Quo vadis, Ernests Gulbis? – Eine Karriere am Scheideweg
Der Lette ist mittlerweile aus den Top 100 gefallen und tritt gegen Ex-Coach Günter Bresnik nach. Mit neuer Vorhandtechnik soll es wieder aufwärts gehen.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
23.09.2016, 15:00 Uhr
Es ist ruhig geworden umErnests Gulbis. Seit seinem Erstrunden-Aus beim Rogers Cup in Toronto hat der Balte kein offizielles Match mehr bestritten. Ob der ehemalige Top-Ten-Mann in dieser Saison überhaupt noch mal auf die Tour zurückkehren wird, ist ungewiss. Wegen anhaltender Schulterprobleme kann Gulbis seinem Absturz im Ranking derzeit nicht aus eigener Kraft entgegenwirken. Mit einer ernüchternden Jahresbilanz von sieben Siegen bei 14 Niederlagen findet sich der 28-Jährige mittlerweile nur noch auf Position 103 der Weltrangliste wieder – Tendenz fallend.
Damit diese negative Entwicklung nicht zur Endlosschleife wird, stellte sich der Lette nach Wimbledon neu auf. Auf dieTrennung von Österreichs Starcoach Günter Bresnikreagierte Gulbis mit einer ebenso prominenten Neubesetzung auf der Trainerposition. Beim ATP-Masters-1000-Turnier in Kanada ließ sich der Hardhitter aus Riga erstmals von Larry Stefanki betreuen. Die US-Trainer-Legende, die bereits mit Marcelo Rios, Yevgeny Kafelnikov oder Andy Roddick zusammengearbeitet hatte, nahm sich sofort der größten Schwachstelle in Gulbis’ Spiel an. Daraufhin hieß es:„Albatros“ ade. Der 59-Jährige forderte seinen neuen Schützling dazu auf, den linken Arm bei der Schlagvorbereitung nicht mehr so extrem auszustrecken – Gulbis solle „seinen Arm mehr beugen.“ Die eigenwillige Vorhand, die ihm den Spitznamen Albatros eingebracht hatte, war fortan Geschichte. „Ich will, dass meine Vorhand genauso solide wird wie meine Rückhand“, erklärte der extrovertierte Milliardärssohn im Juli gegenüber „tennis.com“ und fügte nun an: „Wenn ich die nächsten vier, fünf Jahre vorne mitspielen will, muss ich etwas ändern – es könnten die besten Jahre für mich sein.“
„Bresniks Art mich zu behandeln, ließ mir keine Wahl“
Die verletzungsbedingte Zwangspause nutzte er, um sich an die neue Technik zu gewöhnen. Allerdings könne es noch einige Monate dauern, bis sie in Fleisch und Blut übergehen wird, so Gulbis: „Momentan bin ich noch nicht zufrieden mit der Ausholbewegung, aber ich stelle mich immer besser darauf ein.“ Ein gewisses Nachtreten gegen seinen österreichischen Ex-Coach, den er einst als „besten Techniktrainer der Welt“ bezeichnet hatte, wollte sich der ehemalige French-Open-Halbfinalist bei seiner Analyse nicht verkneifen: „Seine Einstellung und die Art mich zu behandeln, ließ mir keine andere Wahl, als mich zu trennen.“ Gulbis sei es sauer aufgestoßen, dass sich Bresnik vornehmlich umDominic Thiemgekümmert habe. „Ich habe keine Zeit mehr, um hinunterzuschlucken“, sagte der sechsfache ATP-Titelträger bereits am Rande der diesjährigen French Open dazu. Er hätte jemanden gebraucht, der permanent beim Training dabei gewesen wäre, um falsche Bewegungsmuster sofort zu korrigieren. Für diese Aufgabe sei Larry Stefanki wie maßgeschneidert.
„Ich denke, Larry hat ein gutes Auge dafür, eines der besten.“ Ganz unproblematisch scheint die Kooperation mit dem US-Amerikaner aber auch nicht zu sein: „Er sagte mir, dass er nicht viel reisen will, also wird er mich nicht die ganze Zeit begleiten können. Noch haben wir nicht allzu viel darüber gesprochen.“ Eine „Zwei-Trainer-Lösung“ komme für ihn aber dennoch nicht in Frage, fügte Gulbis hinzu. Das Wichtigste sei jetzt ohnehin die Stabilisierung seiner neuen Vorhandtechnik, um spätestens 2017 wieder in höhere Gefilde zurückzukehren. Es wird spannend zu beobachten sein, ob die Abkehr von der „Albatros-Technik“ Gulbis wieder zurück in die Erfolgsspur bringen kann.