„Rekorde sind da, um gebrochen zu werden“

Die ehemalige Nummer sechs der Welt spricht über seine Karriere, den Verlust seines Rekordes und Tennis in Südafrika.

von Christian Albrecht Barschel
zuletzt bearbeitet: 23.01.2014, 09:22 Uhr

Wayne Ferreira (42 Jahre alt) ist ein ehemaliger südafrikanischer Tennisprofi, der 16 Jahre lang auf der ATP-Tour aktiv war. Ferreira gewann 15 ATP-Titel im Einzel und schaffte es bis auf Platz sechs in der Weltrangliste. Bei den Australian Open erreichte er in den Jahren 1992 und 2003 jeweils das Halbfinale. Bei den Olympischen 1992 in Barcelona errang er an der Seite von Piet Norval die Silbermedaille im Doppel. Ferreira war einer der beständigsten Spieler auf der ATP-Tour. Zwischen den Australian Open 1991 und den US Open 2004 nahm er an 56 Grand-Slam-Turnieren in Folge teil und stellte einen Rekord auf. Dieser Rekord wurde bei den Australian Open 2014 von Roger Federer übertroffen.


Herr Ferreira, wie geht es Ihnen? Was machen Sie derzeit?

Ich lebe mit meiner Frau und meinen zwei Kindern in San Francisco. Ich bin Mitbegründer der weltweit operierenden Firma EcoloBlue Inc. Wir vertreiben Maschinen, mit denen man aus der Luftfeuchtigkeit Wasser enzieht und speichert. Diese Maschinen verkaufen wir in Länder, in denen Wassermangel herrscht. Die Energie für die Maschinen entnehmen wir der Sonne. Nebenbei führe ich eine kleine Tennis-Akademie, in der Jugendliche trainieren. Außerdem spiele ich, wie hier in Melbourne, gelegentlich bei den Legenden-Turnieren mit.

Wie sieht jetzt Ihr Alltag nach der Tennis-Karriere aus?

Ich bin viel unterwegs. Wenn ich zu Hause bin, gehe ich jeden Tag ins Büro und arbeite von 8 bis 15:15 Uhr. Danach fahre ich zu meiner Tennis-Akademie. Diese ist offen von Montag bis Donnerstag, von 16 bis 18:30 Uhr. Ich bin unter der Woche also gut beschäftigt.

Setzen Sie sich immer noch Ziele für ein Jahr, so wie Sie es als Tennisspieler gemacht haben?

Ich persönlich setzte mir keine jährlichen Ziele, aber für meine Jugendlichen in meiner Akademie mache ich das. Mein Ziel ist es, dass sich alle verbessern. Ich versuche, den Jugendlichen so viel zu helfen, wie ich nur kann, damit sie bereit sind für die internationalen Jugendturniere.

Sie waren über 15 Jahre auf der ATP-Tour aktiv. Was war Ihr schönster Moment?

Ich hatte enormes Glück, dass ich 16 Jahre lang als Tennisprofi unterwegs war. Das habe ich sehr genossen. Tennis ist ein tolles Spiel. Ich habe so viele Momente genossen, aber es gibt keinen, der alles überstrahlt.

Was war Ihr traurigster Moment als Tennisspieler?

Ich hatte eigentlich keine traurigen Momente. Ich war zufrieden, als ich aufgehört habe. Es war an der Zeit für mich, den Schläger beiseite zu legen. Ich blicke nicht mit Bedauern auf meine Karriere zurück. Natürlich gab es ein paar Niederlagen, die mich aufgeregt haben. Aber generell war das nicht so schlimm. Ich habe meine Karriere in vollen Zügen genossen.

Roger Federer hat bei den Australian Open Ihren Rekord mit den meisten Grand-Slam-Teilnahmen in Folge übertroffen. Sind Sie traurig, dass Sie nicht mehr der Rekordhalter sind?

