Stefan Edberg: „Roger Federer hat wieder bei null angefangen“
Stefan Edberg hat sich in einem Interview über die Zusammenarbeit mit Roger Federer geäußert. Der Schwede gab zu, nur für den 20-fachen Grand-Slam-Sieger ins Trainergeschäft eingestiegen zu sein und erlaubte exakte Einblicke in die Arbeit mit der ehemaligen Nummer eins.
von Lukas Zahrer
zuletzt bearbeitet:
19.02.2019, 16:04 Uhr
„Nie im Leben hätte ich es für möglich gehalten, überhaupt ins Trainergeschäft einzusteigen“, sagte Edberg im Interview mit Socrates. „Roger Federer war es, der mir diese tolle Möglichkeit gab. Ich glaube nicht, dass ich es für einen anderen Spieler gemacht hätte.“
Im Dezember 2013 überraschte Federer die Tenniswelt, indem er Edberg als „Supercoach“ in seinem Trainerteam um Severin Lüthi installierte. Damit eiferte er etwa Andy Murray nach, der sich zuvor den Rat von Ivan Lendl einholte. Einige weitere Top-Spieler folgten: Kei Nishikori setzt bis heute auf die Expertise von Michael Chang, Goran Ivanisevic unterstützt Milos Raonic und arbeitete mit Marin Cilic zusammen.
Edberg: „Federer hätte heute keine Chance mehr“
Edberg selbst freut sich über „zwei wunderbare Jahre“ mit Federer, in denen er „alle Punkte“ abarbeitete, die er sich mit dem Schweizer zu Beginn der Kooperation zum Ziel setzte. „Er hatte den Mut, radikale Entscheidungen zu treffen. Irgendwie hat er wieder bei null angefangen“, erklärte Edberg, dessen charakteristische Aufschlagbewegung als Inspiration für das alte Logo der Australian Open diente.
Konkret nennt der 53-Jährige Federers Schlägerwechsel als „wichtigste Änderung“. Mit einer größeren Schlägerfläche holte Federer nach einer Durststrecke von fünf Jahren drei weitere Grand-Slam-Titel: Wimbledon 2017 und die Australian Open 2017 und 2018. „Mit dem alten Modell hätte er heute gar keine Chance mehr, mit den Besten mitzuhalten“, ist sich Edberg sicher. „Schritt für Schritt kam der Spaß am Tennis zurück. Nach wenigen Wochen spielte er befreiter und mit einer großen Portion Selbstvertrauen.“
Federer hatte bereits vor Edbergs Engagement eine klare Vorstellung davon, wie sich sein Tennis weiterentwickeln solle. „Er wollte wieder offensiver agieren, unberechenbarer sein und öfter ans Netz kommen“, sagte Edberg, denn Federer wusste, dass Djokovic, Rafael Nadal und Andy Murray von der Grundlinie immer schwerer zu bezwingen waren.
Stefan Edberg: Federers einziges Problem? Novak Djokovic
„Im Tennis ist es so: Je älter man wird, desto größer ist der Bedarf, das Match zu kontrollieren. Was so faszinierend an Roger ist: Er will sich immer weiter verbessern, er lässt nie nach, er motiviert sich immer neu. Das ist der Hauptgrund, warum er heute immer noch konkurrenzfähig ist. Einfach unfassbar, dass er nach 20 Jahren immer noch ganz oben ist“, zeigte sich Edberg beeindruckt.
Ein einziger Spieler sei jedoch verantwortlich, dass Federer weitere große Triumphe feierte. „Sein einziges Problem hieß Novak Djokovic, der zu dieser Zeit ein unglaubliches Hoch hatte. Ohne ihn hätte Roger wohl zwei oder drei Grand-Slam-Titel mehr gewonnen“, sagte Edberg.
Zwischen Sommer 2015 und Sommer 2016 holte sich der Serbe alle vier Major-Titel, nur Rod Laver und Don Budge schafften es in der Geschichte des Herren-Tennis zuvor, alle vier Trophäen gleichzeitig zu halten.