Ein Matchball für die Ewigkeit: Steffi Graf und der Golden Slam
Am 1. Oktober 1988 setzte Steffi Graf einen Meilenstein für die Ewigkeit. Ihr Sieg gegen Gabriela Sabatini im Olympiafinale von Seoul war die Geburtsstunde des Golden Slam. Der besondere Moment feiert am Montag sein 30-jähriges Jubiläum.
von SID/tennisnet
zuletzt bearbeitet:
28.09.2018, 16:10 Uhr
Auf dem Weg zum ewigen Ruhm geschah Ungeheuerliches. Steffi Graf gab einen Satz ab. Tatsächlich musste sie im Viertelfinale des olympischen Turniers 1988 in Seoul gegen Larissa Sawtschenko über die volle Distanz. Das war ihr bei den vier Grand-Slam-Turnieren jenes bedeutungsschweren Jahres nur zweimal passiert: Im Finale von Wimbledon gegen Martina Navratilova und im Endspiel der US Open gegen Gabriela Sabatini.
Jene Gabriela Sabatini, der Steffi Graf am 1. Oktober 1988 im olympischen "Gold Medal Match" erneut gegenüberstand. Den Grand Slam hatte die gerade mal 19-jährige Deutsche da schon in der Tasche, mit einer fast beängstigenden Dominanz hatte Graf in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York gewonnen. Nun also sollte der goldene Schlusspunkt folgen, und sie setzte ihn.
Das 6:3, 6:3 gegen Sabatini markierte den sagenhaften "Golden Slam".
Rittner: "Ich bezweifle stark, dass das noch mal jemand schaffen wird"
Grafs Weggefährtinnen von damals erinnern sich auch 30 Jahre später haargenau an dieses Ereignis, an eine Spielerin, die ihren Sport mit einer nie gekannten Souveränität beherrschte. Claudia Kohde-Kilsch, einst die Nummer vier der Welt, spricht von einer "Jahrhundertleistung", die langjährige Bundestrainerin Barbara Rittner geht sogar noch einen Schritt weiter: "Ich bezweifle stark, dass das noch mal jemand schaffen wird. Der Golden Slam zeigt auch nach all den Jahren, was für eine besondere Spielerin Steffi war."
Als diese besondere Spielerin vor 30 Jahren auf dem Flughafen Incheon in Seoul landete, wurde sie von einer unübersehbaren Schar von Medienvertretern und Fans empfangen. Eine echte Prüfung für eine wie Steffi Graf, die jede Gelegenheit nutzte, um sich aus dem öffentlichen Scheinwerferlicht zu stehlen. Pressekonferenzen, Ehrungen, Empfänge, all das war der jungen Frau ein Greuel, und so eilte sie auch in Seoul schnellen Schrittes durch das Terminal, den Kopf gesenkt, die langen blonden Haare als schützenden Vorhang vor dem Gesicht.
Im Seoul-Finale gegen Sabatini wirbelte Graf über den Court
Ebenso schnellen Schrittes eilte sie durch das Turnier, sieht man mal von besagtem Satzverlust gegen Larissa Sawtschenko ab. Gabriela Sabatini, immerhin damals eine der besten Spielerinnen der Welt, war im Finale vollkommen chancenlos. Wie ein Wirbelwind fegte Graf über den Platz, die Pausen schienen ihr viel zu lange zu dauern, Sabatini erstarrte förmlich vor der unglaublichen Wucht ihrer Gegnerin. Heute findet die Argentinierin nur lobende Worte über die Konkurrentin von einst. "Herausragend" sei Graf, als Athletin und als Mensch: "Es war für mich eine Ehre und ein Privileg, gemeinsam mit ihr auf der Tour aktiv zu sein."
Am Ende jenes sagenhaften Tennisjahres blickte Steffi Graf auf eine Bilanz von 72:3 im Einzel zurück. Aber nicht der Golden Slam, jener Moment, als sie endgültig unsterblich wurde, kommt ihr in den Sinn, wenn sie an 1988 zurückdenkt. Noch größer für sie war der Wimbledonsieg gegen Martina Navratilova, als sie 5:7, 0:2 hinten lag und das Match noch drehte. "Das war irre", hat sie selbst mal gesagt, obwohl das so ganz und gar nicht nach ihr klang.
Kerber über Steffi: "Eine große Inspiration für mich"
Heute verfolgt Steffi Graf den Sport, der sie zu einem Weltstar wider Willen machte, als distanzierte Beobachterin. Mit ihrem Ehemann Andre Agassi und den Kindern Jaden Gil (16), Baseballspieler, und Jaz Elle (14), Kunst, Musik und Tanz zugetan, lebt sie in Las Vegas. Eine besondere Beziehung pflegt sie zu Deutschlands Spitzenspielerin Angelique Kerber, die in regelmäßigen Abständen in Las Vegas zu Gast ist und Graf als "große Inspiration für mich" bezeichnet.
Ob Steffi Graf in jenen großen Jahren auch eine Inspiration von außen hatte, ist nicht überliefert. Die Vermutung liegt aber nahe, dass sie sich selbst genug war.