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French Open 2020: Daniel Altmaier - erstmals ein richtig starkes Stück des Jungen vom Niederrhein

Daniel Altmaier sorgt bei den French Open 2020 für Furore. Der "Junge vom Niederrhein" steht in Paris in der dritten Runde.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 01.10.2020, 23:22 Uhr

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Daniel Altmaier bei den French Open in Paris
© GEPA
Daniel Altmaier steht in Paris in der dritten Runde

Aus der Not des Corona-Stillstandes hatte Daniel Altmaier im Frühjahr und Sommer eine Tugend gemacht. Tag für Tag war er stundenlang auf den Trainingsplätzen herumgeflitzt oder hatte im Fitnessraum die Gewichte gestemmt. Als er vor anderthalb Wochen nach Paris kam, zur Qualifikation für die French Open, atmete er nach dem Mammutprogramm insgeheim auf: „Das Turnier wirkte auf mich erst mal wie eine Erholung nach der ganzen Maloche.“ Seine Gegner bekamen Altmeisters Topverfassung seitdem wieder und wieder zu spüren, sein gutes Selbstgefühl, seine psychische und physische Robustheit, seine zupackende Attitüde immer dann, wenn es ernst wurde im roten Sand. 

Am Donnerstag krönte er seinen bisherigen Siegeslauf nun mit dem souveränen, fast makellosen 6:3, 7:6 (4), 6:3-Zweitrundentriumph über den favorisierten Landsmann Jan-Lennard Struff. „Ich habe lange auf diesen Moment warten müssen. Jetzt ist er da – und ich bin sehr glücklich“, sagte Altmaier, erstmals ein richtig starkes Stück Tennis-Deutschland. In der dritten Runde trifft Altmaier am Samstag auf den italienischen Weltranglisten-Achten Matteo Berrettini.

Altmaier kann die Generationen-Lücke schließen

Alles ist eigentlich noch sehr neu, sehr ungewohnt für den jungen, 22-jährigen Mann vom Niederrhein, aus Kempen. Aber wie ein grüner Debütant wirkt der kernige Athlet keineswegs bei seinem ersten Gastspiel auf einer der vier Grand Slam-Bühnen, beim ersten Turnier seines Lebens, bei dem er potenziell auch einmal fünf Sätze spielen müsste. In diese Verlegenheit allerdings ist der entschlossene, energische Youngster in Paris noch nicht gekommen, nur in der dritten und letzten Qualifikationsrunde (Best-of-Three) gab er gegen den Belgier Ruben Bemelmans einen Durchgang ab. Ansonsten gewann er alle zwölf Sätze, schaltete in der ersten Runde im Hauptfeld immerhin auch den stets unberechenbaren, gefährlichen Routinier Feliciano Lopez (Spanien) glatt aus. 

Genau wie Lopez pfefferte auch Struff am Donnerstag verärgert seinen Schläger auf Platz 13 umher – frustriert über seinen sportlichen Missstand gegen den überlegenen Altmaier. Nur einmal, zu Anfang und Mitte des zweiten Satzes, durfte sich Struff nach einer Breakführung leichte Chancen gegen den Qualifikanten ausrechnen – doch der beendete mit einer wunderbaren Longline-Rückhand zum 7:4-Gewinn des Tiebreaks die Hoffnungen des hochgewachsenen Sauerländers auf ein Comeback. „Tolle Leistung, mein Respekt. Das war ein absolut verdienter Erfolg“, stellte da aus der Ferne auch Herrentennis-Chef Boris Becker fest. Kein Zweifel: Altmaier hat mittel- bis langfristig auch das Zeug, neben Alexander Zverev und Dominik Koepfer die Generationen-Lücke im Davis Cup-Team zu schließen.

Altmaiers Reise ist noch nicht vorbei

Bei den Offenen Französischen Meisterschaften hatte man den Niederrheiner allerdings noch nicht so weit vorne erwartet, jetzt immerhin schon in der Runde der letzten 32 bei seinem Grand Slam-Erstlingswerk. Doch während etablierte Kräfte wie Kohlschreiber oder Koepfer bereits scheiterten, andere deutsche Akteure erst gar nicht die Qualfikationsmühen überstanden, legte Altmaier geradezu unwiderstehlich los unterm Eiffelturm. Und das hatte eben auch und vor allem mit seiner körperlichen Konstitution zu tun, mit dem beschwerdefreien Wirken nach all den Verletzungen, die ihn über die Jahre immer mal wieder weit zurückgeworfen hatten. „Ich bin hier so fit wie nie. Ich fühle mich gesund und frisch“, sagte Altmaier. 

Er wirkte stets drahtig, agil, unternehmungslustig bei diesem ungewohnten Grand Slam-Abenteuer, er schien nie das Gefühl zu haben, etwas verlieren zu können – und verlor bisher auch nie. Gleichzeitig strahlte Altmaier auch eine innere Ruhe aus, eine Ausgeglichenheit, die ihn jegliche Prüfung in den Matches überstehen ließ. „Ich wusste, dass was drin ist für mich“, sagte Altmaier vor seinen ersten Hauptfeld-Matches ungerührt, er witterte seine Chance, ohne deshalb respektlos vor der höher gehandelten Konkurrenz zu wirken. Neues Terrain hat er in vielerlei Hinsicht betreten, erstes Grand Slam-Hauptfeld erreicht, nun gleich der Vormarsch in Runde drei. Und wenn Altmaier in anderthalb Wochen auf die Weltrangliste blickt, wird er sich zum ersten Mal in seiner Karriere unter den Top 150 wiederfinden. Mindestens – denn noch sind seine French Open nicht vorüber.

Hier das Einzel-Tableau in Paris

von Jörg Allmeroth

Freitag
02.10.2020, 09:55 Uhr
zuletzt bearbeitet: 01.10.2020, 23:22 Uhr