Youngster Jerome Kym - "Es gibt immer Ausnahmen wie Alcaraz und Rune"
Jerome Kym, 19 Jahre alt, hat in der abgelaufenen Saison große Schritte nach vorne gemacht. Florian Heer hat mit dem Schweizer vor ein paar Wochen gesprochen.
von Florian Heer
zuletzt bearbeitet:
19.12.2022, 12:42 Uhr
Die Schweiz steht für wunderschöne Berge, für leckere Schokolade und hochwertige Uhren aber auch für erfolgreiches Tennis. Roger Federer, Stan Wawrinka oder Martina Hingis sind mit Sicherheit die bekanntesten Namen, die in den vergangenen Jahrzehnten das Profitennis mitgeprägt haben. Aber auch um die sportliche Zukunft muss das kleine Land in Zentral Europa sich keine Sorgen machen. Gerade im Herrentennis scheinen die Eidgenossen für die kommenden Jahre gut aufgestellt zu sein.
Dominic Stricker konnte in dieser Saison seine ATP-Challenger-Tour-Erfolge Nummer zwei und 3feiern und steht mit 20 Jahrenkurz vordrei dem Sprung in die Top 100. Der gleichaltrige Leandro Riedi konnte im Jahr 2022 zum ersten Mal auf Challenger-Ebene triumphieren.
Der einzige Schweizer Teenager in den Top 500 ist Jerome Kym. Der 19-jährige aus Rheinfelden darf somit in der Riege der Nachwuchstalente nicht fehlen. Kym war bereits ein erfolgreicher Junior, gewann bei den U-18 Europameisterschaften vor vier Jahren in Moskau Bronze und schaffte es bis auf Position 5 der Juniorenweltrangliste. Im nächsten Schritt gilt es für den Aargauer es seinen etwas älteren Kameraden gleichzutun und sich auf dem Pro-Circuit zu etablieren. Im Spätsommer dieses Jahres erreichte Kym bei zwei Turnieren der ITF-World-Tennis-Tour das Finale und auch auf der Challenger-Tour konnte er bereits wertvolle Weltranglistenpunkte einfahren.
Beim Hamburg Ladies & Gents Cup, ausgetragen Ende Oktober auf dem Gelände des Hamburger-Tennis-Verbandes und gleichzeitig Kyms letztes Challenger-Turnier der Saison, haben wir den Weltranglisten 428. zum Interview getroffen.
Jerome, wie sind deine Eindrücke vom Turnier und den Gegebenheiten vor Ort?
Der Belag (Hartplatz in der Halle) liegt mir richtig gut. Ist nicht zu schnell, nicht zu langsam. Da habe ich genug Zeit die Bälle anzugehen und die Schläge sauber auszuführen. Der Fokus liegt darauf meinen Aufschlag nicht zu verlieren. Das ist meine Waffe. Das Turnier hier insgesamt ist super und ein tolles Challenger-Event.
Hast du einen bestimmten Lieblingsbelag?
Es kommt immer darauf an. Ich habe heuer auf Sand nicht schlecht gespielt. Wenn es indoor ein Belag ist wie hier, geht es ebenfalls. Meine Schwäche sind noch die schnelleren Beläge.
Du hast in dieser Saison drei Finals auf der ITF-World-Tennis-Tour gespielt. Die Saison geht dem Ende entgegen. Wie fällt dein erstes Fazit aus?
Ich wollte nach meinem ersten Jahr auf der Profi-Tour in den Top-500 stehen. Das habe ich erreicht. Jetzt ist mein Ziel in Richtung Platz 350 aufzusteigen und mein bestes Tennis auf den Platz zu bringen. Es gilt vor allem mich gut zu bewegen. Der Rest kommt von alleine. Mein Motor muss immer laufen damit das Ganze in Schwung kommt. Ich konnte mich bei den Challengern in Lugano und Verona jeweils qualifizieren und bin dann bis ins Viertelfinale gekommen. Es hängt noch ein wenig an den Finals, dass ich nicht weiter vorne stehe. Daran werde ich aber weiterarbeiten.
