"Ich mag das Geheimnisvolle an mir"
Nach ihrem Comeback im April folgte die verletzungsbedingte Pause, in den USA greift Maria Sharapova wieder an. Und gab auf theplayerstribune.com einen ausführlichen Gefühlsbericht.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
31.07.2017, 08:00 Uhr
Bereits Pete Sampras, Mardy Fish, Caroline Wozniacki und Nick Kyrgios haben sich hier in Ausführlichkeit über ihre Karriere, ihr Leben und ihre Gefühlswelt geäußert, alle Texte sind auf ihre Weise äußerst lesenswert.
Maria Sharapova fügt sich nun an. Sie ist seit ihrem Auftritt im Frühjahr in Rom außer Gefecht gesetzt - keine French Open, kein Wimbledon. In Stanford will sie nun wieder angreifen, nachdem ihre Hüfte geheilt ist. Auf theplayerstribune.com spricht sie über ihre lange Auszeit, ihre Gefühle beim Comeback im Rahmen des Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart, die Entdeckung ihrer Fans, ihren mysteriösen Nimbus und die Aussagen ihrer Gegnerinnen, die sie sehr wohl verfolgt und zur Kenntnis nimmt.
Wir haben einige Ausschnitte für euch übersetzt.
Maria Sharapova über einen sponaten Besuch ihrer Mutter...
"Am Abend vor meinem Comebackmatch in Stuttgart, im April, habe ich mit meiner Mum gesprochen.
Sie reist in aller Regel mit mir, aber kommt nicht mit zu den Matches. Ehrlich - meine Mum war vielleicht bei drei Spielen in den letzten zehn Jahren dabei. Das ist nicht schlimm, ich glaube, die gesamte Turnierszene, die Spielerbereiche, von den Tribünen aus zuzuschauen, all das ist nicht ihr Ding. (Mum macht sich ihre eigenen Regeln.) Aber egal, am Abend vor meinem Spiel haben wir etwas geplaudert, wie Mütter und Töchter eben reden. Als wir fast am Ende waren und ich dabei war, in mein Hotelzimmer zurückzugehen... da habe ich sie gefragt, einfach ins Blaue hinein: 'Mum, würdest du morgen mitkommen?'
Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Es war eines dieser Dinge, bei denen du nicht richtig weißt, was du sagst, bis du angefangen hast, es zu sagen, und nicht zuende gedacht hast, bis du fertig bist.
Meine Mum hat ein paar Sekunden überlegt. Dann hat sie mich angeschaut und gesagt: 'Weißt du was? Ja, das mache ich.'
Und ich sagte: 'Okay.'
Es war dieser kurze Moment, diese Kleinigkeit, es war ja kaum eine Konversation - aber in dem Moment hat es mir so viel bedeutet. Ich denke, dass ich bereits wusste, wie sich dieses Match von jedem anderen unterscheiden würde, das ich je gespielt habe. Und anstatt davor wegzulaufen und mich zu verstecken, hat ein Teil von mir wohl entschieden, mich damit volle Kanne zu konfrontieren. Nach dem Motto: 'Ja, okay, das Spiel wird ein anderes sein. Aber jetzt zumindest nach meinen Regeln.'
Ich habe Mum gute Nacht gesagt. Wir sehen uns morgen.
Und habe seeliger geschlafen, als ich es seit Jahren getan habe."
Maria Sharapova über Kritik...
"Ich bin mir bewusst, was einige meiner Kolleginnen über mich gesagt, wie kritisch sie sich in der Presse geäußert haben. Wenn man ein Mensch ist, mit einem normalen, pochenden Herzen... ich glaube nicht, dass dies Dinge sind, die man überhaupt gänzlich ignorieren kann. Und ich glaube nicht, dass es nicht merkwürdig oder schmerzhaft sein kann, das durchzumachen.
Gleichzeitig habe ich immer versucht, eine großzügige Haltung gegenüber Kritik zu bewahren, wo immer sie war und wann sie aufkam. Ich wollte gegenüber Leuten, die auf mich einschlugen, nicht entgegenhalten, indem ich auch auf sie draufhaue; das war mir immer wichtig. Ich wollte stets Würde zeigen - das ist etwas, was ich von meiner Mum gelernt habe, einem der würdevollsten und elegantesten Menschen, die ich kenne. Ich wollte mich immer meinen Kritikern stellen, indem ich den besseren Weg nehme. Und ihnen zeigen - eigentlich jedem zeigen -, dass es eine Möglichkeit gibt, diesen besseren Weg zu wählen.
