WTV-Referent Alex Zetner im Interview

Das sei vom ÖTV vor der vorübergehenden Zusammenlegung mit der Rangliste nicht rechtzeitig erkannt worden, sagt Alex Zetner.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 19.03.2014, 16:01 Uhr

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(Auf dem Foto links: Nico Mucic; rechts: Alexander Zetner)

Mit Jahresbeginn hatte der Österreichische Tennisverband die ÖTV-Rangliste kurzerhand mit dem ITN-Rating-System zusammengelegt. Bereits am 8. Jänner ruderte man zurück und nahm die geplante Neuerung nach gewaltiger Aufregung in der rot-weiß-roten Tennisszene offiziell zurück. Und wird sie auch nicht mehr einführen, was spätestens seit einem Experten-Meeting am 1. März in Salzburg klar scheint. Wir haben einen Fachmann dazu befragt, der bei dieser Gesprächsrunde dabei war: Alex Zetner, WTV-Breitensportreferent. Der 31-jährige Wiener erklärt im Interview mit tennisnet.com, warum ITN einfach nicht Ranglisten-kompatibel sei, wie der äußerst fehlerhafte Erstversuch einer Zusammenlegung überhaupt passieren habe können und wo jetzt noch überall der Hebel anzusetzen sei. Zudem spricht Zetner über sein umfangreiches Engagement im Wiener Tennis, das wahrlich seinesgleichen sucht.

Alex, du hast am 1. März in Salzburg an der Expertenrunde zum ITN teilgenommen. Wie glücklich bist du und wie glücklich ist der WTV mit dem Ausgang des Meetings?

Sehr glücklich. Weil es schon länger unser Anliegen war, dass wir in Österreich weiterhin ein duales System haben, also ÖTV-Punkterangliste und ITN-Rating-System.

Die Entscheidung dazu scheint nun endgültig gefallen zu sein, oder?

Ja. Der erste Schritt zu dieser Entscheidung war eigentlich bereits das Expertenmeeting beim ÖTV am 7. Jänner. Damals hat man sich schon mehr oder weniger darauf verständigt, dass es bei einer Zusammenlegung der Punkterangliste mit ITN zu Schwierigkeiten in der Umstufung und im Turnierwesen gekommen wäre.

Wie hätten diese denn ausgesehen?

Da gibt es viele Beispiele, die auch von meiner Seite in der Sitzung am 7. Jänner eingebracht wurden. So etwa wäre der Vorarlberger Nicholas Kanazirev durch die Erstrunden-Niederlage bei den Österreichischen Hallenmeisterschaften U12 von Rang acht auf 22 in Österreich zurückgefallen. Das kann meiner Meinung nach nicht sein, noch dazu für einen Jugendlichen, der den weiten Weg von Vorarlberg in die Südstadt auf sich nimmt und dafür dann dermaßen bestraft wird. Das fördert weder Motivation, noch Leistungsentwicklung und führt zu weniger Teilnahmen und einem Turniersterben. Das zweite Hauptargument, das mir damals wichtig war, ist jenes, das durch das neue System die Möglichkeit bestanden hätte, ohne ein Spiel in einer Altersklasse die Nummer 1 von dieser zu werden.

Wie leicht wäre das gegangen?

Durch Meisterschaft, ITN-Turniere und vereinsinterne Spiele relativ leicht. Wenn das echt so gekommen wäre, hätte ich nur meinen Schützling Nico(Mucic, Talent der Altersklasse U11; Anmerkung) drei Mal ein vereinsinternes Spiel gegen mich gewinnen lassen müssen und er wäre die Nummer 1.

Wo hätte es sich denn noch gespießt?

Die Spieler hätten oftmals nur dann gespielt, wenn sie sich verbessern müssen oder wollen. Wenn sie in der Rangliste schon weit vorne gewesen wären, hätten sie das ja nicht aufs Spiel gesetzt. Es hätte also nicht das mehr Spielen gefördert, sondern eher den Turnierveranstaltern geschadet. Warum soll sich etwa ein Michael Sedlak(ÖTV-Disziplinarreferent und einer der besten Seniorenspieler Österreichs; Anmerkung)ein Turnier antun, erst im Endspiel verlieren und sich dafür in der Rangliste verschlechtern?

Was hat man sich bei solchen Neuerungen überlegt?

Ich glaube, Sinn und Zweck ist es gewesen, mit ITN ein möglichst faires System zu schaffen, basierend auf Head-to-heads und einer daraus dann entstehenden Rangliste. Genau in diesem Punkt hat man im Nachhinein gesehen, dass das miteinander nicht kompatibel ist. Das heute bestehende ITN-System müsste man in so vielen Bereichen ändern, damit es als Rangliste funktionieren würde, sodass es mit dem heutigen System nicht mehr viel zu tun hätte.

Hat man zu kurzsichtig gedacht?

Das glaube ich nicht. Das Projekt hatte bis zur Veröffentlichung eine lange Vorlaufzeit.

