Tennis-Mama Tatjana Maria: „Die Lehrerin bin ich!“
Tatjana Maria (WTA-Nr. 212) spielt sich nach der Geburt ihrer zweiten Tochter aktuell zurück in die Weltspitze. Im tennisnet-Interview haben wir mit der 34-Jährigen über Reiserei mit Kindern, privaten Schulunterricht und ihre weiteren Karrierepläne gesprochen.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
27.02.2022, 12:16 Uhr
Tatjana Maria ist seit 2001 als Tennisprofi unterwegs. 2017 war sie die Nummer 46 der Tenniswelt, 2018 gewann sie ihren ersten WTA-Titel in Mallorca. Maria hat zwei Töchter, Charlotte (geb. 2013) und Cecilia (geb. 2021). Sie reist im "Familienunternehmen" mit Ehemann und Coach Charles Edouard Maria um die Tenniswelt.
Frau Maria, Sie haben im vergangenen Sommer Ihr Comeback gegeben, nach der Geburt Ihrer zweiten Tochter. Sie sind recht schnell wieder zurückgekehrt – sind Sie eine Spielerin, die gerne über Turniere wieder reinfindet?
Dass ich zurückkommen werde, war ja von Anfang an geplant, wie bei unserer ersten Tochter Charlotte auch. Als ich Cecilia auf die Welt gebracht hatte, lief alles gut, sodass ich nach sechs, sieben Wochen wieder anfangen konnte, leicht zu trainieren. Allgemein bin ich jemand, der gerne Turniere spielt und damit in den Rhythmus reinkommt. Man trainiert auch vor Ort mit anderen Spielerinnen, das Niveau verbessert sich fast von alleine.
Zuletzt haben Sie das ITF-Turnier in Rome gewonnen, standen dann in Grenoble im Halbfinale. Hatten Sie eine gute Vorbereitung auf dieses Jahr?
Im vergangenen Spätjahr habe ich viel gespielt, Ende November auch World Team Tennis in den USA. Das war super: Ich habe morgens trainiert und abends Matches gespielt. Man hat in diesem Format ein Spiel nach dem anderen, jeden Tag Einzel, Doppel, Mixed. Unser Team hat das Ding auch noch gewonnen. Das gab ordentlich Selbstvertrauen. Ende Dezember sind wir dann nach Australien geflogen, daher war die klassische Vorbereitung kürzer. Aber ich hatte nach Cecilias Geburt drei Monate auf mein Comeback hintrainiert, am Ende war das eine relativ harte Vorbereitung.
Als Tennisprofi mit einem Kind um die Welt zu reisen, ist vermutlich eine Herausforderung. Ist es mit zwei Kindern noch mal anders?
Da muss ich meine Töchter loben: Beide sind super im Reisen, im Schlafen, wir haben großes Glück. Charlotte ist schon acht Jahre alt, sie hilft viel und macht das super. Sie passt gut auf ihre Schwester auf, ist fast mehr die Mama als ich (lacht).
Haben Sie familiäre Unterstützung?
Die ersten sechs Monate waren wir alleine unterwegs, in Australien war die Oma dabei, die Mutter meines Mannes. Sie reist oft mit uns. Wir fliegen zwar jetzt alleine nach Frankreich und nach Indian Wells, aber im Sommer ist sie wieder am Start. Das hilft sehr.
Haben Sie Ihren Mann und Ihre Kinder immer dabei? Wie beispielsweise vergangene Woche, als Sie für nur ein Turnier nach Europa geflogen sind und direkt wieder zurück?
Da waren wir alle zusammen, aber es war etwas verzwickt. Momentan gibt es so wenige Turniere, mit meinem Ranking ist oft lange unklar, in welches ich hineinkomme. Nach dem Turnier in Grenoble hatte ich gehofft, eine Wildcard für Doha zu bekommen. Das hat leider nicht geklappt. Dann hatte ich mit Guadalajara spekuliert, also sind wir zurück. Allerdings bin ich dort auch nicht reingekommen. Jetzt habe ich für Lyon eine Wildcard für die Qualifikation erhalten – das heißt, es geht wieder nach Europa …
Charlotte ist ja bereits schulpflichtig: Hat sie Homeschooling oder haben Sie eine Lehrerin dabei?