Das ist nicht immer einfach, das brauche ich niemandem zu sagen. Vertraut mir - das Gegenteil, das wäre einfach. Es wäre so simpel für mich, in die Pressekonferenz zu gehen, mich zu setzen, die Fragen entgegenzunehmen darüber, was meine Kolleginnen über mich gesagt haben - und zu kritisieren, draufzuhauen, zurückzuschlagen, mich im Schlamm zu wälzen. Und die Wettkämpferin in mir... ich meine, Himmel hilf! Viele Leute wissen das nicht über mich, aber ich verrückt nach Boxen. Seit ich ein kleines Mädchen war, ist das der Sport neben Tennis, von dem ich am meisten fasziniert bin. Ich habe Boxen im Fernsehen gesehen. Ich boxe im Cardiotraining. Und mein liebster Teil ist immer derselbe: die Art und Weise, wie man zum Ring läuft. Das fühlt sich so beruhigend an - und dennoch so intensiv. Rhythmisch und majestätisch. Da denke ich immer, in diesen Pressekonferenzen - wie leicht wäre es für mich, mir vorzustellen, dass ich einfach abtauchen könnte, durch die Seile, und in den Ring könnte, zum Sparring. Herumzutänzeln, ein paar Schläge einstecken, ein paar Kombinationen landen - und Ende.
Aber das interessiert mich nicht. Tennis - das ist es, wo die Kämpferin in mir erwacht. Ich habe diese Entscheidung als junges Mädchen getroffen und bin ihr treu geblieben. Und die Negativität außerhalb des Platzes... das ist einfach nichts, was ich in mir habe. Es ist schwierig zu erklären. Und es ist noch schwieriger zu verstehen, das weiß ich. Das ist etwas Innerliches. Aber am Ende, in meinem Herzen, habe ich ernsthaft so viel Respekt und Bewunderung für jeden auf der Tour - inklusive meiner Kritiker.
Und letztlich hoffe ich, dass sie ihre Meinung ändern und ebenso für mich empfinden."
Maria Sharapova über das Geheimnisvolle, das sie umgibt...
"Ich sage euch etwas: Ich mag es, dass mich eine geheimnisvolle Aura umgibt.
Ich war noch nie jemand, der von jedem gekannt wurde, oder geliebt, oder auch verstanden. Manchmal wundere ich mich, ganz bewusst, ob ich etwas veraltet bin - ob daran etwas "old-school-mäßiges" ist.
(...)
Eine Sache, die ich gemerkt habe: dass es manchmal eine Überschneidung gibt bei Leuten, die denken, man habe etwas Geheimnisvolles an sich... und Leuten, die glauben, man sei unverwundbar. Darüber denke ich in letzter Zeit immer öfter nach. Denn die Wahrheit ist: Ich fühle mich ständig verletzbar - wie jeder andere auch. Und die Wände, die ich um mich herum errichtet habe... sie sind nicht annähernd so undurchdringbar, wie die Leute denken. Die Dinge kommen durch und ich fühle mich entsprechend.
Und das meine ich in vielerlei Hinsicht."
Maria Sharapova über ihre Tour-Rückkehr in den USA...
"Ich bereite mich gerade auf die nordamerikanische Hartplatzsaison vor, die ich sehr mag. Ich werde Stanford spielen, dann Toronto - und ich werde alles geben, was ich habe. Dann werden wir sehen, wie mein Sommer weitergeht, vermute ich. Ich bin sicher, dass ich manche Spiele gewinnen und manche verlieren werde. Ich bin sicher, dass Dutzende Kritiker auftauchen werden, ebenso Tausende meiner Fans. Aber letztlich - wer weiß? Was das Tennis anbelangt, ob es nun gut oder schlecht läuft - es gibt eine Sache, die ich ganz sicher weiß:
Ich habe es vermisst."
Den kompletten Artikel von Maria Sharapova auf theplayerstribune.com lest ihr hier!