Lucie Safarova im tennisnet-Interview: "Ich wollte mit einem Lächeln aufhören"
Die Tschechin Lucie Safarova wird nach den French Open in Paris ihre Tenniskarriere beenden. Ein Gespräch über den Weg zum Rücktritt, Nett-sein auf der Tour und Pläne für die Zukunft.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
02.05.2019, 16:02 Uhr
Lucie Safarova ist eine der erfolgreichsten Spielerinnen der letzten Jahre. Die mittlerweile 32-Jährige holte sieben Einzeltitel, erreichte 2015 das Endspiel der French Open und spielte sich bis auf Rang 5 der Welt hoch. Noch erfolgreicher war sie im Doppel: Hier feierte sie fünf Grand-Slam-Turniererfolge (alle mit Bethanie Mattek-Sands, mit der sie "Team Bucie" bildete) und stand 2017 auf Rang 1. 2016 gewann sie mit Tschechien die Olympische Bronze-Medaille im Doppel. Vier Mal triumphierte sie zudem im Fed Cup.
In den vergangenen Jahren wurde Safarova jedoch immer wieder von Krankheiten zurückgeworfen. Beim Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart erreichte sie mit Anastasia Pavlyuchenkova am vergangenen Sonntag das Endspiel, im Anschluss nahm sie sich Zeit für ein Gespräch.
Frau Safarova, wie geht‘s Ihnen zurzeit, kurz vorm Rücktritt: Sind sie glücklich, nervös, neugierig…?
Ich bin glücklich. Es waren großartige 15 Jahre – und es war ja keine schnelle Entscheidung mit dem Rücktritt. Ich habe schon eine Weile drüber nachgedacht. Der Abschied war auch gut geplant: In der letzten Woche beim Fed Cup, dann in Stuttgart, hier auch noch mit Nastia (Anastasia Pavlyuchenkova, Anm. d. Red.), mit der ich überhaupt angefangen habe, Doppel zu spielen. Das war ein weiterer schöner Abschied, auch mit ihr als Freundin. Wobei wir natürlich Freunde bleiben. (lacht)
Sie verabschieden sich in Prag von Ihren Fans – und dann?
Dann spiele ich noch in Paris. Erst das „Farewell“ zu Hause in Prag vor den heimischen Fans, meinen Freunden, meiner Familie. Und dann Paris.
Starten Sie in Paris auch noch mal im Einzel?
Nein, vermutlich nicht. Da werde ich wohl keine Wildcard bekommen.
Sie wurden nach der Saison 2015, ihrem erfolgreichsten Jahr im Einzel, immer wieder außer Gefecht gesetzt. Gab es einen bestimmten Moment, an dem Sie wussten: Okay, ich höre vielleicht besser auf.
Es waren eher Krankheiten als Verletzungen, aber ich war immer wieder raus. Ich bin dann mehrere Male zurückgekommen, aber das ist hart. Und je älter man wird, umso schwieriger wird es, wenn man wieder bei Null anfangen muss. Irgendwann habe ich gespürt, dass es zu viel wird und dass ich nicht mehr auf meine 100 Prozent kommen werde. Ich wollte mit einem Lächeln aufhören - und nicht im Ranking durchgereicht werden und mich mit schlechten Erinnerungen verabschieden.
Gab es die Überlegung, ausschließlich im Doppel weiterzumachen?
Ich habe tatsächlich darüber nachgedacht. Aber ich bin auch müde von der Reiserei. Ich wollte ein neues Kapitel aufschlagen, etwas mehr zu Hause sein, mit der Familie. Dinge tun, die ich viele Jahre nicht machen konnte. Darauf bin ich gespannt.
Sie sind als eine der nettesten Personen auf der Tour bekannt…
(lacht)… oh, vielen Dank!
Roger Federer sagte einst: "Es ist nett, wichtig zu sein – aber es ist wichtiger, nett zu sein." War es auch für Sie wichtig, Freunde auf der Tour zu haben oder mit Kolleginnen gut auszukommen?
Ich denke, Freunde und gute Menschen um sich zu haben, ist das Wichtigste im Leben. So ging es mir auch im Tennis. Natürlich, manchmal war es hart, weil man dann gegen Freunde antreten muss. Das ist eine merkwürdige Situation. Aber wir sind erwachsen genug. Und wenn man gut miteinander befreundet ist, kann man das hinkriegen. Von daher war das für mich eine natürliche Sache.
Was es ja nicht für jeden ist: Maria Sharapova oder Genie Bouchard sagen immer, sie könnten nicht mit ihren Kolleginnen befreundet sein.
Das ist ihre Wahl, vielleicht passt das für sie besser. Aber das war nicht mein Ansatz.
Daniela Hantuchova hat vor rund zehn Jahren ein großes Interview gegeben, in dem sie über die Missgunst und Kälte auf der Damentour gesprochen hat. Haben Sie das damals auch so empfunden – und hat sich das geändert?
Ehrlicherweise habe ich dieses Gefühl nie gehabt. Vielleicht weil ich so nicht denke. (überlegt) Es war vielleicht nichts derartiges in meinem Umfeld. Ich finde, dass wir gute Mädels auf der Tour haben. Es gibt natürlich welche, die sich abgrenzen, die nicht sprechen wollen, die ihr eigenes Ding durchziehen. Das ist ihre Wahl. Ich war glücklich, hier nach Stuttgart zurückzukommen, um alle Spielerinnen und die Leute vom Turnier wiederzusehen.
Diese Einstellung macht das Leben auch leichter, oder?
Ja, absolut. Ich hatte daher nie das Gefühl, dass jemand gemein wäre. Natürlich ist es ein Wettkampf, da ist es nicht einfach. Aber ich würde nicht sagen, dass es eine unfreundliche Umgebung wäre.
Wenn jüngere Spielerinnen auf die Tour kommen: Suchen die Hilfe von den gestandenen Spielerinnen wie Ihnen?
Manche ja, manche nein. Wenn man selbst noch spielt, ist es auch schwierig, Ratschläge zu geben. Das ist vielleicht einfacher, wenn man zurückgetreten ist. Einige junge Spielerinnen bei mir zuhause fragen gerne mal um Ratschläge und da helfe ich gerne.
Ist das etwas, was Sie sich für Ihre Zukunft vorstellen können?
Nicht als Vollzeit-Coach, nein. Aber hier und da zu helfen oder meine Erfahrungen weiterzugeben, die vielen Jahre auf der Tour – sehr gerne!
Wenn Sie auf ihre Karriere zurückblicken: Was war der denkwürdigste Moment? Das Einzel-Finale bei den French Open? Die fünf Grand-Slam-Titel im Doppel?
Es ist schwierig, etwas herauszupicken. Ich habe – glücklicherweise – so viel erlebt. Es ist etwas völlig Unterschiedliches, einen Fed-Cup-Titel mit dem Team zu holen oder eine Olympia-Medaille. In einem Grand-Slam-Finale im Einzel zu stehen oder mit jemandem zu gewinnen, der neben einem steht. Ich schätzte all diese Momente und würde sie in eine Reihe stellen.
Wenn Paris rum ist, am Tag nach ihrem Rücktritt, was werden Sie da tun?
Da geht‘s in Urlaub. Nach Hawaii. Das habe ich nämlich noch auf der Liste. (lacht)
Vielen Dank für Ihre Zeit und alles Gute für die Zukunft!
Das Gespräch führte Florian Goosmann in Stuttgart.