Präsident Dietloff von Arnim: "Der DTB hat aktuell für mich absolute Priorität"

Die Würfel bzgl. der Davis-Cup-Auslosung für die Qualifikations-Runden sind im ITF-Hauptquartier in London gefallen. Im exklusiven tennisnet-Interview nimmt DTB-Präsident Dietloff von Arnim unter anderem Stellung zum kommenden Gegner des DTB-Teams, dem aktualisierten Modus, der Ausrichtung der Finalturniere und einer erneuten Kandidatur als ITF-Präsident.

von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet: 08.12.2024, 10:28 Uhr

Jürgen Hasenkopf
© Jürgen Hasenkopf
Dietloff von Armin ist neben seiner Tätigkeit als DTB-Präsident auch im Board of Directors der ITF.

tennisnet: Herr von Arnim, die Auslosung in London hat dem deutschen Team ein Auswärtsspiel gegen Israel beschert. Wie ist ihre Einschätzung dazu?

Dietloff von Arnim: Wir hätten uns natürlich mehr über eine Begegnung zuhause gefreut, denn wir hatten bereits in den letzten beiden Jahren kein Heimspiel. Der Davis Cup ist ja auch dazu da, Tennis im eigenen Land zu bewerben. Sportlich gesehen ist Israel natürlich eine machbare Aufgabe, da hätte es wesentlich schwierigere Lose gegeben. Spannend wird zu sehen sein, ob wir überhaupt nach Israel reisen werden bzw. wo letztlich in knapp acht Wochen gespielt wird. Diese Entscheidung liegt bei der ITF.

tennisnet: Das Final-8-Turnier des Davis Cups wurde für die nächsten drei Jahre nach Italien vergeben. Gab es da eine realistische Chance, dass sich Deutschland auch um eine Austragung bewerben konnte?

von Arnim: In Deutschland gibt es diesbezüglich keine richtige Option, da wir hier im Land nicht über die notwendige Unterstützung verfügen. Es ist kein Wunder, dass hier kein Formel 1-Rennen mehr stattfindet, dass wir hier keinen Ryder-Cup hatten bzw. haben werden. Der internationale Sport-Zirkus schaut auf die finanziellen Ausstattungsmöglichkeiten, was im Tennis-Bereich nur bei den Grand-Slam-Nationen und ein paar einzelnen Ländern gegeben ist. Natürlich haben wir immer ein Interesse, ein Event wie das Davis-Cup-Finalturnier auszurichten, aber aktuell ist das einfach nicht realistisch.

tennisnet: Beim Davis Cup gab es in Sachen Modus durch die Hinzunahme eines weiteren Heim-/Auswärtsspiels eine leichte Rolle rückwärts. Verspüren Sie da etwas Genugtuung, da der DTB von Anfang an gegen die Umstellung mit der Einführung der Gruppenphase war?

von Arnim: Ich will nicht sagen Genugtuung. Es waren sich alle Nationen im Vorfeld einig, dass man den Modus des Davis Cups überdenken musste, was schließlich auch gemacht wurde. Wir waren aber strikt gegen das damalige neue Modell, da wir davon überzeugt waren, dass es so nicht funktionieren wird. Es ist ein Trugschluss, wenn man glaubt, dass man sich die Tennisszene mit viel Geld erkaufen kann. Ein gutes Beispiel aus der Vergangenheit hierzu war der Compaq-Grand-Slam-Cup in München vor knapp 30 Jahren, wo man auch im Vorfeld schon ahnen konnte, dass dieser nicht lange fliegen wird und bald wieder eingestampft wurde. Gerade am Beispiel einer Tennisnation wie Tschechien zeigt sich die große Bedeutung zur Austragung eines weiteren Heim-/Auswärtsspiels im Davis Cup. Dort gibt es kein ATP-Turnier, wodurch die eigenen Spieler sonst keine Möglichkeit haben, sich auf höchstem Niveau vor heimischem Publikum zu präsentieren. Es ist somit nicht nur die Aufgabe des Davis Cups, finanziell erfolgreich zu sein, sondern auch Tennis in allen Ländern zu promoten. Ich habe zwar das Gefühl, dass wir in Sachen Modus noch nicht am Ende angelangt sind, aber ich sehe uns diesbezüglich auf dem richtigen Weg.

