Hazem Naw: „Menschen aus Syrien supporten mich“

Hazem Naw steht nach einem großen Schritt in der Weltrangliste in den letzten zwölf Monaten im neuen Jahr vor neuen Herausforderungen. Der Tennisprofi aus Syrien erlangte durch seine Erfolge nicht nur in seinem Heimatland eine größere Bekanntheit.

von Daniel Hofmann
zuletzt bearbeitet: 16.01.2025, 14:42 Uhr

Hazem Naw konnte im Jahr 2024 besondere Meilensteine in seiner Tenniskarriere feiern.
© Curls en Vogue
Hazem Naw konnte im Jahr 2024 besondere Meilensteine in seiner Tenniskarriere feiern.

Im Jahr 2024 setzte Hazem Naw sein Heimatland Syrien auf die internationale Karte des Tennissports. Bei den Koblenz Open gewann der in Köln lebende Tennisprofi als erster Spieler seines Landes ein Match im Hauptfeld der ATP Challenger Tour und zog anschließend in das Halbfinale des Turniers ein. Der 25-Jährige kletterte mit weiteren guten Ergebnissen unter die Top300 in der Weltrangliste und feierte als der beste Spieler seines Landes im vergangenen Herbst den Aufstieg des syrischen Davis-Cup-Teams in die Weltgruppe II.

Im exklusiven Interview mit tennisnet.com spricht der beste Tennisspieler seines Landes über die nächsten Ziele, die Wichtigkeit der mentalen Stärke und den Stellenwert seines Sports in seinem Heimatland.

Hazem, Du hast im letzten Jahr einen großen Sprung in der Weltrangliste gemacht. Bist Du mit dem Ergebnis am Ende des Jahres zufrieden?

Ich bin mit der letzten Saison sehr happy und habe meine Ziele erreicht. Aber natürlich muss jetzt der nächste Schritt kommen.

Wäre aus Deiner Sicht sogar mehr drin gewesen?

Auf jeden Fall, doch leider habe ich von April bis Juli verletzungsbedingt nicht spielen können. Das gehört dazu, aber daraus habe ich auch gelernt. Ich probiere in diesem Jahr etwas vorsichtiger zu sein und nicht mehr so viele Wochen am Stück zu spielen. In der letzten Saison habe ich eindeutig zu viele Wochen gespielt.

Durch Deine guten Ergebnisse auf der Challenger Tour hast Du nun ein Punktepolster. Schon Ende Januar gibt es beim Challenger in Koblenz ein Halbfinale zu verteidigen. Ist das eine neue Drucksituation?

Ich habe im Jahr 2024 gute Ergebnisse erreicht. Das kann mir erstmal keiner nehmen. Für mich ist es wichtig zu wissen, dass meine gesamte Leistung in Sachen Performance und Mentalität auf dem Platz mittlerweile besser ist. Das ist unabhängig davon, wie viele Punkte ich in der jeweiligen Woche zu verteidigen habe. Ich gebe immer 100 Prozent und was kommt, das kommt. Das ist meine Herangehensweise. Und damit fahre ich sehr gut.

Im vergangenen Jahr hat Dich Dein Bruder Amer zu vielen Turnieren begleitet. Hat sich an Deinem Team etwas nach dem Erfolgsjahr verändert?

Mein Bruder war ab dem Sommer als Coach dabei. Das ist auch der Plan für das anstehende Jahr. Das wird bestimmt nicht immer funktionieren, da er als Coach auch andere Verpflichtungen hat. Wenn das der Fall ist, dann begleitet mich auch mal mein Mentalcoach Nico Classen oder ich reise mit Freunden. Ich bin noch nicht in der Lage, dass ich dauerhaft jemanden als Tourcoach mitnehmen kann. Das ist hoffentlich bald der Fall.

Wie viel Zeit investierst Du im Training für den mentalen Bereich?

Das mache ich schon sehr regelmäßig. Ich habe festgestellt, dass mir das wirklich sehr hilft auf dem Platz.

Was sind dort die Schwerpunkte?

Das sind verschiedene Themen, die wir angehen. Wie kann man sich in einer bestimmten Situation im Match verhalten? Wie kann ich mit meiner Energie in einem Match haushalten? Aber auch, wie ich mit äußeren Umständen, zum Beispiel dem Publikum, umgehe oder wie man schnell verlorene Punkte für sich selbst abhakt.

Gibt es spielerisch etwas, woran du in der Vorbereitung besonders gearbeitet hast?

Ich arbeite viel an meinem Aufschlag. Wir versuchen mehr Geschwindigkeit und Präzision zu generieren. Auch im Volleybereich muss ich viel arbeiten.

Mit den Erfolgen hast Du für Syrien Historisches geschafft. Wie ist der Stellenwert von Tennis in Syrien?

Das ist ganz anders als in Deutschland. In Deutschland gibt es national eine Rangliste, sowas gibt es in Syrien gar nicht. Dafür ist die Leistungsdichte auch gar nicht vorhanden. Natürlich generiert es Aufmerksamkeit, wenn wir gegen Paraguay gewinnen und die Medien würden darüber auch berichten. Aber Fußball und Basketball sind in Syrien die großen Sportarten.

Hat sich das durch Deine persönlichen Erfolge und den Aufstieg des syrischen Davis-Cup- Teams in die Weltgruppe II verändert?

Es gibt seit meinen Erfolgen auf der Challenger Tour mehr Leute, die sich für Tennis interessieren. Ich bekomme auch mit, dass mehr Menschen in Syrien meine Ergebnisse verfolgen und sich bei mir über die sozialen Netzwerke melden und mich supporten. Das freut mich sehr und zeigt, dass das Interesse definitiv steigt.

Du hast Anfang Februar die Terminkollision mit der Davis-Cup-Partie in Paraguay und dem Tourbetrieb. Wie wird die Terminsituation diskutiert?

Natürlich ist das für Syrien nach dem Aufstieg ein sehr wichtiges Duell. Ich habe mich gewundert, dass der Temin auf Anfang Februar nach vorne geschoben worden ist. Das ist für uns eine unglückliche Auslosung. Wir spielen auf Asche in Paraguay. Zu der langen Reise kommt auch noch die Umstellung auf den Untergrund hinzu, da wir aktuell in Europa auf Hartplatz spielen. Auch die Begebenheiten vor Ort sind dann eine große Herausforderung. 

Schauen wir nochmal weiter nach vorne. Gibt es für das Jahr eine konkrete Zielsetzung?

Mein Ziel ist die Teilnahme bei den Qualifikationswettbewerben für die Grand Slams. Natürlich soll es danach noch weiter im Ranking nach oben gehen, jeder träumt von den Hauptfeldern bei den großen Turnieren.

von Daniel Hofmann

Freitag
17.01.2025, 17:45 Uhr
zuletzt bearbeitet: 16.01.2025, 14:42 Uhr