Wie kann es dann überhaupt passieren, dass ein solches System veröffentlicht wird, das derartige Mängel aufweist?

Die Problematik bei der Geschichte sind nicht die Fehler, die bei der Zusammenführung der ÖTV-Rangliste mit dem ITN-Rating-System passiert sind. Natürlich sind da einige Ausreißer nach unten und oben aufgetreten, die ein gefundenes Fressen für die Gegner gewesen sind und gleich eine große Gegenbewegung auf facebook ausgelöst haben. Es hat für einen Aufschrei gesorgt, weil manche Leute auf teils unerklärliche Werte gekommen sind, aber das hätte man mit Arbeit in den Landesverbänden hingekriegt und in den Griff bekommen. Das hätte aber nicht das Grundproblem gelöst, dass ITN einfach nicht Ranglisten-kompatibel ist. Das ist vom ÖTV nicht rechtzeitig erkannt worden, auf den WTV wurde in dieser Frage nicht gehört. Wir haben da schon länger aufgeschrien. Den Spitzensport-Spielern geht's eben um die Rangliste, den Breitensport-Spielern um die ITN.

War man sich im Tennisverband also einfach nicht den Konsequenzen der Neuerungen bewusst?

Das kann ich nicht beurteilen, weil ich in die Entscheidungen nicht involviert war. Der WTV und Präsident Franz Sterba in Person haben aber von Anfang an davor gewarnt und sich für eine Beibehaltung von Rangliste und ITN eingesetzt, dadurch haben wir letztendlich das Bewusstsein des ÖTVs geschärft.

Wo besteht deiner Meinung nach noch der größte Handlungsbedarf?

Es braucht eine Reform der Turnierlandschaft. Den größten Handlungsbedarf sehe ich dabei im Jugendbereich. Eine Problematik ist, dass in der größten Kategorie nach Österreichischen Meisterschaften, den Kategorie-II-Events, die Turniere in den Altersklassen U12, U14 und U16 während der Schulzeit sieben bis acht Tage dauern. Jetzt im Winter brauchen die Kinder also für drei bis vier Turniere im Schnitt zwei bis drei Wochen schulfrei, um teilnehmen zu können. Das könnte man zum Beispiel mit Teilnehmerbeschränkungen und kleineren Rastern lösen. Auch bei der Rangliste habe ich ein konkretes Beispiel: Man erhält Punkte, ohne ein Spiel gewinnen zu müssen, also auch trotz nur Niederlagen. Durch sechs Mal Nenngeld zahlen, kann man sich also eine recht gute Position verschaffen, besonders wenn man als U14-Spieler U16 spielt und aber für U14 Punkte bekommt. Auch in der Allgemeinen Klasse und bei den Senioren gibt es genug Verbesserungsmöglichkeiten, in den Spitzenbereich bin ich hier als WTV-Breitensportreferent allerdings zu wenig involviert. Die Entwicklung der Teilnehmerzahlen ist auch nicht positiv. Das muss man sich ansehen und sich der Diskussion stellen, warum immer mehr Leute zu ITN-Breitensport-Turnieren wechseln.

Hast du den Eindruck, dass man sich im ÖTV jetzt dessen bewusst ist, was noch nicht passt?

Ich glaube, der erste Schritt, der wichtig war, ist gewesen, aufs System vom Jahresende 2013 zurückzugehen, auf das Funktionierende also. Dadurch hat man auch Zeit, sich die Probleme anzuschauen und in verschiedenen Bereichen nach Verbesserungen und Lösungen zu suchen. Das wird in aller Ruhe und nach genug Überlegung in den diversen Arbeitsgruppen, die jetzt dann ihre Arbeit aufnehmen werden, geschehen.

Der ÖTV hat mit Jahresbeginn den Vertrag mit Michael Ebert, ein österreichischer Pionier in Sachen Kidstennis, auslaufen lassen. Hat dich das überrascht?

Ich will diese Entscheidung des Verbands nicht kommentieren. Michael Ebert ist aber bei uns im WTV weiter zuständig, wir haben eine sehr gute Chemie. Ich sehe ihn in der Kidstennis-Entwicklung als engagierten Mann. Jeder kann sich glücklich schätzen, auf das Know-how eines Michael Ebert zurückgreifen zu können, und in dieser glücklichen Lage sind wir im WTV jetzt. Ich kenne niemanden, der sich mehr mit Kidstennis befasst.

Zu dir als Person: Du bist nicht nur Familienvater, du hast einen eigenen Tennisklub, eine eigene Hobbyturnierserie, hast schon in jungem Alter Charities für das St. Anna Kinderspital und die damals an Krebs erkrankten Klemenschits-Zwillinge veranstaltet, du hast auch eine Tennisschule, einen Tennisshop, bist WTV-Breitensportreferent. Was motiviert dich, dich so fürs Tennis zu engagieren?

