Die emotionale und triumphale Rückkehr von Monica Seles

Monica Seles startete vor 20 Jahren nach dem furchtbaren Messerattentat ihr Comeback auf der WTA-Tour.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 15.08.2015, 18:09 Uhr

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Der 30. April 1993 ist als „schwarzer Freitag“ in die Tennisgeschichte eingegangen, als Tag, an dem der Tennissport seine Unschuld verlor.Monica Seles wurde im Viertelfinale beim WTA-Turnier am Hamburger Rothenbaum während des Seitenwechsels von dem irren Steffi-Graf-Fanatiker Günter Parche mit einem Messer in den Rücken gestochen. „Er hat mir damit Millimeter neben die Wirbelsäule gestochen. Ärzte sagten mir später, hätte ich mich in diesem Moment nicht nach vorne gebeugt, hätte ich gelähmt sein können“, berichtete Seles später in ihrer schonungslos offenen Biografie „Getting a Grip“.

Aus drei Monaten wurden 27 Monate

Die körperlichen Wunden nach dem Messerattentat verheilten schnell. Laut Aussage der Ärzte hätte Seles schon nach gut drei Monaten wieder auf dem Platz stehen können. Doch die seelischen Narben waren einfach zu groß, die eine schnelle Rückkehr in den Tenniszirkus unmöglich machten. „Ich bin niedergestochen worden auf dem Tennisplatz vor 10.000 Leuten. Es ist nicht möglich, distanziert darüber zu sprechen. Es veränderte meine Karriere unwiderruflich und beschädigte meine Seele. Ein Sekundenbruchteil machte aus mir einen anderen Menschen“, gab Seles offen zu. Seles hatte mit Angstzuständen, Depressionen und Alpträumen zu kämpfen und begab sich in eine psychologische Therapie.

Am 29. Juli 1995, 27 Monate nach dem Messerattentat, trat Seles wieder zu einem öffentlichen Tennismatch an – in einem Schaukampf in Atlantic City gegenMartina Navratilova. Die Rückkehrerin wurde frenetisch empfangen und besiegte die bereits zurückgetretene Navratilova klar mit 6:3, 6:2. „Die Wochen zuvor waren nervenaufreibend. Aber heute war es ein unglaubliches Gefühl, als ich auf den Platz gegangen bin“, sagte Seles. Die Generalprobe hatte sie bestanden, zwei Wochen später folgte die Kür.

Eindrucksvolles erstes Turnier in Toronto

Heute vor 20 Jahren, am 15. August 1995, spielte Seles beim WTA-Turnier in Toronto ihr erstes WTA-Match nach dem schrecklichen Messerattentat. Die gebürtige Jugoslawin wurde als Co-Nummer-eins-Spielerin neben Steffi Graf geführt und zeigte, dass sie trotz der langen Auszeit so gut wie nichts verlernt hatte. 6:0, 6:3 lautete das Ergebnis gegen die US-AmerikanerinKimberly Po. „Einfach nur zu spielen, ist alles, wonach ich gefragt habe. Es ist toll, wieder zu spielen. Es ist so einfach. Für eine lange Zeit war alles so dunkel. Nun sehe ich die Sonne“, kommentierte Seles.

Fünf Tage später hatte sie die Canadian Open in Toronto in eindrucksvoller Weise gewonnen – mit nur 14 Spielverlusten in fünf Spielen. Im Finale gab es ein 6:0, 6:1 gegen die SüdafrikanerinAmanda Coetzer. „Ich kann es nicht glauben. So lange nicht gespielt zu haben und dann gleich so gut zu spielen. Das ist unglaublich. Es gab so viele Emotionen, die zu diesem Punkt geführt haben. Von jenem Tag zu diesem Tag – was für ein Unterschied.“ Seles setzte ihren Siegeslauf auch bei den US Open fort, spielte sich mühelos ins Finale und unterlag aber dort ihrer DauerrivalinSteffi Graftrotz eines 6:0 im zweiten Satz.

Hier ist die emotionale Siegesrede von Monica Seles beim WTA-Turnier in Toronto im Video.

(Text: cab)

von tennisnet.com

Samstag
15.08.2015, 18:09 Uhr