Nadals Abschied in Malaga: Kitschig in den Ruhestand?
Die Tenniswelt steht Kopf - beim Davis Cup beendet Rafael Nadal seine große Karriere. Krönt er sie mit einem weiteren Titel?
von SID
zuletzt bearbeitet:
18.11.2024, 16:51 Uhr
Rafael Nadal ist überall. Auf einem gigantischen Plakat im Dunstkreis der Arena von Malaga, im feinen Zwirn auf dem Roten Teppich vor dem Team-Dinner oder beim Training mit Landsmann Carlos Alcaraz - vor den Davis Cup Finals kommt an Spaniens Tennislegende niemand vorbei.
Der Abgang des größten Sandplatzspielers der Geschichte im eigenen Land, er stellt beim wichtigsten Teamevent der Welt alles in den Schatten. Ein letztes Mal will Nadal noch auf dem Court stehen, ein letztes Mal um einen Titel kämpfen, ein letztes Mal alles aufsaugen und genießen. Ob er sich seinen Traum vom letzten großen Hurra wirklich erfüllen kann, steht allerdings noch in den Sternen.
"Ich weiß nicht, ob ich ein Match spielen werde oder nicht, da ich in letzter Zeit sehr wenig gespielt habe", sagte Nadal, er wolle den Teamerfolg nicht gefährden. Auf der brechend vollen Pressekonferenz zeigte er sich dennoch "sehr aufgeregt und glücklich, hier zu sein". Für sein Land zu spielen sei noch immer "etwas Unglaubliches".
Spanien zunächst gegen die Niederlande
Am Dienstag (17 Uhr/DAZN) startet der 38-Jährige mit seinen Teamkollegen in die Mission Bilderbuch-Abschied. Für den "Stier von Manacor" wäre es der sechste Titel beim Traditionsevent, 20 Jahre nach seinem emotionalen ersten Davis-Cup-Triumph im Alter von 18 Jahren könnte sich auf fast schon kitschige Weise ein Kreis schließen.
Im Viertelfinale aber warten zunächst einmal die Niederlande - und trotz der klar beim Heimteam angesiedelten Favoritenrolle: Auch da könnte es im Falle einer Niederlage ja bereits soweit sein mit Nadals Karriereende. Genauso wie am Freitag in einem möglichen Halbfinale gegen das deutsche Team, falls dieses sich gegen Kanada durchsetzt.
Wird die Creme de la Creme des Sports deshalb 'sicherheitshalber' schon im Viertelfinale in die Mehrzweckhalle von Malaga strömen, um dem Sandplatzkönig zu huldigen? Roger Federer zum Beispiel? Nadals großer Ex-Rivale und Freund, wird zumindest "versuchen", wie viele andere Prominente dabei zu sein, wie der Spanier verriet. Und auch der Turnierdirektor ist vorbereitet: "Wir planen etwas ganz Besonderes für ihn, wir müssen seine Karriere und sein Vermächtnis feiern", sagte Feliciano Lopez.
Nadal stieg 2001 ins Profitennis ein
Trotz der Zweifel bei Nadal - eine reine Zuschauerrolle ist kaum vorstellbar. Zumal Nadal, in den vergangenen zwei Jahren arg verletzungsgebeutelt, im Training einen ordentlichen Eindruck vermittelte. Der mächtige Bizeps peitscht seine Vorhand auch in der letzten Karrierewoche noch gewaltig über das Netz. Und die vielen Unwägbarkeiten in Malaga berühren Nadal kaum.
Ein "ideales Ende", sagte Nadal, gebe es sowieso "nur in amerikanischen Filmen": "Das ist nichts, was mich beunruhigt." Und überhaupt lohnt ja kurz vor dem Ende nicht nur der Blick nach vorne.
Im Jahr 2001 war der Linkshänder von Mallorca aus losgezogen, die Tenniswelt zu erobern. Es folgten 22 Grand-Slam-Titel, davon aberwitzige 14 bei seinem Lieblingsturnier in Paris, ein Einzel- und ein Doppel-Olympiasieg sowie insgesamt 92 Triumphe auf der ATP-Tour. Über 1300 Matches hat Nadal, dessen Körper gegen Ende immer häufiger gestreikt hatte, gespielt und dabei fast 135 Million Dollar Preisgeld gewonnen. Unvergessen bleiben vor allem die zahlreichen Duelle mit seinen großen Rivalen - Federer und Novak Djokovic.
Letzterer ist bald also der letzte Verbliebene der Big Three, die das Tennis in den vergangenen fast 25 Jahren geprägt haben wie kein Trio zuvor. Spätestens dann am Sonntag, wenn der König endgültig abdankt.