Kurz-Comeback von Marc-Kevin Goellner – „Ich bin eine Wette eingegangen“
Marc-Kevin Goellner spricht im Gespräch mit tennisnet.com über sein Kurz-Comeback und verrät, ob dies eine einmalige Sache gewesen ist.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
06.10.2015, 14:59 Uhr
Von Christian Albrecht Barschel
Ein erfolgreiches Kurz-Comeback mit 45 Jahren: Marc-Kevin Goellner hat in den letzten Tagen für Schlagzeilen gesorgt, als er beim ITF-Hartplatzturnier in Antalya mit drei Siegen in der Qualifikation das Hauptfeld erreichte. Doch wie kam es überhaupt zur Rückkehr auf den Platz? In Gespräch mit tennisnet.com gibt der Davis-Cup-Sieger von 1993, der seine beste Ranglisten-Position mit Platz 26 hatte, Auskunft. "Zustande gekommen ist es so, dass ich einen Spieler betreut habe. Ich bin eine Wette eingegangen, dass ich innerhalb von drei Monaten zehn Kilo abnehme. Ich habe es um zwei Kilo nicht geschafft, habe mir dann aber gedacht, dass ich neben meinem Schützling auch teilnehmen kann", erklärte Goellner.
Aus Jux wurde Ernst. Goellner, der wie früher beim Spielen seine Baseball-Mütze nach hinten richtet, packte schließlich der Ehrgeiz. "Ich dachte mir, dass ich ein Match mache und die Jungen mich weghauen. So war es aber nicht. Mein erster Gegner in Antalya ( Anmerkung: der 19-jährige Schwede Axel Holm ) hat sich ein klein wenig geärgert, sodass mein Ehrgeiz geweckt wurde. Dann hatte ich auch Riesenspaß beim Spielen. Es war sauanstrengend. Ich habe die Matches nicht über die Kondition gewonnen, sondern mental. Die mentale Stärke dagegenzuhalten, fehlt den meisten Jugendlichen, denn konditionell und kräftemäßig sind sie alle überlegen." Es blieb nicht nur bei dem einen Sieg. Goellner legte zwei weitere Siege nach und war dann aber in der ersten Hauptfeld-Runde chancenlos.
Angriffstennis bringt den Erfolg
"Mein erster Gegner hat quasi den anderen Spielern Angst gemacht, dass ich noch gut aufschlagen kann. Ich muss auch sagen, dass ich besonders gut serviert habe. Zudem spiele ich ein bisschen schlauer als die Jungs und habe den Slice und Angriffstennis immer wieder eingesetzt, was die Spieler von heute nicht mehr so gewohnt sind. Zwar kontern alle sehr gut, aber meist nur aus den Ecken. Ich habe oft über die Mitte angegriffen, um den Winkel zu verkürzen. Das ist mir recht gut gelungen." Nach den Erfolgen hatte Goellner Blut geleckt und ging auch beim nächsten ITF-Turnier in Antalya in der Qualifikation an den Start. Nach seinem ersten Sieg konnte er jedoch zum Quali-Finale nicht antreten. "Das war ein nettes Spiel in der ersten Runde. Aber das musste ich auch gewinnen, weil mein Gegner erst 16 war. Dabei habe ich mich aber ein bisschen am Oberschenkel gezerrt."
Um wieder ins ATP-Einzelranking einzusteigen, wo er zuletzt im Juli 2006 geführt wurde, hätte der Kölner bei den Future-Turnieren einen Sieg im Hauptfeld erringen müssen. Dass dies in Zukunft noch ein Ziel sein könnte, will Goellner nicht ausschließen. "Es wäre schon witzig, wenn ich mit 45 Jahren einer der ältesten Spieler in der Rangliste wäre. Ich habe aber gesehen, dass es Leute aus meinem Jahrgang gibt, die noch Doppel spielen. So eine tolle Leistung wäre das nun mal gar nicht. Es hat auf jeden Fall Riesenspaß gemacht. Wenn ich hier und da die Gelegenheit bekomme, dann werde ich bestimmt noch mal spielen."
Zverev, Molleker und Kuhn - die Zukunft des deutschen Herrentennis
Goellner ist nach Ende seiner Profikarriere dem Tennissport eng verbunden geblieben und betreibt in Köln eine Tennisakademie, die seinen Namen trägt. Der 45-Jährige ist also immer noch nah dran und beobachtet vor allem den deutschen Nachwuchs intensiv. "Im deutschen Herrentennis haben wir auf jeden Fall viel Nachholbedarf. Alexander Zverev sollte der nächste Top-Ten-Spieler aus Deutschland werden." Aber auch der 14-jährige Rudi Molleker und der 15-jährige Nicola Kuhn , der beim Junior Davis Cup als wertvollster Spieler ausgezeichnet wurde, haben es Goellner angetan. "Die beiden sind auf einem absolut grandiosen Weg. Beide trainieren fleißig. Den Weg von Rudi Molleker verfolge ich schon länger. Nicola Kuhn trainiert ausschließlich in Spanien. Wie ich höre, trainiert er nur mit älteren Spielern. Beide werden auf jeden Fall ihren Weg gehen, sofern sie verletzungsfrei bleiben."
Goellner spielte insgesamt zwölfmal für das deutsche Davis-Cup-Team und war beim letzten deutschen Titelgewinn im Jahr 1993 neben Michael Stich der zweite Einzelspieler. Auf dem Weg ins Finale besiegte er unter anderen Petr Korda und Stefan Edberg . Unvergessen ist auch, als er in der Davis-Cup-Hölle von Unterpremstätten im entscheidenden Einzel den Österreicher Horst Skoff schlug . Dass es ab 2016 im Davis Cup keine denkwürdigen Fünfsatz-Matches, die über 6:6 hinausgehen werden , mehr geben wird, missfällt Goellner. "Das ist scheiße. Das ist so, als ob es zum Mittagessen kein Drei-Gänge-Menü mehr gibt, sondern nur Snacks. Dieser mentale Kampf, im fünften Satz zu spielen, ist immer brutal. Das nimmt nun etwas die Schärfe und vor allem auch die Tradition. Ich verstehe es, dass wegen Fernsehübertragungen alles kürzer und schneller werden muss, aber letztendlich finde ich die Entwicklung nicht so toll."