"Jede Konstellation ist für uns vielversprechend"

Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann kann für die Erstrunden-Partie 2017 (ab Freitag, 14 Uhr live auf DAZN) gegen Belgien aus dem Vollen schöpfen. Im exklusiven tennisnet.com-Interview erklärt der Teamchef, welche Optionen er für das Doppel sieht, warum er der Tennisnation Belgien höchsten Respekt zollt - und welche Rolle ein ehemaliger Weltklasse-Athlet einnimmt.

von Interview: Uwe Semrau und Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 31.01.2017, 14:30 Uhr

Michael Kohlmann zählt auf Alexander Zverev

tennisnet: Herr Kohlmann, Sie haben die vier besten verfügbaren Einzelspieler Deutschlands für die Begegnung gegen die belgische Mannschaft aufgestellt. Eine logische Entscheidung, oder?

Michael Kohlmann: Die Überlegungen gehen natürlich auch immer in Richtung Doppel, ganz konkret eben zu Philipp Petzschner. Wenn man zwei Grand-Slam-Turniere gewinnt, dann hat man natürlich auch eine Qualität, die uns weiterhelfen kann. Philipp war im letzten Jahr lange verletzt, hat gegen Ende 2016 aber mehrere kleine Turniere gespielt und gut trainiert. Das wäre für mich die einzige Variante gewesen, Philipp einzubauen. Ich habe mich aber letztlich aber dafür entschieden, die vier besten Einzelspieler zu nominieren, weil die auch alle gut in die Saison gestartet sind.

tennisnet: Alexander und Mischa Zverev spielen regelmäßig gemeinsam Doppel. Heißt das automatisch, dass die Beiden auch am Samstag auf dem Court stehen werden?

Kohlmann: Das ist möglich, aber nicht unsere einzige Option. Philipp Kohlschreiber hat mit Jan-Lennard Struff ja schon in Doha gespielt, wenn auch noch nicht so erfolgreich. Aber ich finde es wichtig, dass man auch schon einmal ein Match miteinander gespielt hat. Zum anderen haben Philipp und Tommy Haas vor ein paar Jahren gegen Spanien ja auch ein wichtiges Doppel gewonnen, ohne dass sie davor gemeinsam irgendwo angetreten wären. So gesehen wäre eigentlich jede Konstellation vielversprechend. Egal, wer auf der anderen Seite des Netzes steht.

tennisnet: Täuscht der Eindruck, dass wir am kommenden Wochenende eine der besten deutschen Mannschaften der letzten Jahre sehen werden?

Kohlmann: Das Gefühl habe ich auch. Alle Spieler sind auf einem guten Weg, sind in ihrer Leistungsfähigkeit noch lange nicht am Ende angekommen. Wir haben eine sehr gute Mannschaft, die natürlich die nominell besseren Weltranglisten-Platzierungen gegenüber den Belgiern bestätigen muss.

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tennisnet: Mit David Goffin hat der klar beste Einzelspieler Belgiens seine Teilnahme abgesagt. Was kann vor allem auch der zweite Einzelspieler neben Steve Darcis einbringen?

Kohlmann: Ruben Bemelmans darf man auch auf keinen Fall unterschätzen, der hat im vergangen Jahr den Challenger in Koblenz gewonnen. Der hat, kleine Randnotiz, auf genau jenem Bodenbelag stattgefunden, den wir uns jetzt für den Davis Cup in Frankfurt ausgesucht haben. Deshalb kann man sich auf richtig gutes Tennis am kommenden Wochenende freuen. Bemelmans hat darüber hinaus mit de Lore im Doppel schon gegen Marcelo Melo und Bruno Soares gewonnen, also auch im Doppel darf man die Belgier nicht unterschätzen.

tennisnet: Die Erfolge der belgischen Tennisprofis während der letzten Jahre nötigen auf jeden Fall Respekt ab.

Kohlmann: Die Belgier haben vor knapp zwei Jahren das Finale erreicht, da arbeiten wir ja jetzt schon längere Zeit dran. Ich muss schon den Hut ziehen, dass dieses Land fortwährend Spitzenspieler hervorbringt, vor allem natürlich auch bei den Damen.

tennisnet: Wie ist die Wahl des Belags zustande gekommen?

Kohlmann: Unseren Platz hat wieder Andi Kemmerer mit seinem Team gebaut. Das ist derselbe Belag wie jener in St. Petersburg, wo Sascha sein erstes Turnier gewonnen hat. Und sehr ähnlich jenem in Wien, wo Kohli auch regelmäßig sehr gut spielt. Da haben wir uns ganz klar nach unseren Jungs gerichtet.

tennisnet: Carlo Thränhardt begleitet das deutsche Davis-Cup-Team seit einiger Zeit. Worin genau liegt seine Aufgabe?

Kohlmann: Carlo ist für alle konditionellen Belange, die in dieser Woche ablaufen, zuständig. Darüber hinaus kümmert er sich um das Team-Building. Die Spieler arbeiten sehr gerne mit ihm. Carlo liebt unseren Sport. Ich habe erst letzte Woche mit ihm gespielt, er ist wirklich wahnsinnig ehrgeizig, ein ehemaliger Weltklasse-Sportler eben. Deswegen unterhalten sich die Jungs auch gerne mit ihm.

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tennisnet: Auf der anderen Seite spielt Dirk Dier eine wichtige Rolle im Team. Wie sieht die konkrete Abstimmung von Ihnen vor den Matches aus?

Kohlmann: Zuerst kümmern sich Dirk und ich um unsere Spieler, da stimmen wir uns sehr eng ab. Mit den Video-Analysen von Björn Simon legen wir uns dann eine Taktik zurecht, wie wir den jeweiligen Gegner bearbeiten sollten.

tennisnet: Am Donnerstag findet traditionell die Auslosung statt. Wann erfährt denn die Mannschaft, wer am Freitag tatsächlich spielen wird?

Kohlmann: Bisher haben wir das immer so gehalten, dass wir am Mittwochabend dem Team nach der letzten Trainingseinheit bekannt gegeben haben, wer spielt. Auch deshalb, weil die beiden Einzelspieler dann am Donnerstag natürlich weniger trainieren.

tennisnet: Wie sieht der Terminplan abseits des Platzes aus?

Kohlmann: Generell versuchen wir, uns in dieser Woche nur dem Sport zu widmen. Wir haben ein Foto-Shooting, vielleicht einen Besuch beim Hessischen Rundfunk, aber wir wollen natürlich vermeiden, dass die Termine überhand nehmen.

tennisnet: Die deutsche Mannschaft geht nach der Absage von Goffin als Favorit in diese erste Runde. Darf man schon einen Blick auf die potenziellen Gegner im Viertelfinale werfen?

Kohlmann: Gegen Argentinien haben wir das letzte Mal auswärts gespielt, da hätten wir Heimrecht. Gegen Italien haben wir, glaube ich, 1989 in Dortmund gespielt. Aber zuerst müssen wir erstmal die erste Hürde nehmen.

von Interview: Uwe Semrau und Jens Huiber

Dienstag
31.01.2017, 14:30 Uhr