Modellathleten ohne Ersatzvater
Die größten französischen Hoffnungen, Gael Monfils und Jo-Wilfried Tsonga, steigen erst am Dienstag in die French Open 2017 ein. Lucas Pouille steht bereits in Runde zwei.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
29.05.2017, 14:08 Uhr
Von Jens Huiber aus Paris
Am Ende ist es dann doch noch einmal richtig dramatisch geworden an diesem Sonntagabend auf dem Court Philippe Chatrier, nicht nur aus sportlicher Sicht. Julien Benneteau und Lucas Pouille hatten sich über fünf Sätze und mehr als drei Stunden nichts geschenkt, unter Bedingungen, die schließlich auch einem Zuschauer zu viel wurden: der Schwüle Tribut gezollt, zusammengeklappt, erfolgreich medizinisch erstversorgt. Auch Benneteau rief in der Endphase kurz den Physio auf den Platz, der Routinier brachte das Match zu Ende, allerdings mit für ihn negativem Ausgang.
Lucas Pouille ist im Moment drittbester Franzose in der ATP-Reihung, wird dort als Nummer 17 geführt. Mit Pouille verbindet die französischen Zuschauer eine warme Beziehung, noch keine leidenschaftliche wie jene, die den alten Recken Gael Monfils und Jo-Wilfried Tsonga zuteil wird. Von denen man bis dato noch gar nichts in Roland Garros gesehen hat, verständlich zumindest im Fall von Tsonga, der hat erst am Samstag das Turnier in Lyon für sich entschieden. Athletisch stehen Monfils und Tsonga mit Pouille auf einer Stufe, in puncto Spielwitz genießen die älteren Herren sogar noch einen Vorsprung.
Fokus auf die Damen
Für Lucas Pouille sind die letzten Wochen wechselhaft verlaufen, Halbfinale in Monte Carlo gefolgt vom Turniersieg in Budapest, dann allerdings zwei Auftakt-Niederlage in Madrid (gegen Landsmann Pierre-Hugues Herbert) und Rom (gegen Sam Querrey). Der 23-Jährige macht einen äußerst athletischen Eindruck, gegen Benneteau, der mit Stoppbällen nicht gegeizt hat, hat dies den entscheidenden Unterschied gemacht. Nun wartet Tomaz Bellucci, eine knifflige Aufgabe.
Das Hauptaugenmerk der Franzosen richtet sich indes auf die Damen, namentlich auf Kristina Mladenovic. Finali in Madrid, Stuttgart und Acapulco, dazu der erste Titel auf der Tour in St. Petersburg, das ergibt Platz sieben im "Race to Singapore". Im vergangenen Jahr hat Mladenovic auf dem Chatrier Serena Williams gequält, ein Treffen zwischen zwei Damen, die ihr Spiel bedingungslos offensiv anlegen. Die Fans haben gelitten, Mladenovic hat am Ende gelitten, das könnte 2017 anders werden in einem Damenfeld, das keine Vorhersagen zulässt. Zum Auftakt wartet jedenfalls Jennifer Brady aus den USA.
Kein Ersatzvater mehr
Wer nicht mehr auf seine französischen Spieler wartet: Jean Gachassin. Der ehemalige Präsident des Französischen Tennisverbandes ist in einen Skandal verstrickt, die herzlichen Umarmungen direkt von der Ehrentribüne müssen künftig ausfallen. Gael Monfils hat zuletzt in München noch einmal das besondere Verhältnis der Franzosen zu ihrem Ex-Präsidenten beschrieben, die Rede war vom sprichwörtlichen Ersatzvater. Die Aussichten, es auch ohne dessen Hilfe in Runde zwei zu schaffen, stehen bestens, auch wenn Jo-Wilfried Tsonga zuletzt der Familie mehr Platz eingeräumt hat, Gael Monfils sich mit Verletzungen herumplagt. Sein Match gegen Dustin Brown verspricht Kurzweil, jenes von Tsonga gegen Renzo Olivo einen anstrengenden Arbeitstag. Lucas Pouille ist den beiden Veteranen schon einen Schritt voraus.
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