Nicht wirklich. Ich kann froh sein, dass ich so viele Grand-Slam-Turniere spielen durfte. Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Wäre er es nicht gewesen, wäre sicherlich ein anderer gekommen, der meinen Rekord übertroffen hätte. Irgendjemand schlägt dich immer. Das ist nichts Schlimmes.

Glauben Sie, dass Federer noch ein weiteres Grand-Slam-Turnier gewinnen kann?

Ich glaube nicht. Seine Tage sind gezählt.

Sie haben hier in Melbourne vor elf Jahren das Halbfinale erreicht. Was hat sich aus Ihrer Sicht seitdem am meisten im Tennis verändert?

Ich denke, dass das Tempo, mit denen die Bälle geschlagen werden, sehr viel schneller geworden ist. Der Spielstil hat sich komplett verändert. Es wird nicht mehr mit so viel Spin gespielt. Jeder spielt extrem flach und hart und bewegt sich zudem sehr gut. Tennis ist ein hartes und kampfstarkes Spiel geworden.

In der letzten Zeit wird viel darüber diskutiert, ob man die Bodenbeläge wieder schneller machen sollte. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Es wäre schön, wenn das so kommt. Wir brauchen wieder mehr Variation. Die French Open sollten langsam sein, Wimbledon und die Hallenturniere dagegen sehr schnell. Die Hartplatzturniere unter freiem Himmel können auch langsam sein. Es muss mehrere Spielstile im Tennis geben, sodass die Spieler lernen können, unterschiedlich zu spielen. Derzeit gibt es leider keine Spieler, die Serve-and-Volley spielen oder regelmäßig ans Netz kommen.

Wie sehen Sie die Entwicklung von Ihrem Landsmann Kevin Anderson? Wie weit kann er es noch nach vorne bringen?

Er hat seine Sache bislang sehr gut gemacht. Platz 19 war sein bestes Ranking. Ich hoffe für ihn, dass er es in die Top Ten schafft. Ich glaube aber nicht, dass er so weit kommt, da er nun auch etwas älter wird. Er holt das heraus, was in ihm steckt, was eine gute Sache ist.

Kevin Curren, Johan Kriek, Amanda Coetzer und Sie. Die erfolgreichen Zeiten im südafrikanischen Tennis sind vorbei. Was hat sich in den letzten Jahren in Südafrika verändert?

Es gibt viele Gründe, warum die guten Zeiten in Südafrika vorbei sind. Es spielen in Südafrika nicht mehr so viele Leute Tennis wie früher. Tennis ist ein teurer Sport, der Verband hat nicht viel Geld. Außerdem wird Tennis nicht mehr so gepusht wie noch zu meinen Zeiten.

Welche Spieler werden aus Ihrer Sicht 2014 die meisten Fortschritte machen?

Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich sehe drei Spieler, die dieses Jahr Fortschritte machen werden. Ich glaube, dass Stanislas Wawrinka ein sehr gutes Jahr haben wird. Auch Gael Monfils wird wieder nach vorne kommen. Jo-Wilfried Tsonga wird ein besseres Jahr haben als 2013 und vorne mitmischen.

Wer wird Ende 2014 die Nummer eins der Welt sein?

Zu dieser Zeit ist das natürlich schwer zu sagen. Das klingt vielleicht überraschend, aber ich denke, dass Andy Murray am Ende des Jahres die Nummer eins sein wird.

Nelson Mandela, der Volksheld von Südafrika, ist im Dezember verstorben. Welchen Einfluss hat Mandela auf Ihr Leben und Ihre Karriere gehabt?

Er hatte keinen speziellen Einfluss auf mich. Meine Karriere und mein Leben hat er nicht verändert. Ich durfte ihn dreimal persönlich treffen. Er war eine wichtige und großartige Person für Südafrika. Er hat viele positive Veränderungen in unserem Land bewirkt. Ich hoffe, dass es mit seinem Tod nicht aufhört und sein Vermächtnis fortgeführt wird.

Das Gespräch führte Christian Albrecht Barschel.

von Christian Albrecht Barschel

Donnerstag
23.01.2014, 09:22 Uhr