Ein Fritz wird kommen
Die Chancen auf einen US-amerikanischen Wimbledon-Sieg bei den Herren stehen auch 2016 äußerst schlecht.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
28.06.2016, 16:12 Uhr
Von Jens Huiber aus Wimbledon
Andy Roddickhat sich schon ein paar Tage vor Beginn der All England Lawn Tennis Championships auf der Anlage in Wimbledon eingefunden. Roddick kommentiert wie auch im vergangenen Jahr einige Matches für die englische „BBC“, womöglich tut er dies mit einem ordentlichen Maß an Wehmut. Denn Andy Roddick war der letzte US-Amerikaner, der den Gewinn der begehrtesten Trophäe im Tennissport auf dem Schläger gehabt hat. Buchstäblich.
Ein Rückhand-Volley, für einen ehemaligen Weltranglisten-Ersten eigentlich eine leichte Übung, ist Roddick im Endspiel 2009 gegen Roger Federer zum Verhängnis geworden, anstelle einer 2:0-Satzführung für den Amerikaner glich der „Maestro“ aus, holte sich in einem epischen Match schließlich mit 16:14 im fünften Satz seinen bis dorthin sechsten Titel.Pete Samprasblieb der letzte Profi aus der großen Tennisnation USA, der an der Church Road triumphieren konnte, 2000 war das, gegenPatrick Rafter.
2 sind schon durch
Die Chancen, dass in Wimbledon 2016 amerikanische Tennisgeschichte geschrieben wird, liegen zu 99 Prozent auf der Seite des Damen-Tableaus. Vielleicht gewinntMadison Keysihr erstes Grand-Slam-Turnier, viel wahrscheinlicher erarbeitet sichSerena Williamsdie nächste Chance auf ihren historischen 22. Erfolg in einem „Major“. Der erste Tag hat „business as usual“ gebracht,Jack Sockin einem Match, das der Coach von Gilles Simon, Jan de Witt, als „Popcorn-Spiel“ annonciert hatte, Ernests Gulbis höchst souverän in drei Sätzen abgezogen.
Steve Johnson, einer der Männer auf der Tour, die sich im College für das professionelle Tour-Leben warmgespielt haben, ist auch eine Runde weiter, die Herren Baker, Fratangelo und Kudla dürfen bereits Vorkehrungen für die Rückreise in die USA treffen, so sie sich nicht im Doppel-Wettbewerb eingeschrieben haben.John Isnerwürde gerne auch in die Bütt, sein Erstrunden-Match gegenMarcos Baghdatiskönnte eines der ersten Regenopfer 2016 werden, hoffentlich nur am Dienstag, man weiß es nicht.
Der junge Cary Grant?
Nichts Genaues weiß man auch überTaylor Fritz. Nicht einmalRoger Federer. In Stuttgart hatte der „Swiss Maestro“ erläutert, dass sich die Zeiten geändert hätten, Prognosen über den Verlauf von Profitennis-Karrieren anno 2016 nicht seriös zu tätigen wären. Die englische Presse nimmt sich von dieser Zurückhaltung natürlich aus, Fritz wird hier in Anzug und Krawatte präsentiert, der angehängte Verweis auf frappante Ähnlichkeiten mit Cary Grant ist nicht von der Hand zu weisen, das hat was von künftigem Branchenführer.
Fritz misst sich im Auftaktspiel auf Court 1 mitStan Wawrinka, der Schweizer spielt eine wechselhafte Saison, Rasen ist nicht sein bestes Geläuf. Beim MercedesCup hatte Taylor Fritz Roger Federer in einen dritten Satz gezwungen, bei „Majors“ liegt dies in der Natur der Sache. Auch gegen Wawrinka holt sich der Teenager einen Durchgang, verliert schließlich in vier – auf einem Court, auf dem erstaunlicherweise das Hawk-Eye funktioniert, nicht aber das Mikrofon von Stuhlschiedsrichter Carlos Ramos.
Im Match hatte Fritz optisch eher dem sehr jungen Roger Federer geähnelt, den Zopf, den der Schweizer in seiner Sturm- und Drang-Phase zur Schau getragen hatte, exklusive. Taylor Fritz könnte eines Tages auch einen Rückhand-Volley vom Titelgewinn entfernt sein – und dieser Tag mag gar nicht in allzu weiter Ferne liegen. 2016 liegen die amerikanischen Hoffnungen auf Jack Sock und John Isner. Sie werden enttäuscht werden.
Hier die Auslosungen und Ergebnisse aus London:Einzel,Doppel,Einzel-Qualifikation,Doppel-Qualifikation.