WTA Linz: Belinda Bencic im Interview - Relaxterer Umgang mit Roger Federer
Belinda Bencic hat sich in der laufenden Saison wieder bis auf Position 40 der WTA-Weltrangliste vorgespielt. Beim WTA-Turnier in Linz hat die Schweizerin mit tennisnet kurz geplaudert.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
12.12.2018, 15:24 Uhr
tennisnet: Frau Bencic. Sie haben in Linz mit Barbara Haas das Doppel bestritten, dort in der zweiten Runde gegen Kirsten Flipkens und Johanna Larsson, zwei anerkannt gute Doppelspielerinnen knapp verloren. Wie sind Sie in dieses Match gegangen?
Belinda Bencic: Babsi und ich spielen beide nicht so viel Doppel, wir konzentrieren uns mehr auf´s Einzel. Wir haben das dennoch super gemacht. Im letzten Jahr haben wir kein Match hier gewonnen, in diesem Jahr eines, aber am Ende hat die Erfahrung unserer Gegnerinnen den Ausschlag gegeben.
tennisnet: Sie verbindet mit Barbara Haas schon eine lange Freundschaft ...
Bencic: Wir haben schon U14 gemeinsam gespielt, zum Beispiel in Kufstein, viele Juniorinnen-Turniere, wir kennen uns schon sehr lange.
tennisnet: Das Jugendturnier in Kufstein ist weit über die österreichischen Grenzen bekannt. Warum eigentlich?
Bencic: Es ist megawichtig, weil man da ein paar Skier gewinnen kann (lacht). Das war meine größte Motivation. Ich habe die immer noch zuhause. Ich finde es einfach unheimlich wichtig, internationale Turniere zu spielen, weil man eben gegen Kinder aus anderen Ländern spielen kann. Und etwa in Kufstein ist das super organisiert. Ich habe die Levels von der U12 an Schritt für Schritt genommen, und habe die Reisen immer sehr gerne gemacht.
Bencic - "Jetzt bin ich gesund"
tennisnet: Hat sich das im Laufe der Jahre geändert? War das Reisen für eine 15-Jährige spannender als es jetzt ist?
Bencic: Ich bin damals ja noch zur Schule gegangen, habe also nur ein Turnier pro Monat gespielt. Also nicht jede Woche, das ist unmöglich mit 14 oder 15 Jahren. Aber mir macht das Reisen immer noch viel Spaß, auch wenn es anstrengend ist, weil die Saison unheimlich lange dauert. Am Anfang spielt der Faktor Neugierde natürlich noch eine Rolle - und man findet es halt auch noch toll, dass man die ganze Zeit beim Tennis ist. Später in der Karriere muss man sich ein paar freie Tage organisieren, damit man auch ein bisschen lebt. Das ist schwierig, wenn man nicht zuhause ist, aber man muss es eben auch in anderen Ländern versuchen.
tennisnet: Sie haben das Jahr mit dem Hopman Cup begonnen, dort mit Roger Federer gewonnen. Wie sieht denn Ihre Saisonbilanz bis jetzt aus?
Bencic: Mir geht es sehr gut, ich bin sehr glücklich. Letztes Jahr stand ich hier noch auf 350, heuer bin ich die Nummer 40. Ich denke, es ist definitiv vorwärts gegangen. Die Erwartungen der Leute sind hoch - aber ich selbst habe auch hohe Ansprüche an mich.
tennisnet: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?
Bencic: Das ist das Wichtigste: jetzt bin ich gesund. Ich hatte im März wieder eine kleine Verletzung. Ich versuche einfach, Schritt für Schritt nach vorne zu schauen. Ich kann nicht sagen, ich will gleich in den Top Ten stehen. Das wäre ja ungerecht, weil die anderen Spielerinnen ja uch sehr gut spielen. So einfach ist das also nicht.
Von Roger Federer lernen
tennisnet: Zurück zum Hopman Cup, wo Sie Anfang 2019 wieder mit Roger Federer antreten werden. Wie ist das Verhältnis zum wohl besten Spieler aller Zeiten?
Bencic: Ich habe natürlich megaviel Respekt. Jetzt bin ich zwar ein bisschen relaxter geworden in seiner Gegenwart, aber zu Beginn war es eher: "Oh, mein Gott!". Aber jetzt finde ich es super, dass Roger wirklich viel mit mir redet. Und ich kann halt von allem, was er sagt oder tut, etwas lernen. Wie Roger spielt, wie er reist, wie er sich aufwärmt, das alles gibt mir so viel Erfahrung. Der ganze Hopman Cup ist nicht nur vom Tennis her toll, sondern auch für mich eine super Erfahrung, mit der ich mich weiterentwickle.
tennisnet: Zu Beginn Ihrer Karriere wurden Sie ja auch von Martina Hingis bzw. vor deren Mutter, Melanie Molitor, beraten. Gibt es da noch intensiven Kontakt?
Bencic: Das hat sich mehr oder weniger aufgelöst. Martina ist ja immer noch Fed-Cup-Coach, und da sehen wir uns natürlich. Aber sonst nicht mehr so sehr.
tennisnet: Apropos - haben Sie den Eindruck, dass die ITF bei den ganzen Reformbemühungen hinsichtlich des Davis Cups ein wenig auf den Fed Cup vergessen hat?
Bencic: Nein, eigentlich nicht. Wir Spielerinnen wurden ja auch gefragt, und es gibt überall ein Pro und Contra. Klar ist es toll, ein Heimspiel zu haben. Und andererseits ist aber auch total anstrengend, mitten in der Saison nach Australien zu fliegen und dort auf Rasen zu spielen.
tennisnet: Wie werden Sie diese Spielzeit beenden?
Bencic: Ich habe vor einem Jahr viele ITF-Turniere gespielt - und habe dadurch jetzt viele Punkte zu verlieren. Nachdem es jetzt in den USA und in Asien für mich nicht so gut gelaufen ist, habe ich beschlossen, dass ich nach Luxemburg noch drei 80er in den USA spiele, dann ein 125er in Houston und dann Pause mache. Und dann werde ich mich zuhause auf das kommende Jahr vorbereiten.