Rollstuhl-Ass Nico Langmann: „Paris war mein emotionales Highlight“
Nico Langmann ist nach einer längeren Verletzungspause wieder zurück auf der Tour der Rollstuhl-Tennisspieler. Und hat sich beim Turnier in München Zeit für ein Gespräch mit Tennisnet genommen.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
18.04.2025, 19:47 Uhr

Tennisnet: Herr Langmann. Fangen wir mit den Paralympischen Spielen 2024 an. Wenn man Ihnen in den sozialen Medien folgt, könnte man darauf schließen, dass es insgesamt ein Highlight Ihrer Karriere war.
Nico Langmann: Also gut: Ich habe ein Match gewonnen dort. Und trotzdem war es großartig mit dem ganzen Drumherum. In diesem altehrwürdigen Stadion. Es war mein persönliches, mein emotionales, mein sportliches Highlight. Paralympische Spiele sind per se einmal schon unglaublich groß und wahrscheinlich das größte, wo man dabei sein will. Dann ist das auch zum ersten Mal für mich in Europa gewesen. Das heißt, es konnten auch sehr viele Freunde, Verwandte, Familienmitglieder mitkommen. Plötzlich waren da 40 Leute, die alle ihr T-Shirt getragen haben mit „Team Nico“ und dann hast du da die erste Runde mit zwei Regenunterbrechungen und voll viel Fight und drittem Satz - und dann biegst du das irgendwie drüber. Also so viele positive Emotionen habe ich, glaube ich, noch nie gespürt. Und dann auch noch in Roland-Garros. Also es gibt so viele Aspekte, die da zusammengekommen sind. Mein kleines Märchen war das, und ich habe nie gedacht, dass ich einmal Teil von so einer coolen Geschichte sein darf.

Tennisnet: Und damit sind wir jetzt wieder auch dort, worüber wir seit Jahren sprechen. Das ist dann eben Ihr Auftritt bei einem regulären Grand Slam-Turnier. Es gab einen Verletzungsrückschlag, aber ist das immer noch jetzt für dich sportlich gesehen das große Ziel?
Langmann: Ja, absolut. Also auch durch Paris vielleicht nochmal befeuert, weil ich eben in Roland-Garros erstmals die Anlage erleben durfte. Und ich habe auch alle anderen Anlagen noch nie gesehen. Auch so ein bisschen mit dem Hintergedanken: Wenn ich dort hinfahre, will ich es mir verdient haben. Also nicht nur als Zuseher. Und das ist absolut das Ziel. Das ist das, was mir Energie gibt, was mir Motivation gibt und was ich einfach unbedingt erreichen will.
Tennisnet: Zu Ihrer Verletzung. Sie wurden am Ellbogen operiert. Wie geht es Ihnen jetzt?
Langmann: Das größte Problem war Gott sei Dank die Verletzung selbst. Ich habe mir nicht den Arm gebrochen, sondern es war mehr oder weniger eine bewusste Entscheidung dazu, die Knochensplitter im Ellbogen entfernen zu lassen. Es war immer so, wenn ich wirklich Vollgas gegeben habe, einen ganzen Tag lang, war der Ellbogen nach zwei solchen vollen Trainingstagen, dass er gesagt hat, Nico, du brauchst wieder eine Pause, weil es leider nicht ging. Und das haben wir jetzt, glaube ich, behoben.
Nico Langmann: “Alfie Hewitt kann mehr kreieren als andere Leute”
Tennisnet: Wie sieht das Comeback aus?
Langmann: Jetzt ist die erste Woche wieder Back-on-Tour. Jetzt habe ich fünf Tage in Folge Matches gespielt, was ich davor auch schon lange nicht mehr gemacht habe. Ich merke schon, muskulär muss man noch ein bisschen Aufbauarbeit leisten, aber es ist ja auch cool.
Tennisnet: Haben wir das richtig gesehen: Sie spielen mit einem neuen Schläger. Wilson statt Babolat?
Langmann: Das stimmt, aber ich bin im Moment vertragslos und noch am Testen. Ich habe mich in Wien noch vor der OP mit Mischa Zverev unterhalten. Der gemeint hat, dass Novak Djokovic eine ganz ähnliche Verletzung im Ellbogen hatte. Und der dann auch mit dem Material getestet hat. Und auf der einen Seite finde ich, wenn Djokovic die Verletzung hatte, habe ich davor schon sehr vieles richtig gemacht. Und andererseits will ich mir jetzt auch die Zeit nehmen, genau zu finden, was meinem Spiel am meisten bringt.
Tennisnet: Die Nummer eins nicht nur hier in München, sondern weltweit ist Alfie Hewitt. Was zeichnet ihn aus?
Langmann: Der Alfie hat wahrscheinlich im gleichen Jahr mit mir begonnen, ist also auch mein Jahrgang, und wir haben gemeinsam auf der Junior-Tour gespielt. Er war immer Nummer eins, ich war immer Nummer zwei. Das heißt, ich habe ihn jetzt schon lange begleiten dürfen. Alfie zeichnet eine Ruhe, eine Professionalität aus, die er an den Tag legt. Und auf der anderen Seite einfach eine, so wie jeder Spieler natürlich, Hingabe zu unserem Sport. Ich glaube, das, was ihn jetzt noch besonders hervor hebt, ist seine Schnelligkeit, also einfach die Schnellkraft, die er sowohl in Schlägen als auch in der Bewegung im Rollstuhl hat, die Platzierung. Ja, es ist so, dass er einfach mehr kreieren kann als andere Leute am Platz
Tennisnet: Uns ist aufgefallen, dass Sie doch auch abseits des Sports eine gute Präsenz in den Medien haben.
Langmann: Ich muss diese ein bisschen generieren. Und jetzt sind wir eh schon in der Sportwelt drinnen. Im Rollstuhltennis vom Preisgeld zu leben ist ganz, ganz schwierig. Ich bin mittlerweile 28 Jahre alt und nicht so stark, dass ich nur von Luft und Liebe leben kann. Und deswegen muss man, finde ich, vor allem als Behindertensportler, wo man doch Randgruppen-Sport betreibt, Geschichten erzählen können und sich, ja, relevant machen. Das klingt jetzt irgendwie aufmerksamkeitsheischend, aber ich versuche es auf eine positive Art und Weise auch zu nutzen, weil natürlich auch das Thema Menschen mit Behinderung mittransportiert wird. Und ich glaube per se ist es nicht schlecht als Menschen mit Behinderung im Fernsehen zu sein, weil man eine gewisse Botschafterrolle einnimmt.