Thiem-Manager Herwig Straka: "Wofür sollte er sich entschuldigen?"
Novak Djokovic wird als Veranstalter der Adria-Tour auch als Hauptverantwortlicher für den COVID-19-Skandal ausgemacht. Inwieweit aber müssen sich auch die Teilnehmer einen Vorwurf machen?
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
25.06.2020, 13:36 Uhr
"Keiner, der dabei war, hat seine Vorbildfunktion erfüllt. Das ist traurig und richtig", erklärte Herwig Straka, Mitglied im ATP-Board und Manager von Dominic Thiem, in einem Interview mit standard.at vom Donnerstag. Den Vorwurf, dass von Thiem bislang nichts zu hören gewesen sei, auch keine Entschuldigung, weist Straka zurück. "Wofür soll er sich entschuldigen? Weil er mitgespielt hat? Die anderen entschuldigen sich, weil sie positiv sind."
Nach Grigor Dimitrov waren auch Borna Coric, Victor Troicki und Djokovic selbst positiv auf Corona getestet worden.
Es sei im Nachhinein klar, "dass es ein Blödsinn war" - auch wenn es erlaubt gewesen sei, so Straka. "Der Einzige, der sich entschuldigen muss, ist Djokovic, weil er alles inszeniert hat. Die anderen waren nur dabei, haben keinen umgebracht."
Mittlerweile hat jedoch auch Thiem sich via Instagram gemeldet und sein Bedauern ausgedrückt. Man sei "zu optimistisch" gewesen, so der Weltranglistendritte.
Straka gibt Djokovic die Hauptschuld - "die anderen haben mitgemacht, aber er war sehr dahinter", so der Wien-Turnierchef. "Ursprünglich aus ehrenwerten Motiven, es stand der Charity-Gedanke im Zentrum. Aber es ist in eine völlig falsche Richtung gegangen, wurde als Publicity-Show missbraucht. Das muss man Djokovic anlasten."
Straka über Thiem: "Vielleicht mehr Abstand gehalten, vielleicht mehr Glück gehabt"
Ohnehin habe man im Vorfeld andere Bilder im Kopf gehabt, klare Richtlinie gefordert. Dort sei aufgeführt gewesen, dass maximal 1.000 Zuschauer kommen würden, ebenso Social Distancing eingehalten würde. "Nur unter diesen Voraussetzungen habe ich Dominic freigegeben. Das war zwei Tage davor. Sie haben sich nicht daran gehalten, für mich war das ärgerlich."
Ein weiterer Punkt, für den Thiem von mehreren Seiten kritisiert worden war, ist der Verzicht auf eine freiwillige, 14-tägige Quarantäne, wie sie auch die nicht-corona-infizierten Marin Cilic, Alexander Zverev oder Andey Rublev einhalten. Eine solche Quarantäne sei bei Thiem nicht angedacht gewesen. "Er lässt sich regelmäßig testen, ist negativ. Vielleicht hat er doch ein Quäntchen mehr Abstand gehalten. Oder er hatte nur mehr Glück."
Thiem spielt am heutigen Donnerstag das Halbfinale der Generali Austrian Pro Series, unmittelbar danach geht es nach Nizza zu seinem zweiten Auftritt beim Ultimate Tennis Showdown.
Thiem: Imageschaden?
Entstanden sei Thiems Teilnahme durch die Initiative von Djokovic selbst. "Er hat sie selbst dauernd angerufen." Hier gehe es um Beziehungen und Freundschaften unter den Spielern, "ruft ein Roger Federer oder Rafael Nadal an, kommt man eben", sagte Straka.
Weitreichende Image-Schäden für Thiem fürchtet er indes nicht. "Er war nicht der Leithammel der Geschichte, es war alles andere als ideal. Keine Frage. Es ist aber passiert, er muss und wird daraus Lehren ziehen. Es war keine kriminelle Handlung. Die Eigenverantwortung hätte einen höheren Schutz gebieten müssen. Aber ich glaube nicht, dass er massiv verloren hat. Er spielt sehr gut Tennis. Hält er das aufrecht und kommen wieder die Erfolge, wird er als Vorbild gelten."
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