Ich kann einfach nichts anderes besser!(lacht)In erster Linie liegt mir das Tennis am Herzen. Ich habe das große Glück, mein Hobby zum Beruf machen zu können. Begonnen hat alles vor elf Jahren mit der AZ-Hobbytour. Zwei Jahre später bekam ich die Chance, eine Tennisanlage neu aufzubauen. Dann hat das eine zum anderen geführt. Ich setze mich täglich mit diversen Breitensport-Themen auseinander. Insofern war es naheliegend, dass ich vor einem Jahr die Möglichkeit bekommen habe, mich im Breitensport bei den sehr ambitionierten Projekten im WTV zu engagieren. Die eigene Tennisschule ist für mich ein besonders schöner Bestandteil meiner Tätigkeiten, weil der Nachwuchs für uns extrem wichtig ist. Mir machen diese Sachen viel mehr Spaß, als tagtäglich im Büro zu sitzen. Meine Arbeit ist abwechslungsreich und ich arbeite viel mit Kindern und Jugendlichen. Es ist einfach schön, ihre Entwicklung zu sehen, das macht verdammt viel Spaß.

Wie siehst du die Entwicklung deiner Hobbyturnierserie? Was machst du offensichtlich - wie man an den konstant guten Teilnehmerzahlen sieht - richtig und was könntest du noch besser machen?

Mit den Ein-Tages-Turnieren habe ich sicher das richtige Format zur richtigen Zeit entwickelt - weil es einfach viele Spieler gibt, die viele Matches auf vergleichbarem Spielniveau spielen möchten, ohne zu viel Zeit zu investieren. Besser machen kann man natürlich immer etwas.

Wie viel Vertrauen dir entgegengebracht wird, zeigt wohl auch die Tatsache, dass mit HEAD und Isospeed zwei tolle Partner auf dich bauen, oder?

Ja, das denke ich schon. Vor allem die seit 1. Jänner neue Kooperation mit HEAD freut mich sehr. Damit hat es die AZ-Hobbytour geschafft, mit HEAD und Isospeed zwei österreichische und auch internationale Top-Marken ins Boot zu holen. Das ist ohne Zweifel eine zusätzliche Aufwertung der Turnierserie. Der Anspruch für mich ist, hier nur mit den Besten der Besten zusammenzuarbeiten. Es zeigt auch die internationale Entwicklung, dass HEAD vieles richtig gemacht hat.

Die Hobbytennistour von Claus Lippert gibt es bereits seit 1990, dann gibt's da noch die derzeit von Thomas Urban geleitete Tennis Series. Und jetzt plant auch die Tennisschule „Tennisspaß" rund um Thomas Dechat eine 2015 startende ITN-Turnierserie auf der Anlage Tennis Bruckberger am Gießhübl. Wie weh tut dir derartige Konkurrenz?

Konkurrenz belebt das Geschäft! Ich bin von meinem Konzept und meinen Ideen überzeugt. Die Spieler entscheiden letztendlich, wo es ihnen besser gefällt. Ich scheue den Vergleich mit anderen Turnierserien und Formaten nicht - viele gibt es längst nicht mehr! In Wien herrscht aber ein großes Einzugsgebiet an Breitensport-Spielern, sodass für mehrere Turnierserien hier Platz ist. Ich habe über die elf Jahre hinweg bereits eine schöne Gruppe an Stammspielern und bin auch im Winter immer ziemlich am Teilnehmerlimit gewesen. Überhaupt wird in Wien im Breitensport einiges richtig gemacht.

Du hast auch ein paar gute Nachwuchstalente in deiner Tennisschule. Wie groß ist denn die Hoffnung, dass in den nächsten Jahren ein heimischer und vielleicht internationaler Spitzenspieler aus deiner Tennisschule entspringt?

Aus dem Jahrgang 2003 trainieren etwa Nico Mucic und Boris Marinkovic bei mir, beide sind Teil des WTV-Future-Teams. In der neu veröffentlichten provisorischen Jugendrangliste sind sie in der Altersklasse U11 die Nummern drei und neun von Österreich. Vor allem die beiden haben Potential und auch Boris' große Schwester Sabrina, die gerade erst ihr Comeback nach einer halbjährigen Verletzungspause gibt. Die drei haben sicher alle die Aussicht, in Österreich gute Spieler zu werden. Für mehr gehört auch das nötige Glück dazu und es muss viel zusammenpassen.

Du bist selbst mal ein großes Talent gewesen. Weinst du der Profikarriere noch nach?

Mittlerweile nicht mehr. Am Anfang war die allererste Zeit nach der Erkenntnis, dass es nicht mehr reichen wird, sicher nicht einfach, aber heute ist das für mich kein Thema mehr. Nach drei verletzungsbedingten Operationen war ich dann einfach an dem Punkt angelangt, einen Schlussstrich zu ziehen. Es wird schon für etwas gut gewesen sein.

Das Gespräch führte Manuel Wachta.

Hier geht es zur offiziellen Homepage von AZ Tennis.

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19.03.2014, 16:01 Uhr