Naomi Osaka - „Der Sport war nie unpolitisch“
US-Open-Siegerin Naomi Osaka hat in einem Gastbeitrag für die New York Times die Gründe für ihr politisches Engagement erläutert. Und ihre Vorbilder aus dem Bereich des Sports benannt.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
23.12.2020, 11:58 Uhr
Naomi Osaka hat in der so kurzen Tennissaison 2020 nachhaltigen Eindruck hinterlassen - vor allem nach der Rückkehr aus der Corona-Pause. Zunächst trat die mittlerweile dreimalige Major-Siegerin zu ihrem Halbfinale des von Cincinnati nach New York City verlegten Turniers nicht an - aus Protest gegen Polizeigewalt. Und bei den US Open, die Osaka mit dem Sieg gegen Victoria Azarenka im Endspiel für sich entscheiden konnte, betrat die Japanerin bei ihren sieben Matches mit sieben verschiedenen Gesichtsmasken an, auf denen die Namen von Opfern eben dieser Polizeigewalt zu lesen waren.
Kein Wunder, dass die angesehene Sports Illustrated Osaka zu einer der Sportpersönlichkeiten des Jahres gewählt hat. Nun hat Osaka selbst zur Federer gegriffen. Und in einem Essay für die New York Times ihr soziales Engagement erklärt.
Osaka - "LeBron hat die größte Plattform"
Als eine große Inspiration beschreibt Naomi Osaka in ihrem Beitrag Basketball-Star LeBron James. „LeBron, der Aktivist, hat meine Aufmerksamkeit erstmals 2012 erregt“, so Osaka. „Er und seine Teamkameraden bei den Miami Heat haben Bilder gepostet, in denen sie Kapuzenpullis trugen, um gegen den Mord an Trayvon Martin zu protestieren.“ Zwei Jahre später war es wieder James, der mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „I can´t breathe“ an den durch Polizisten verursachten gewaltsamen Tod von Eric Garner erinnerte.
„LeBron hat die gewichtigste Stimme und die größte Plattform“, nimmt Osaka auf die aktuelle Situation Bezug. „Und er hat diese immer schon benutzt, um gegen systematischen Rassismus, Ungleichheit und Polizeigewalt zu protestieren. Währenddessen seine sportliche Leistung im Angesicht von ungekannten Protesten, einer weltweiten Pandemie und schweren persönlichen Verlusten, wie dem tragischen Tod unseres gemeinsamen Freundes Kobe Bryant, weiterhin brillant war.“
Osaka ist sich ihrer privilegierten Position sehr wohl bewusst. Aber: „Wenn wir nicht unseren Sport betreiben, leben wir im selben Land wie alle anderen auch. Und wie viele Athleten heutzutage bezeugen können, bedeutet das, dass wir derselben Ungerechtigkeit und Ungleichheit ausgesetzt sind, die zu den Morden an Leuten geführt haben, die wie wir aussehen. Die aber nicht wie wir durch unseren Ruhm, unsere Kontakte und unser unterstützendes System geschützt werden.“
Sie jedenfalls werde ihre Stimme weiterhin erheben. „Der Sport war nie unpolitisch. Und solange er von Menschen betrieben wird, wird er das auch nicht werden.“