Ruud-Physio Alex Stober: „Es ist wahnsinnig schwer, Tschüss zu sagen“
Casper Ruud spielt heute Abend gegen Andrey Rublev um einen Platz im Halbfinale der ATP Finals in Turin. In der Box des Norwegers sitzt seit einem Jahr Physiotherapeut Alex Stober. Wir haben mit ihm gesprochen.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
15.11.2024, 12:13 Uhr
Tennisnet: Herr Stober. Wir sitzen hier in Turin, Sie waren auch mit Dominic Thiem in London bei den ATP Finals. Welche Austragungsorte haben Sie darüber hinaus als Physiotherapeut begleitet?
Alex Stober: Angefangen hat es für mich in Frankfurt, damals noch als Physio für die ATP. Danach Hannover und Lissabon ebenfalls. Das Finale war dort ja Gustavo Kuerten gegen Pete Sampras. Guga hat das gewonnen. Mit Rainer Schüttler war ich dann 2004 in Houston, wo Rainer auch um das Halbfinale gespielt hat. Wenn ich mich richtig erinnere, hat er damals gegen Agassi zum Match serviert - und noch verloren. Dann noch einige Male mit Dominic in London und jetzt eben mit Casper Ruud im wunderschönen Turin.
Tennisnet: Was gefällt Ihnen hier so gut?
Stober: Die Stadt ist wesentlich geschrumpft hier, nachdem Fiat weitergezogen ist.Früher waren es mehr als eine Million Einwohner, jetzt sind es deutlich weniger als eine Million. Dennoch: die Stadt hat sehr viel Charme, die Leute sind sehr nett. Mir gefällt es richtig gut.
Tennisnet: Gerade in dieser Phase der Saison klagen die Profis immer über den zu langen Turnierkalender, Verletzungen, etc. Hatten Sie in Ihrer Laufbahn eine Siegerin oder einen Spieler, die oder der wirklich ohne Verletzung oder Krankheit über ein gesamtes Tennisjahr gekommen ist?
Stober: Ohne jetzt arrogant zu werden: Ich hatte einige Saisons mit Li Na, die auf kein Turnier verzichten musste.
Tennisnet: Jetzt gibt es mit Qinwen Zheng wieder eine Chinesin, die ganz vorne in der Weltspitze mitspielt. Worauf muss sich die Olympiasiegerin einstellen?
Stober: Zunächst einmal freut es mich, dass es jetzt jemanden gibt, der in die Fußstapfen von Li Na getreten ist. Das ist gut zu sehen für das ganze Land China. Zheng scheint eine harte Arbeiterin zu sein, wird gut betreut.
Tennisnet: Und auch bei den Männern tut sich in China ja was …
Stober: Jetzt sieht man endlich, das die Arbeit der ganzen westlichen Coaches Früchte trägt. Es sind viele Trainer dort gewesen. Andererseits trainieren die Spieler selbst ja auch im Ausland, etwa in Spanien.
Tennisnet: Eine der größeren Veränderungen der letzten Jahre war die Erweiterung einiger Masters-1000-Turniere auf zehn bis zwölf Tage. Wie beeinflusst das die Fitness-Arbeit mit den Spielern während einer Saison?
Stober: Grundsätzlich gehen da die Meinungen auseinander. Ich glaube, dass die Spieler im Großen und Ganzen aber damit nicht so glücklich sind. Außer diejenigen, die bei den Turnieren weit kommen. Diejenigen, die früh ausscheiden, müssen natürlich erst einmal schauen, was sie in den kommenden zehn Tagen jetzt anstellen. Das ist übrigens auch eine Kostenfrage, wenn die Spieler mit ihren Familien unterwegs sind. Ich hatte eigentlich das Gefühl, dass die 1000er mit nur einer Turnierwoche ganz gut funktioniert haben.
Tennisnet: Carlos Alcaraz hat vor ein paar Wochen mal angemerkt, dass das Antreten bei einem Schaukampf die Spieler ja nicht weiter belastet, weil man da ja nicht den Stress habe, der mit einem ATP-Turnier einhergehe. Würden Sie da zustimmen?
Stober: Schaukämpfe bedeuten immer: viel Geld. Körperlich ist es dennoch eine Belastung. Du musst Dich vorbereiten, musst trainieren, Dich behandeln lassen, wieder aufwärmen. Mit Erholung hat das nichts zu tun.
Tennisnet: Zum Ende des Jahres gibt es nun auch noch den letzten Abschied von Rafael Nadal. Ihre Gedanken dazu?
Stober: Rafa liebt den Sport nach wie vor und hat Probleme damit, den letzten Schritt zu setzen. Ich verstehe das auch. Mich freut es, dass er in Málaga dabei ist. Dass er im Einzel zum Einsatz kommt, glaube ich nicht. Ich glaube, dass alle in seinem Team froh sind, dass nun eine Entscheidung gefallen ist. Der Körper sagt einem ja, wenn es vorbei ist. Es ist so wahnsinnig schwierig, dem Ganzen endgültig „Tschüss“ zu sagen.