Onkel Toni über Training mit Rafael Nadal: "Habe ihn oft mit schlechten Bällen trainieren lassen"
Toni Nadal, Onkel und Langzeitcoach von Rafael Nadal, spricht über seine harten Trainingsmethoden.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
07.06.2020, 14:35 Uhr
Toni Nadal und sein Tennistraining mit seinem jungen Neffen - es war wohl oft kein Vergnügen für den guten Rafael Nadal. Oft habe er die Plätze der gesamten Gruppe abziehen müssen, meist in der Sonne spielen, so die Geschichten, die der Onkel immer gern erzählt. Alles, um "Rafa" abzuhärten - und ihm bloß nicht den Eindruck zu vermitteln, er sei etwas Besonderes.
In einem sehr lesenwerten Interview mit dem Schweizer Blick hat Toni Nadal nun wieder ein paar alte Geschichten ausgegraben. Er habe Nadal oft mit schlechten Bällen und auf schlechten Plätzen trainieren lassen, die Trainings von 90 Minuten immer und immer wieder kommentarlos verlängert, um seinem Neffen beizubringen, durchzuhalten. Und in den Spielen über 20 Punkte? "Meist ließ ich Rafael bis zum Matchball führen, um dann doch noch zu gewinnen."
Rafa Nadal sei jedoch der beste Schüler gewesen, den man sich vorstellen kann. Immer sehr lernwillig. Seine Härte und Strenge habe nie Methode sein sollen, nur ein Mittel. "Mit der Zeit wurden meine hohen Anforderungen zu seinen eigenen. Das ist der Optimal-Fall. Denn ein Spieler soll die Dinge tun, weil ich ihn überzeuge. Nicht, weil ich es verlange."
Toni Nadal: "Richtig dumm ist es, sich selber zu belügen"
Entscheidend sei, dass ein Kind ein Champion werden und lernen wolle. "Das Problem ist, dass viele Leute heutzutage die Beharrlichkeit nicht aufbringen, die es dafür braucht. Sie sind zu schnell frustriert, wenn ihnen die Dinge nicht gut gelingen. Und viele sind nicht bereit, ihre Gewohnheiten zu ändern und die Dinge möglichst in hoher Qualität zu erledigen."
Er habe seinem Neffen einst vorgehalten, was Roger Federer alles besser könne, vor einem der ersten Matches gegen den Schweizer. "Es hätte ja nichts gebracht, ihm etwas vorzumachen. Denn spätestens auf dem Platz begegnet er der Realität. Besser, wenn er sie vorher kennt. Im Leben ist es generell nicht klug, andere zu belügen. Weil man fast nie damit durchkommt. Und richtig dumm ist es, sich selber zu belügen. Klüger ist es, darüber nachzudenken, wie man eben doch gewinnen kann. Rafael gewann übrigens in vier Sätzen. Weil sein Wille und Einsatz überragend waren und er jeden Punkt so gespielt hat, als wäre es der letzte."
"Wer im Tennis einen Schlag verbessern möchte, muss ihn tausendfach üben"
Ein gutes Gespür sei aber wichtig, warnte Toni. Wenn es nicht gut gelaufen sei oder Rafael an sich gezweifelt habe, habe er ihn motiviert und aufgebaut. Wenn hingegen alles passte, habe er ihn zu noch mehr Arbeit aufgefordert, um sich weiter zu verbessern. Man lebe aktuell in einer Welt, in der die Menschen in erster Linie Spaß und eine gute Zeit haben möchten. "Sogar die Trainings sollen lustig sein und unterhalten. Aber das Leben besteht nicht nur aus Spaß und Unterhaltung. Wer im Tennis einen Schlag verbessern möchte, muss ihn tausendfach üben. Das kann brutal monoton sein. Wer ständig einen Glücks-Input oder Lob braucht, verbessert sich kaum."
Einen Trick hat Toni Nadal jedoch auch noch angewandt, und zwar nach Nadals erstem Sieg in Roland Garros 2005. "Ich habe Rafael damals die Namen aller spanischen Spieler aufgezählt, die in ihrer Karriere nur einen Grand Slam gewonnen hatten. Und ihn gefragt, ob er einer von jenen sein oder mehr erreichen will." Die Folge: Bislang zwölf Titel bei den French Open. Und ein Ende scheint noch nicht in Sicht.
Das gesamte Blick-Interview lest ihr hier!