Was waren bisher die größten Herausforderungen als Junior auf die Profi-Tour zu kommen?
Es gibt immer ein paar Ausnahmen, wie ein Carlos Alcaraz oder Holger Rune. Die sind vom Sport total ausgefüllt und machen nichts anderes von 7 Uhr in der früh bis abends um 9. Da muss ich mich noch besser justieren, um mehr Gefühl zu kriegen, wie ich meine Aufgaben besser erledigen kann.
Ist das eine Frage der Motivation bei dir?
Um ehrlich zu sein, gab es früher schon solche Tage, wo ich am Anfang des Trainings keine Lust hatte. Das hat sich mit dem Start der Session dann aber meistens gegeben. Der ein oder andere Tag war aber schon dabei. Seit meiner Zusammenarbeit mit meinem Coach Markus Hipfl vor zwei Jahren ist das aber definitiv nicht mehr der Fall und ich bin voll motiviert.
Wie kam eure Partnerschaft zustande und läuft eure Trainingsarbeit ab?
Wir haben uns 2019 bei einem U-18-Turnier in Israel kennengelernt. Da hat er mir seine Nummer gegeben und gemeint ich solle mich melden, falls ich mal Hilfe brauchen sollte. Er hat dann wieder mit Philipp Kohlschreiber zusammengearbeitet und ich hatte auch die Möglichkeit mit ihm in Kitzbühel zu trainieren. So ist das entstanden. Im November sind es dann genau zwei Jahre.
Was konntest du von deinen Einheiten mit Kohlschreiber mitnehmen?
Er kam in der ersten Woche des Trainings zu mir und hat mich gefragt, wer ich sei und was ich kann und was ich zu tun habe. Daraufhin habe ich ihn nur angeschaut und war eigentlich völlig überfordert. Heute hilft mir das in engen Situationen auf dem Platz mir genau diese Fragen zu stellen. Damit konnte ich schon einige wichtige Punkte gewinnen.
Ihr seid in der Schweiz eine ganze Gruppe von vielen jungen Spielern. Ein Dominic Stricker konnte auch bereits erste Challenger-Turniere gewinnen. Entsteht da eine zusätzliche Motivation?
Ganz klar ist das ein Ansporn und man denkt man sich dann: Wenn er das kann, kann ich das auch. Mit Leandro Riedi habe ich mir während unserer gemeinsamen Zeit im Leistungszentrum in Biel ein Zimmer geteilt und wir sind auch auf die gleichen Turniere gegangen. Wir spielen gemeinsam beim GC Zürich in der Liga-Mannschaft. Wir verstehen uns sehr gut und ich hoffe es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis ich auch ein Challenger gewinnen werde.
Wann hast du mit dem Tennis begonnen?
Mit circa drei bis vier Jahren.
Das ist relativ früh. Kommst du aus einer Tennisfamilie?
Nein, meine Eltern hatten nie etwas mit Tennis zu tun gehabt. Ich habe damals auch als Torwart Fußball gespielt. Mit ungefähr 11 musste ich mich dann entscheiden mit welchem Sport ich weitermachen möchte. An schweren Tagen hinterfragt man sich manchmal, ob es auch die richtige Entscheidung war. Letztlich bin ich aber froh, dass es so gelaufen ist.
Hast du bestimmte Vorbilder im Tennis?
Ganz klar, natürlich Roger. Bei Dominic Thiem und Andrey Rublev bewundere ich die Schnelligkeit des Balles und die Platzierung der Schläge. Mit Dominic konnte ich diese Saison in der Nähe von Wien auch zwei Wochen trainieren. Das war eine weitere sehr gute Erfahrung.
Wenn du nicht auf dem Platz stehst, was sind deine Hobbies?
Mein Vater war über 20 Jahre einer der besten Trommler in der Schweiz und ich bin in seine Fußstapfen getreten. Ich bin mit dem Trommeln aufgewachsen. Bereits im Kinderbett hatte ich meine ersten Trommelschläger. Ich mache das noch heute mit großer Leidenschaft, konnte einige Turniere gewinnen und werde das auch nie aufgeben.
Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.