Tipsarevic, die eigenwillige Top-10-Figur
Einer der ungewöhnlichsten Spieler auf der Tour beehrt den Rochusclub Düsseldorf auch heuer.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
20.05.2012, 13:33 Uhr
Der POWER HORSE WORLD TEAM CUP in Düsseldorf
Die Team-Vorstellungen, Teil 7
Für den Tennissport in Serbien wird der Begriff Mannschafts-WM am Rolander Weg im Düsseldorfer Rochusclub für immer unvergessen bleiben, denn mit dem Gewinn des Titels im Jahr 2009 – damals gegen Deutschland – konnte gleich der erste große Erfolg bei der Premiere Serbiens verbucht werden. Danach meinteNenad Zimonjic,Playing Captain und Doppel-Weltklassespieler: „In Serbien wurde der erste internationale Erfolg unseres Teams groß gefeiert.“ Zimonjic gehört auch in diesem Jahr zur Mannschaft, ebenso wie die beiden Einzelspieler von 2009,Janko TipsarevicundViktor Troicki,von denen der eigenwillige Tipsarevic mittlerweile den Sprung in die Top Ten geschafft hat.
Der Mann ist eine eigenwillige Figur in der Branche. Es gibt viele Geschichten zu erzählen über diesen Janko Tipsarevic, geboren am 22. Juni 1984 in Belgrad. Das liegt vor allem an seiner selbstgewählten Inszenierung. Er pflegt intensiv seinen Drei-Tage-Bart, den er vermutlich oft nur alle sieben Tage stutzt. Er trägt bei seinen Auftritten immer eine Sportbrille – obwohl er angeblich nur eine minimale Korrektur (0,1 Dioptrien) benötigt. Der Ausrüster soll freilich einen generösen Betrag überweisen, was dann in der Zusammenfassung wieder Sinn ergibt.
In seinen wilden Tagen schmückte er sich mit Piercings in Augenbraue und Unterlippe. Geblieben sind nur die weniger leicht zu entfernenden Tattoos. Auf den linken Unterarm hat er sich ein Zitat von Dostoevskij („Beauty will save the world“ aus „Der Idiot“) stechen lassen. Auf dem rechten Arm sind es die ersten zwei Buchstaben der Vornamen von Mutter, Vater, Bruder sowie von sich selber. Es ist noch ausreichend Platz vorhanden, um möglichen Zuwachs in seiner Familie gleichermaßen zu würdigen. Um das Gesamtkunstwerk Tipsarevic abzurunden, hat er sich auf dem Rücken noch für ein Zitat von Arthur Schopenhauer entschieden, weitere sind mit der Zeit dazugekommen.
Nun ist Tipsarevic nicht nur ein gekonnter Darsteller seiner selbst, er versteht auch viel von seinem Fach. Der Tennisprofi aus Serbien wird aktuell an Position acht der Weltrangliste geführt. Mit seinem Heimatland hat er beim POWER HORSE WORLD TEAM CUP im Düsseldorfer Rochusclub eine bemerkenswerte Statistik vorzuweisen. Zwei Mal führte er die Auswahl an: 2009 im Endspiel gegen Deutschland (2:1) konnte Serbien auch dank eines Sieges von Tipsarevic gegenPhilipp Kohlschreiberdie Tennis-Mannschafts-Weltmeisterschaft gewinnen. Selbstredend ist das Ereignis in Belgrad gebührend gefeiert worden.
Tipsarevic, das ist der Sportler aus gutem Hause. Sein Vater Pavel ist Professor, seine Mutter Vesna Hausfrau. Man könnte also annehmen, dass er in den Grundregeln des Anstands durchaus Lektionen mit auf den Weg bekommen hat. Theoretisch hat er sich auch mit vielem beschäftigt, was nicht unmittelbar sein Berufsfeld betrifft.
Er hat Werke von Schopenhauer gelesen und auch Friedrich Nietzsche studiert. Er hat gerne allen davon erzählt, und alle haben gerne die Geschichte von dem Tennisprofi verbreitet, der anders ist als andere. Was auch immer das heißen mag, wenn man Bücher liest. Die Sache ist dann aber irgendwann zu viel geworden, jedenfalls sah er sich vor drei Jahren dazu veranlasst, in einer Mitteilung zu verkünden, künftig nicht mehr so viel lesen zu wollen, das hätte seinem Spiel nicht gut getan. Es gibt zu dem Phänomen leider bislang keine Studien, weshalb man seine Aussage einfach hinnehmen muss.
Der Sportler Tipsarevic sorgt glücklicherweise konstant und aufsteigend für positive Nachrichten. Trainiert wird er von dem Darmstädter Dirk Hordorff, der zuvor unter anderenRainer Schüttlerbetreut hat. Im vergangenen Jahr ist Tipsarevic in den erweiterten Kreis der Weltspitze aufgestiegen. Er hat die Hartplatzturniere in Kuala Lumpur (6:4, 7:5 gegenMarcos Baghdatis)und Moskau (6:4, 6:2 gegen Troicki) gewonnen.
Mit Troicki bildet er auch bei dieser Auflage des POWER HORSE WORLD TEAM CUPS eine Mannschaft. Unterstützt von Doppelspezialist Zimonjic, die ehemalige Nummer 1 im Doppel, haben sie nur ein Ziel: den zweiten Titel bei der Mannschafts-WM am Rolander Weg. Möglicherweise lässt sich Tipsarevic hernach ja auch das Logo der Veranstaltung auf den Körper tätowieren. Ein paar freie Stellen hat er noch.
Aufgebot:Janko Tipsarevic (27 / ATP 8), Viktor Troicki (26 / ATP 29), Nenad Zimonjic (35 / ATP-Doppel 6)
Coach:Nenad Zimonjic
WTC-Teilnahmen:3 (2009, 2010, 2011)
WTC-Siege:1 (2009), bei einer Final-Teilnahme
(Text: Presseaussendung / Edmund Kaiser; Foto: Rochusclub Media GmbH / Laci Perenyi)