Australian Open: Die neue Grand-Slam-Krise von Melbourne

Nach einem positiven Coronafall mussten sich 500 bis 600 Spieler und Betreuer erneut in Quarantäne begeben. Die Australian Open sind offenbar nicht in Gefahr, dennoch herrscht in Melbourne derzeit einiges an Unruhe.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 04.02.2021, 08:04 Uhr

Der Melbourne Park in Australien
© Getty Images
Die Australian Open sollen nach wie vor wie geplant über die Bühne gehen

Als Daniel Andrews am Mittwochabend um 22.30 Uhr in Melbourne mit ernster Miene vor die Presse trat, war es erst einmal vorbei mit dem sorglosen Leben in der Grand Slam-Metropole. Und mit den Träumen von der alten Normalität, von einem Major-Turnier, das völlig unbeschattet von der großen, weltweiten Gesundheitskrise ausgetragen werden würde. Andrews ist der Premierminister des Bundesstaates Victoria, ein Mann, der von einem nicht unbeträchtlichen Teil der Bevölkerung kritisiert worden war, die Australian Open überhaupt stattfinden zu lassen, eben nur mit dreiwöchigem Verzug.. 

Es wunderte daher nicht, dass Andrews nun auf einen positiven Corona-Fall in einem der Quarantäne-Hotels für den Wanderzirkus mit Unnachgiebigkeit reagierte: Der Tennis-Event sei zwar „sehr wichtig“ für das Land, aber es gehe hier um noch wichtigere Dinge wie die „öffentliche Gesundheit“. Sein Verdikt: Rund 600 aus dem Grand Slam-Tross müssen vorerst wieder in die Hotel-Quarantäne - Spieler, Trainer, Offizielle, die größtenteils schon zu denen gehörten, die bis zum vergangenen Wochenende in einer 14-tägigen Selbstisolation gesteckt hatten. 

Australian Open sollen stattfinden

Zu den erneut Betroffenen zählt möglicherweise auch Angelique Kerber, die wegen eines Corona-Falls auf den Charterflügen nach Australien schon zwei Wochen in die strengere Quarantäne verbannt worden war. „Ich habe dazu noch keine offiziellen Informationen“, sagte Kerbers Manager Aljoscha Thron gegenüber diesem Medium. Bei dem Infizierten soll es sich laut australischen Medienberichten um einen 26-jährigen Angestellten des „Grand Hyatt“-Hotels handeln, bei ihm sei, so Medienberichte aus Australien, die britische, deutlich ansteckendere Mutante des Virus entdeckt worden.

Was bedeutet das jetzt für die Australian Open, jenes Leuchtturm-Projekt, das von den Verantwortlichen des Verbandes Tennis Australia und Turnierboss Craig Tiley mit einer enormen Kraftanstrengung und erheblicher politischer Lobbyarbeit auf die Beine gestellt worden war? Zunächst einmal nichts, wenn man Premier Andrews Glauben schenken durfte. Das Turnier werde stattfinden, sagte er in seiner Pressekonferenz scheinbar entschlossen, „darum haben wir sehr gerungen.“ Allerdings hat seine kategorische Aussage einen großen Wenn und Aber-Faktor, nämlich den, dass sich unter den 600 Angehörigen aus der Tennis-Karawane weitere Corona-Infizierten befinden – dass es womöglich sogar zu einem Ausbruchsgeschehen gekommen ist. Genau genommen hatte Andrews bei seinem Auftritt nur das Best-Case-Szenario dargestellt, schlauer werden alle Beteiligten erst sein, wenn die nun angeordneten Tests bei ausnahmslos jedem der 600 eingereisten Grand Slam-Akteure ausgewertet sind. 

Keine Matches am Donnerstag

Eins allerdings ist auch jetzt schon klar: Die Schieflage in der Vorbereitung wird jetzt noch etwas größer. Für den Donnerstag wurden alle Spiele der sechs Vorbereitungsturniere abgesagt, darunter auch die entscheidende Gruppenpartie des deutschen Herrenteams beim ATP Cup gegen Titelverteidiger Serbien. Die deutsche Auswahl hatte am Mittwoch ihr Auftaktspiel mit 2:1 gegen Kanada gewonnen. Während allerdings Alexander Zverev und sein Bruder Mischa offenbar nicht von den Notmaßnahmen der Regierung Victorias betroffen sind, verlieren andere Profis aufs Neue einen Tag im Countdown zu den Australian Open – nach ohnehin schon zwei Wochen Quarantäne nach der Ankunft auf dem Fünften Kontinent. 

Kerber, von der unklar war, ob sie wieder in die Quarantäne musste, hatte noch am Dienstag, nach ihrem Auftaktsieg bei der Grampians Trophy gegen die Tschechin Katerina Siniakova, vom „schönen Gefühl“ geschwärmt, wieder auf dem Platz stehen zu können. In den letzten Tagen hatte sie sich auch wieder frei und ungezwungen in ihrer Lieblingsstadt bewegen können, war zum Strand von St. Kilda gefahren und hatte sich gewundert, wie „normal“ der Bummel durch die Stadt gewesen war. „Insgesamt ist das eine andere Welt hier“, sagte Kerber. Nun aber ist die Welt wieder anders normal, mit Ängsten, Zweifeln und Sorgen. Auch in Melbourne. 

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von Jörg Allmeroth

Donnerstag
04.02.2021, 06:50 Uhr
zuletzt bearbeitet: 04.02.2021, 08:04 Uhr

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