Andrey Rublev und der (wichtigere) Sieg gegen sich selbst

Mit dem Finalsieg gegen Jack Draper sicherte sich Andrey Rublev in Doha seinen 17. Titel auf der ATP-Tour. Noch beeindruckender war aber dabei die neugefundene Ruhe, welche der Russe im Turnierverlauf des 500er-Events an den Tag legte.

von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet: 25.02.2025, 06:50 Uhr

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In Doha ließ Andrey Rublev seinen Emotionen erst nach dem Titelgewinn freien Lauf.

Von einer riesigen Durststrecke zu sprechen, wenn ein Spieler neun Monate nach dem letzten Titelgewinn seine nächste ATP-Trophäe in die Höhe recken darf, klingt in vielen Fällen als Luxusproblem. Im Falle von Andrey Rublev, der in Doha seinen insgesamt 17. Titel auf der ATP-Tour einfahren konnte, durchlief der Russe in dieser Periode aber ein mentales und persönliches Tief, dessen Bewältigung sich als beinahe unabdingbar zur erfolgreichen Fortsetzung seiner Karriere abzeichnete.

In der nächsten Turnierwoche in Dubai jährt sich die unrühmliche Disqualifikation des 27-jährigen, die den Höhepunkt seiner Aggressionen auf dem Court, meist gegen seine eigene Person, darstellte. Sportlich setzte er danach zwar noch Highlights auf Masters-Ebene, wie den Titelgewinn in Madrid und die Finalteilnahme in Montreal, dennoch überstrahlte das oft selbstzerstörende Verhalten auf dem Court seine sportlichen Leistungen.

Zu Beginn des Jahres offenbarte Rublev offenherzig die mentalen Probleme und zeigte seine Wege auf, um die Probleme aktiv anzugehen und in den Griff zu bekommen. Nach verpatztem Saisonstart mit den Auftakt-Niederlagen in Hongkong und Melbourne folgte ein leichter Aufschwung bei den europäischen Hallen-Events in Marseille und Rotterdam, ehe der Trip in den Mittleren Osten auf dem Programm stand.

In Doha angekommen, gab es für Rublev unter Matchstress genügend „Versuchungen“, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. Seit September letzten Jahres hatte der zweifache Masters-Champion keinen Entscheidungs-Satz gewinnen können. Beim 500er-Event in Qatar wurde er diesbezüglich gleich dreimal auf die Probe gestellt. Nach seinem Tiebreak-Coup im dritten Satz gegen den Australier Alex de Minaur, bei dem er sogar einen Matchball abwehren konnte, siegte er auch gegen den Kanadier Felix Auger-Aliassime im Entscheider des dritten Durchgangs. Beinahe als Formsache malte sich da das 6:1 im Finale gegen den Briten Jack Draper aus. Das letzte Mal gelang ihm das Triple-Kunststück bei seinem Monte-Carlo-Triumph 2023.

Beeindruckend war jedoch die neugewonnene Ruhe, die Rublev im gesamten Turnierverlauf an den Tag legte. Außer dem ein oder anderen kurz angedeuteten überflüssigen Schwung mit seinem Schläger, der früher oftmals in einer Zerstörungsorgie endete, hatte sich der Russe diesmal durchgängig im Griff. Die Früchte seiner Arbeit diesbezüglich waren auch in den beruhigenden Atemübungen bei den Seitenwechseln zu sehen. 

Dennoch weiß der Moskauer, dass es noch ein weiter Weg ist, dieses Verhalten auch nachhaltig zu konservieren: „Im Moment scheint es ein bisschen besser zu sein, aber ich bin immer noch frustriert. Ich bin teilweise immer noch sauer auf mich, aber es sieht so aus, als ob ich stabiler bin“. Bleibt zu hoffen, dass Rublev diese Woche am Ort seiner letztjährigen Disqualifikation durch etwaige Erinnerungen keinen Rückfall erleidet.

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von Dietmar Kaspar

Dienstag
25.02.2025, 09:48 Uhr
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