Martin Mulligan - Mit Björn Borg hat alles angefangen

Martin Mulligan ist nicht nur ein ehemaliger Weltklasse-Tennisspieler - der Australier ist womöglich auch der am längsten dienende Repräsentant einer Bekleidungsfirma auf der Tennis-Tour. Nämlich FILA.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 05.07.2019, 14:09 Uhr

Der erste Popstar des Tennissports in seinem ikonischen Outfit
© Getty Images
Der erste Popstar des Tennissports in seinem ikonischen Outfit

tennisnet: Mr. Mulligan. Nur wenige Tennisfans werden sich an Ihre aktive Zeit erinnern …

Martin Mulligan: Nun, ich war fünf Jahre lang unter den Top Ten der Welt, habe 1962 das Finale in Wimbledon gespielt, habe drei Mal die Italian Open gewonnen, auch in Monte Carlo. Ich habe zwar  in Australien das Tennis spielen gelernt, meine Kinder wurden allerdings schon in Italien geboren.

tennisnet: Wie ist Ihre Verbindung zu FILA entstanden?

Mulligan: Gegen Ende meiner Karriere habe ich im Norden Italiens einen Schaukampf bestritten. Und nach diesem Match ist Diadora auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob ich ihnen dabei helfen könne, ein paar Spieler dazu zu bewegen, dass sie deren Schuhe tragen. Damals hat Diadora nur Schuhe hergestellt, keine Kleidung. Und vielleicht sechs oder sieben Monate später hat sich dann FILA gemeldet und mich gebeten, Spieler zu akquirieren, die in deren Kleidung spielen würden.

tennisnet: Mit Erfolg?

Mulligan: Und wie! Das war der der Grund, warum Björn Borg in FILA und Diadora gespielt hat und Guillermo Vilas ebenso. Bald danach hat Diadora begonnen, auch Kleidung herzustellen, FILA wiederum nahm eigene Schuhe mit ins Sortiment auf. Ich musste mich entscheiden. Und bin bei FILA geblieben.

tennisnet: Wann haben sie diese Entscheidung getroffen?

Mulligan: Das war im Jahr 1973. Also ziemlich genau dann, als sich FILA entschlossen hat, in den Tennissport zu gehen.

tennisnet: Im Moment spielen etwa French-Open-Siegerin Ashleigh Barty, aber auch Karolina Pliskova oder Marin Cilic in FILA-Kleidung. Hatten sie auch etwas mit der Auswahl dieser SpielerInnen zu tun?

Mulligan: Oh, ja. Ich mache das Scouting, ich suche die Spieler aus. Über die Jahre hatte wir viele herausragende SpielerInnen: Evonne Cawley-Goolagong hat in FILA-Kleidung gespielt, Gabriela Sabatini gegen Ende ihrer Karriere. Jennifer Capriati auch. Nachdem ich selbst gespielt habe, konnte ich einigermaßen gut einschätzen, wie gut ein Jugendlicher werden wird. Natürlich nicht immer mit Erfolg. Aber man muss die Kandidaten viele, viele Male beobachten. Manchmal spielen sie gut, manchmal schlecht, manchmal entwickeln sie schlechte Angewohnheiten oder stehen unter einem schlechten Einfluss. Man muss ganz nah dran bleiben. Denn manche SpielerInnen mögen das Talent haben, aber vielleicht nicht den richtigen Charakter. Oder sind nicht bereit, die notwendigen Opfer zu bringen.

"Roger Federer mag der beste seiner Ära sein, aber ..."

tennisnet: Was hat sich während der vergangenen Jahrzehnte am stärksten verändert?

Mulligan: In erster Linie das Material. Damals haben wir mit Holzschlägern gespielt, auch die Schuhe waren komplett anders. Die Ausrichtung im gesamten Sport ist viel spezieller geworden - die Firmen stellen bestimmte Produkte für Rasen-, Sand- und Hartplätze her. Früher einmal gab es ein paar Schuhe. Und das haben die Spieler auf allen Belägen getragen.

tennisnet: Wie hat die Entwicklung der Schläger das Spiel beeinflusst?

Mulligan: Heutzutage ist nicht so viel Touch und Finesse im Spiel, aber es ist halt eine ganz andere Art von Tennis. Was aber für alle Disziplinen des Sports gilt, auch in der Leichtathletik oder beim Schwimmen. Aber ich glaube, dass es falsch ist, Sportler aus verschiedenen Zeitaltern miteinander zu vergleichen.

tennisnet: Warum?

Mulligan: Nun, es gibt viele Leute, die sagen, dass Roger Federer der beste Spieler aller Zeiten ist. Und dabei hat Rod Laver zweimal den Grand Slam gewonnen. Innerhalb eines Jahres. Darüber reden wir heutzutage gar nicht mehr. Das ist nur dreimal in der Geschichte gelungen. Nun sprechen wir über den Karriere-Grand-Slam, was immer noch eine großartige Leistung ist. Aber eben nicht dasselbe, wie alle vier Turniere im selben Jahr zu gewinnen. Andererseits gibt es heutzutage viel mehr professionelle Tennisspieler, was es schwieriger macht, die Grand Slams zu gewinnen.

tennisnet: Sollten wir also in verschiedenen Ären denken?

Mulligan: Ja. Roger Federer mag der Beste seiner Ära sein, aber: Er hat einen negative Bilanz gegen Rafael Nadal, gegen Novak Djokovic und gegen Andy Murray - also die anderen drei Spieler, die mit ihm die Big Four ausmachen. Er hat zwar mehr Grand Slams als alle anderen gewonnen - aber macht ihn das wirklich zum größten Spieler aller Zeiten? Darüber müsste man debattieren.

Es ist vollbracht: Der fünfte Wimbledon-Titel in Serie
© Getty Images

Es ist vollbracht: Der fünfte Wimbledon-Titel in Serie

tennisnet: Lassen Sie uns dennoch noch einmal zurückblicken. Als Björn Borg 1980 zum letzten Mal Wimbledon gewann, ist er mit einer mittlerweile ikonischen Trainingsjacke von FILA auf den Centre Court gekommen. Warum gibt es solche ikonischen Kleidungsstücke aktuell nicht mehr?

Mulligan: Wenn man in die Zeit zu Borg zurück geht: da hatten wir nicht so viele TV-Stationen, Social Media, Zeitschriften, die sich mit dem Tennissport auseinander gesetzt haben wie heutzutage. Also versuchen alle Hersteller, immer öfter das Design ihrer Kleidung zu wechseln. Kaum ein Trikot ist lange genug auf dem Markt, um es zu einem ikonischen Look zu bringen. Und noch einmal zu Borg: Das Outfit, in dem er seinen fünften Wimbledon-Title geholt hat, war dieselbe Modell-Linie wie bei seinem ersten Sieg 1976.    

von tennisnet.com

Freitag
05.07.2019, 09:31 Uhr
zuletzt bearbeitet: 05.07.2019, 14:09 Uhr