tennisnet: Wie hat sich der Veranstaltungsbereich nach dem Ausscheiden von Kosmos entwickelt?

von Arnim: Mit dem Wegfall von Kosmos hat die ITF die Ausrichtung wieder selbst übernommen und mit Tennium eine durchführende Agentur engagiert, die sich um Ticketing, VIP-Bereiche und sonstige organisatorische Dinge gekümmert hat. Bei den kommenden Final-Turnieren wird der italienische Verband selbst die sogenannten „Operations“ übernehmen. Wir werden uns aber über den Davis Cup noch viele Gedanken machen müssen, insbesondere auch um die Terminierung.

tennisnet: Von Kosmos wurden damals große Summen versprochen. Wurden diese während der gemeinsamen Zeit eingehalten bzw. ist das Geld auch bei den Verbänden angekommen?

von Arnim: Das Geld ist zum großen Teil, was die Spieler natürlich begrüßt haben, als Preisgeld ausgelobt worden. Deshalb haben diese daran gearbeitet, dass dem so zugestimmt wurde. Zum Schluss hat die Zusammenarbeit zwischen der ITF und Kosmos gerade wegen der nicht zu erfüllenden Versprechen, wo ja Milliarden-Summen im Raum standen, nicht mehr hingehauen, weshalb der Vertrag schon 28 Jahre vor Ende der Laufzeit seitens der ITF beendet wurde.

tennisnet: Wie sieht innerhalb der ITF die Machtverteilung zwischen dem „Board of Directors“, dem sie ja angehören, und dem Präsidenten aus. Bzw. wer hat, um auf den Modus des Davis Cup zurückzukommen, diesbezüglich das letzte Wort?

von Arnim: Zum Schluss sind es viele, die in eine solche Entscheidung involviert sind. Ich würde mir wünschen, dass wir zu dem Punkt kommen, dass nicht eine knappe Abstimmung ein Ergebnis hervorbringt, sondern eine breite Überzeugung bei den Mitgliedern vorherrscht, den richtigen Modus gefunden zu haben. Ob das aktuelle Format mit dem Final-8-Turnier, eventuell auch ein Final-4, oder auch wieder ein Heim-Auswärtsspiel wie früher der richtige Weg ist, muss sich in Zukunft erst noch finden. Das kann die ITF nicht alleine entscheiden, sondern muss zusammen mit der ATP und WTA abgestimmt werden, denn nur dann wird man im Kalender eine ideale Terminierung hinbekommen. Da wird noch viel Arbeit auf die ITF zukommen, wobei die erste Aufgabe hierfür beim Präsidenten und dem CEO liegt und das Board dann die zustimmende Funktion hat.

tennisnet: Im Vorjahr hatten Sie sich für das Amt des ITF-Präsidenten zur Wahl gestellt, wo Sie dem damaligen Amtsinhaber David Haggerty unterlegen waren. Können Sie sich eine erneute Kandidatur vorstellen?

von Arnim: Ich werde das öfters gefragt, aber drei Jahre vor den Neuwahlen weiß ich es ehrlich gesagt selbst noch nicht, ob ich das noch einmal machen würde. Im Augenblick fühle ich mich in meiner Rolle beim Deutschen Tennis Bund sehr wohl. Wir haben gerade das neue Leistungssport-Konzept vorgestellt und wollen den DTB damit auf einen besseren Weg bringen. Bzgl. der ITF fragen sie mich am besten in eineinhalb bis zwei Jahren, dann kann ich Ihnen eher sagen, ob ich das Thema noch einmal angehen werden.

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei den anstehenden Aufgaben.

von Dietmar Kaspar

Sonntag
08.12.2024, 09:57 Uhr
zuletzt bearbeitet: 08.12.2024, 10:28 Uhr