Warum es mal einen Profi-Ballwechsel gab, der 29 Minuten dauerte

Kennt ihr Vicki Nelson-Dunbar und Jean Hepner? Das solltet ihr aber - denn die beiden haben ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Match gespielt.

von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet: 11.05.2021, 09:28 Uhr

Okay, okay: Es war kein Wimbledonfinale. Aber immerhin ein legendäres Erstrundenmatch beim WTA-Turnier in Richmond. Am 24. September 1984 stellten Vicki Nelson-Dubar und Jean Hepner hier gleich mehrere Rekorde auf, die bis heute im Profitennis Bestand haben. Nelson-Dunbar und Hepner spielten.../

"Es waren ziemlich viele Lobs dabei", so Nelson-Dunbar im Rückblick. "Ich wollte ständig angreifen, aber dann spielte sie wieder einen Lob." Oder wie Hepner es formulierte: "Ich habe mich sehr konzentriert und spielte sehr konstant." Nelson-Dubar war seinerzeit die Nummer 93 der Welt, Hepner die Nummer 172.

Nelson-Dunbar hatte den ersten Satz mit 6:4 gewonnen, im Tiebreak des zweiten Durchgangs stand es schließlich 11:10 für Hepner. Sie hatte damit Satzball zum Ausgleich, als es zum legendären Ballwechsel kam. 642 Mal ging es hin und her, dann aber fasste sich Nelson-Dunbar ein Herz und ging auf den Winner. Mit Erfolg. Auch wenn sie danach mit von Krämpfen geplagt zusammenbrach, konnte sie nach einer Time Violation weitermachen. 13:11 ging der Tiebreak an sie und damit das so verrückte Match mit den harmlos klingenden Ziffern 6:4, 7:6 (11). Nicht auszudenken, wenn es in einen dritten Satz gegangen wäre...

"Eine Willensschlacht, die echte Fans zu schätzen wissen"

Der Eigentümer des Raintree Swim und Racquet Clubs, High Waters, erinnert sich: "Viele Zuschauer kamen zu mir und meinten, das Match sei lächerlich gewesen, aber ich setzte mich für die beiden ein. Es erfordert Mumm, was sie getan haben. Viele verstehen den mentalen Aspekt des Spiels nicht. Das war eine Willensschlacht, die echte Tennisfans wie ich sehr schätzen", sagte er 25 Jahre später gegenüber der New York Times.

Nelson-Dunbar reflektierte den berühmten Ballwechsel nach dem Match. "Ich dachte, ich werde noch verrückt. Egal, was ich getan habe, sie hat den Ball immer zurückgebracht. Es hat lange gedauert, bis ich den Nerv dazu hatte, nach vorne zu kommen. Dann hat sie einen zu kurzen Lob gespielt und ich hab ich weggemacht - für immer."

Darauf angelegt, in den Rekordbüchern zu landen, hatten es beide indes nicht. "Ich wollte meine Karriere wieder auf Trab bringen, und das war immer schwieriger", so Hepner rückblickend. "Aber ich bin nicht sechs Stunden lang auf dem Platz geblieben, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich wollte einfach dieses Match so sehr gewinnen."

Wie es überhaupt dazu kam, dass der Ballwechsel "notiert" wurde? Denn TV-Aufnahmen für dieses Match scheint es nicht zu geben. Es ist wohl dem Journalisten John Packett zu verdanken. Er verfolgte das Match für die lokale The Richmond Times-Dispatch. "Ich habe begonnen, mitzuzählen, weil die Ballwechsel so lang waren. Da dachte ich: Wer weiß, wie lange die Punkte noch werden?"  

Fun Fact: Im Gespräch mit dem NPR in 2009 hielt es Nelson-Dunbar für möglich, dass sogar noch längere Ballwechsel bei ihrem Rekordmatch dabei waren. "Die meisten Punkte waren sehr lang. Es könnten noch welche dabei gewesen sein, die länger waren..."

von Florian Goosmann

Dienstag
05.05.2020, 15:47 Uhr
zuletzt bearbeitet: 11.05.2021, 09:28 Uhr