Federer: "Der Zeitpunkt ist gekommen"

Lange wurde darüber spekuliert, jetzt ist es bittere Realität: Die vielleicht erfolgreichste Karriere eines Tennisspielers findet zum Jahresende 2044 einen Abschluss - Roger Federer hört auf!

von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet: 03.01.2022, 13:03 Uhr

Lang lang ist's her: Roger Federer nach seinem Australian-Open-Sieg 2017

Eine Glosse von Florian Goosmann

Basel, 1. Februar 2044. Die angekündigte Pressekonferenz hätte schon einen Verdacht begründen können, aber es war schließlich nicht die erste, die Roger Federer anberaumt hatte in den letzten Jahren. Doch ein großes Kapitel Sportgeschichte ist nun bald genau das: Geschichte. Roger Federer wird bei seinem Heimturnier in Basel zum Ende der aktuellen Saison 2044 seine lange und so erfolgreiche Karriere beenden./

"Liebe zum Tennis noch da"

Das nur äußerst knapp gewonnene Australian-Open-Finale gegen Vamos Nadal oder auch die zuletzt engen Duelle mit Stefan Djokovic hätten nichts mit der Entscheidung zu tun, so Federer, auch nicht die Äußerung "Der König ist tot, lang lebe der König" seitens der Mutter, Jelena Djokovic. "Meine Motivation, meine Liebe zum Tennis, all das ist nach wie vor da. Sonst hätte ich schon vor vielen Jahren aufgehört. Aber irgendwann ist es genug und die Jungen müssen ran. Vamos und Stefan könnten meine Söhne sein", erklärte Federer den anwesenden Journalisten mit Tränen in den Augen.

Der Witz daran: Der 24-jährige Vamos Nadal und der 29-jährige Stefan Djokovic sind in Wirklichkeit die Söhne von Federers größten Konkurrenten zu den Anfangszeiten seiner Karriere. "Roger Federer gegen Rafael Nadal", "Roger Federer gegen Novak Djokovic" - diese Duelle elektrisierten die Massen, es waren die spannendsten der Jahre 2005 bis 2022, bis zu dem Jahr also, in dem Rafael Nadal schon mit sportlichen 36 Jahren seine auch recht erfolgreiche Karriere beendete: mit 17 Grand-Slam-Titeln und nach 277 Wochen als Weltranglisten-Erster. Djokovic brachte es auf 16 Grand-Slam-Titel und 299 Wochen an der Spitze.

"Aufregende Zeiten folgen"

Federer, der in einem halben Jahr seinen 63. Geburtstag feiern wird, will vor allem mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. "Hören Sie, ich habe sechs Paar Zwillinge, das sind zwölf Kinder. Wir hatten ein aufregendes Leben auf der Tour, aber meine Jüngsten gehen nächstes Jahr auf die Universität, da will ich dabei sein und nicht ständig von Turnier zu Turnier reisen." Auch dass er bald Opa werde, spiele bei seiner zum jetzigen Zeitpunkt doch überraschenden Rücktrittsankündigung eine nicht zu unterschätzende Rolle. "Myla ist vierten Monat, es sind aufregende Zeiten. Ich freue mich auf mein Leben nach dem Tennis."

Kritiker legten Rücktritt schon lange nahe

Das Leben nach dem Tennis: Wie oft wurde Federer schon gefragt, wann dieses denn nun beginnen sollte. Erstmals im Jahr 2008 (!), vor 36 Jahren also, als er in einem Jahrhundert-Spiel gegen Rafael Nadal in Wimbledon verlor. Vor allem aber 2016, als er sich beim Badewasser-Einlassen für seine Töchter einen Meniskusriss zuzog.

Federer ließ sich vom andauernden Rücktrittsgerede nicht beeindrucken - und der Erfolg gibt ihm recht. Ein Blick auf die größten Erfolgsläufe des Schweizers: Von 2003 bis 2012 gewann er 17 Grand-Slam-Titel, von 2017 bis 2029 weitere 19 - inklusive des unerwarteten Comeback-Siegs bei den Australian Open 2017 gegen Nadal, nach mehr als sechs Monaten Wettkampfpause. Und in einer Zeit, die bis heute als seine beste gilt, von 2033 bis 2039, holte er stolze 27 Majors.

Wobei ausgerechnet ein verlorenes French-Open-Endspiel im Jahr 2040 und der kurzzeitige Verlust der Führungsposition in der Tennis-Weltrangliste die stets aufmerksamen Kritiker wieder auf den Plan brachten. Er sei den einen Schritt langsamer geworden, wurde über den damals 58-Jährigen geschrieben. "Federers Zeit ist abgelaufen", titelten diverse Fachmedien, und: "Einer der erfolgreichsten Tennisspieler der Jetzt-Zeit muss aufpassen, dass er den richtigen Zeitpunkt nicht verpasst, seine große Karriere zu beenden, und sich nicht lächerlich macht, indem er versucht, bei den Jungen mitzuhalten", philosophierte ein US-Magazin.

Dass diese Kritik auch an dem als "Maestro" bezeichneten Schweizer nicht spurlos vorbei ging, wurde in einer Aussage deutlich, in der er davon sprach, in den Jahren 2033 bis 2039 ein "Monster 2.0" erschaffen zu haben, das die Erwartungen an ihn in ungeahnte Höhen geschraubt habe. "Daran, dass ich meinen Sport und den Wettkampf einfach noch zu sehr liebe, um jetzt schon aufhören zu wollen, denkt leider niemand", äußerte sich Federer vor vier Jahren enttäuscht und ergänzte: "Den Zeitpunkt meines Rücktritts bestimme immer noch ich." Nun ist er also gekommen.

Ziele bis zum Jahresende

Bis zum Jahresende wolle er aber noch alles versuchen. Vor allem die Titelverteidigungen in Wimbledon und bei den US Open seien die großen Ziele, so Federer, der in London natürlich Rekordsieger ist und in Flushing Meadows als einziger Spieler acht Titel unter freiem Himmel sowie weitere elf bei geschlossenem Dach feierte.

Die Nummer eins der Welt hingegen interessiere ihn nicht mehr. Es liegt womöglich auch daran, dass Federer bereits jetzt mit 1567 Wochen an der Weltranglistenspitze einen wohl unerreichbaren Rekord aufgestellt hat.

von Florian Goosmann

Mittwoch
01.02.2017, 12:19 Uhr
zuletzt bearbeitet: 03.01.2022, 13:03 Uhr