseldorf, so heißt es, erregt nur noch Thema in gesellschaftlicher Hinsicht die Gemüter und die Sponsoren: den Eurovision Song Context. “Da geht alles andere unter”, sagt ein Insider.
Tennisdeutschland verliert somit eine weitere traditionsreiche Veranstaltung im Kalender nach den German Open in Berlin 2008. “Das ist für das deutsche Tennis ein herber Verlust”, sagt von Armin gegenüber “tennisnet.com”. Tennisturniere der mittleren und untersten ATP-Kategorie gehen jetzt nur noch in München, Stuttgart, Halle und Hamburg über die Bühne.
Früher ständig ausverkauft
1978 hatte Horst Klosterkemper den World Team Cup auf dem Düsseldorfer Grafenberg ins Leben gerufen, rasant wuchs die Veranstaltung in der familiären Atmosphäre des Rochusclubs in ungeahnte Höhen. Von den Spielern hochgeschätzt, entwickelte sich zunächst der Nations Cup, später dann der World Team Cup zu einem Turnier, wie es sich die Veranstalter nicht einmal in ihren kühnsten Träumen zu wünschen gewagt hätten. Tageskarten gab es aufgrund der regen Nachfrage überhaupt nicht zu kaufen und derjenige, der Tickets für die darauffolgende Veranstaltung haben wollte, der musste das schon während des laufenden Turniers tun. Sonst hätte er keine Chance gehabt. Auch das Fernsehen war ständig dabei. Sogar die öffentlich-rechtlichen Sender, die sich vom Profitennis längt verabschiedet hatten, wollten auch 2011 wieder in Düsseldorf live übertragen.
Nur die ganz großen Heroen wie Federer und Nadal zeigten in den zurückliegenden Jahren kein Interesse mehr an dem Wettbewerb, für den es auch Weltranglistenpunkte zu gewinnen gibt, nachdem früher am Rolander Weg Björn Borg, Jimmy Connors, Ivan Lendl, John McEnroe, Pete Sampras, Andre Agassi, Jim Courier, Yannick Noah, Patrick Rafter, Lleyton Hewitt zu bewundern gewesen waren. Natürlich durften auch Boris Becker und Michael Stich in der Blütezeit des deutschen Tennis nicht in Düsseldorf fehlen, die viermal den World Team Cup nach Deutschland holten.
Ausverkauft war die Veranstaltung deshalb in den vergangenen Jahren nicht mehr. Und auch für 2011 hätte es in allen Kategorien noch Karten gegeben. Sogar mit Rabatten. Früher wäre so etwas undenkbar gewesen.(Foto: privat)