Wimbledon 2014: Als Nick Kyrgios als Nummer 144 den Weltranglisten-Ersten Rafael Nadal schockte
Am 1. Juli 2014 machte Nick Kyrgios erstmals auf sich aufmerksam - damals noch rein sportlich. Im Achtelfinale von Wimbledon schlug er erstmals Rafael Nadal, als Nummer 144 der Welt.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
01.07.2020, 17:16 Uhr
70 Winner, darunter 37 Asse, keine Zeichen von Nerven, und das bei seinem ersten Auftritt auf dem Centre Court von Wimbledon. Nick Kyrgios' Gala am 1. Juli 2014 in Wimbledon: ein Vorbote für die kommenden Jahre, ein Zeichen für das Tennis, das der Australier abliefern kann. Wenn er denn will.
7:6 (5), 5:7, 7:6 (5) und 6:3 hieß es am Ende für den Weltranglisten-144., von dem bis dato nur die absoluten Tennisexperten gehört hatten und dem John McEnroe eine goldene Zukunft vorhersagte: "Wir haben einen neuen Star in der Tenniswelt!"
"Ich war 'in the zone', habe die Zuschauer gar nicht registriert", so Kyrgios damals nach seinem Sensationssieg, mit nur 19 Jahren. "Man muss von Beginn an daran glauben, dass man das Match gewinnen kann. Das habe ich getan."
Kyrgios: Ein Mann für die Grand Slams
Kyrgios machte sich damals zum ersten Spieler außerhalb der Top 100 seit dem Jahr 1992, der einen Weltranglisten-Ersten in Wimbledon schlug (damals hatte Andrej Olchovsky gegen Jim Courier gewonnen). Im Viertelfinale war dann gegen Milos Raonic Schluss.
Das Verrückteste vielleicht: Kyrgios hatte bis dahin auf der regulären ATP-Tour noch kein Match gewonnen, bei Grand Slams immerhin schon zwei. Bei den US Open erreichte er im Anschluss die dritte Runde, bei den Australian Open 2015 erneut das Viertelfinale. Aber erst in Indian Wells siegte er erstmals bei einem regulären Tour-Match, gegen Denis Kudla, sein erstes Endspiel kam kurz später in Estoril, der erste Turniersieg folgte 2016 in Marseille.
Vor allem gegen die Big Names der Tour ist der mittlerweile 25-Jährige immer hoch motiviert. Gegen Roger Federer sind die ganz engen und hochklassigen Matches fast Normalität - die ersten beiden Spiele endeten in drei Tiebreak-Sätzen; gegen Rafael Nadal feierte er drei Siege in acht Begegnungen. Und gegen Novak Djokovic führt er im direkten Vergleich mit 2:0, was ihn kürzlich erst zur Aussage bewegte, Djokovic könnte wohl kaum der beste Spieler aller Zeiten sein, wenn er gegen ihn nicht gewinnen könne.
Was Kyrgios fehlt zum ganz großen Durchbruch? Training, Konstanz - und auch auf den Nebenplätzen dieser Welt eine Einstellung wie ein Profi. Der Sprung in die Top Ten der Tenniswelt steht noch aus; Platz 13 war 2016 das Höchste der Gefühle.
Kyrgios als "Stimme der Vernunft"?
Kyrgios sollte aber nicht nur mit seinem Tennis für Aufsehen sorgen. 2015 in Montreal leistete er sich erstmals einen gigantischen Aussetzer, als er im Match gegen Stan Wawrinka gegen den Schweizer und dessen damalige Freundin Donna Vekic schoss; es folgten abgeschenkte Matches, zerstörte Klappstühle, Sperren und Psycho-Stunden sowie eine Privat-Fehde mit Rafael Nadal, den er in der Wimbledon-Wiederauflage 2019 auf die Brust treffen wollte.
Immerhin zuletzt macht der Australier positiver auf sich aufmerksam. In Australien war er es, der zu Spenden für die Betroffenen der Buschfeuer aufforderte. Oder indem er gegen die Party-Aktion von Alexander Zverev wetterte. "Ich habe als Mensch Fortschritte gemacht", behauptete er nach seinem Melbourne-Aus (gegen Nadal). Kyrgios als "Stimme der Vernunft" im Tennis? Ein Gedanke, der womöglich etwas zu früh kommt, um in Stein gemeißelt zu werden. Aber die Richtung stimmt.