Ja, die Lehrerin bin ich! (lacht) Charlotte macht die „Florida Virtual School“, das ist ein tägliches Programm, das sie durchziehen muss. Auch mit täglichen Hausaufgaben. Der Lehrer ruft alle zwei Wochen an und schaut, ob sie gut lernt, macht auch Tests mit ihr.
Gibt‘s dieses Programm nur für die Grundschulzeit oder auch darüber hinaus?
Diese Schule kann man tatsächlich bis zum Ende durchziehen, bis zum Abschluss. Ich denke nicht, dass ich die kommenden zwölf Jahre noch die Lehrerin sein werde, aber momentan klappt das gut.
Sie hatten ja mal befürchtet, mit dem Schuleintritt von Charlotte müssten Sie Ihre Karriere beenden.
Man sollte solche Sachen nie sagen, oder? Nein, die Schule klappt super. Coco Gauff hat das ebenso gemacht. Momentan läuft es, in ein paar Jahren brauchen wir vielleicht eine echte Lehrerin. Wobei Charlotte dann auch sicher viel alleine machen kann. Aktuell lernen wir zwei, drei Stunden täglich zusammen.
Ein Limit, wie lange Sie noch als Profispielerin weitermachen können, gibt es also nicht?
Nein, ich hätte zwar gerne noch weitere Kinder. Aber wie lange ich spiele? Da setze ich mir keine Grenze. Vielleicht bekomme ich noch ein drittes Kind und kehre erneut zurück – keine Ahnung. Charlotte spielt selbst Tennis, sie liebt es! Und für sie ist es super, auf den großen Turnieren zu sein und alle Kolleginnen und Kollegen zu sehen. Jeder spielt mit ihr. Momentan genießen wir diese Zeit einfach.
Hat Charlotte schon Ambitionen, mal in Ihre Fußstapfen zu treten? In Videos sieht man sie technisch sehr sauber spielen.
Ja, sie macht das wirklich gut! Nike hat ihr sogar in Australien zugeschaut und sie unter Vertrag genommen, sie kriegt also Kleidung gesponsert. Das ist toll, sie hat sich tierisch gefreut. Ob sie mal versuchen will, Profi zu werden? Mal schauen. Es kommt drauf an, ob sie das will. Wir würden sie unterstützen. Es ist wie bei Alexander Zverev, der mit Mischa und der ganzen Familie gereist ist: Die Kids werden auf dieser Tour groß, sie wachsen rein. Und machen irgendwann vielleicht weiter.
Ihr Mann Charles Edouard Maria ist ehemaliger Profi und auch Ihr Trainer. Wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt?
Mein früherer Trainer kam aus Frankreich, aber war in Stuttgart beheimatet. Er kannte Charles, und als ich in Amerika meine Turniere gespielt habe, hat er ihn angerufen und gefragt, ob wir eine Woche bei ihm vorbeikommen könnten. Wir sind also nach Palm Beach geflogen, und, na ja… da bin ich dann geblieben (lacht).
Wen hat Ihr Mann denn vor der Zeit mit Ihnen betreut?
Er war damals Coach von Venus Williams.
Ach was!
Er ist zwar nie mit ihr gereist, aber sobald sie zu Hause war, hat er alles mit ihr gemacht. Die Williams-Schwestern leben fünf Autominuten von unserem Haus entfernt, eigentlich ist‘s der andere Eingang auf der Straßenseite, eine andere Community allerdings. Aber momentan sehen wir uns nicht so oft. Die beiden spielen zurzeit ja keine Turniere.
Unter Charles haben Sie nach der Rückkehr von der ersten Babypause Ihre Rückhand umgestellt, von beidhändig auf einhändig. Ein großer Schritt ab einem gewissen Alter.
Ich hatte zuvor schon meist Rückhand-Slice gespielt und nur selten durchgezogen. Meine Hüfte war also bereits für die einhändige Rückhand eingestellt. Mein Mann meinte: Komm, wir wechseln auf die einhändige. Anfangs war es nicht einfach, es ist ein komplett anderer Schlag. Aber ist habe kein Risiko gesehen: Ich hatte ja immer noch meinen Slice. Jetzt ist meine Rückhand besser als je zuvor. Es war auf alle Fälle die richtige Entscheidung.
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die kommende Zeit!