Tennis-Kalender: Zverev und Alcaraz klagen, Djokovic hat die Lösung
Ist die Tennissaison zu lang und zu vollgepackt mit Events, die die Spieler nicht nur physisch, sondern auch mental fordern? Für die Topspieler stimmt das wahrscheinlich. Mit wenigen Ausnahmen.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
22.09.2024, 10:08 Uhr
Alexander Zverev hat in der laufenden Saison schon 73 professionelle Tennis-Matches bestritten, da sind jene beim Laver Cup in Berlin noch gar nicht mit einberechnet. 56 dieser Partien hat die deutsche Nummer eins auch gewonnen, das ist der Bestwert auf der Tour. Dass dabei indes nur ein Titel (in Rom) herausgesprungen ist, sollte Zverev hinsichtlich seiner Turnierplanung vielleicht doch zu denken geben.
Weniger ist in den elitären Höhen, in denen sich der gebürtige Hamburger seit Jahren bewegt, manchmal mehr. Siehe etwa Branchenprimus Jannik Sinner, der aus verschiedenen Gründen im Abrechnungszeitraum der letzten zwölf Monate sechs Turniere weniger bestritten hat als Zverev. In dieser Phase aber seine ersten beiden Grand-Slam-Titel untergebracht hat.
Alcaraz manchmal mit wenig Lust auf Turniere
Nun hat Zverev im Rahmen des Laver Cups wieder einmal auf die Überlänge der Tennissaison hingewiesen, ein Lamento, das auch von Carlos Alcaraz geteilt wurde. Der meinte in Berlin, dass der übervolle Termin-Kalender en Tennissport umbringen würde. „Manchmal möchte man nicht zu Turnieren fahren“, erklärte der Spanier. „Ich möchte nicht lügen: Ich habe das schon ein paar Mal gefühlt.“
Das kann man nun von zwei Seiten betrachten: Ja, der Tenniskalender ist nicht nur voll, sondern auch lang. Gerade in einem Jahr mit Olympischen Spielen, die auch emotional viel von den Profis gefordert haben. Dass das Davis-Cup-Finale, in welchem Format auch immer, erst spät im November stattfindet, ist nichts Neues. Es gab sogar Zeiten, als man den Titel im Dezember ausgespielt hat. Das ist die eine Seite der Medaille.
Djokovic setzt Prioritäten
Andererseits gibt es offenbar doch gute Gründe, dass viele Spieler eben doch nicht pausieren wie Jannik Sinner es diese Woche in Berlin macht (man darf davon ausgehen, dass die Organisatoren des Laver Cups beim Südtiroler angefragt haben). Diese guten Gründe sind neben der Ehre in Berlin dem Vernehmen nach 250.000.- US Dollar Startgeld. Und beim Schaukampf „Six Kings“ in Saudi-Arabien sollen sogar 1,5 Millionen US Dollar nur für die bloße Anwesenheit bezahlt werden. Zverev wird dort fehlen, Sinner dagegen teilnehmen. Und das mitten in der ATP-Saison.
Diese Luxusprobleme betreffen indes nur die absoluten Spitzenspieler. Profis mit höheren zweistelligen Rankings werden ja eher selten für gut dotierte Schaukämpfe berücksichtigt. Gerade diese Spieler sind aber für den Tourbetrieb ebenso wichtig - siehe die aktuellen Veranstaltungen in Chengdu und Hangzhou, wo viele der nominell besten Teilnehmer kurz vor Start einfach mal zurückgezogen haben.
Der einzige Spieler (neben vielleicht Jannik Sinner), der für sich die perfekte Lösung gefunden zu haben scheint, ist Novak Djokovic. Und das hat er sich mit seiner legendären Karriere auch redlich verdient. Djokovic will ja nur noch Turniere spielen, die ihm wirklich wichtig sind (die Grand Sams), oder für Serbien in die Bütt gehen. Und wenn zwischendurch die Saudis mit einem großen Scheck winken, dann nimmt der 37-Jährge das halt auch noch mit.