Australian Open: Kommerzspektakel mit Nebenwirkungen

Grand-Slam-Matches, die nach Mitternacht beginnen und erst nach drei Uhr morgens ihr Ende finden, helfen weder den Spielern noch den Fans.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 18.01.2019, 16:33 Uhr

Nachtschwärmerinnen wider Willen: Garbine Muguruza, Johanna Konta
© Getty Images
Garbine Muguruza, Johanna Konta

Craig Tiley ist ein außergewöhnlich umtriebiger Mann. Der gebürtige Südafrikaner hat überall seine Finger im Spiel, wann immer und wo immer in der Welt des Profitennis wichtige Entscheidungen fallen. Der 56-jährige mit dem Dauergrinsen im Gesicht mischt beim Schauwettbewerb von Roger Federer, dem Laver Cup, als Co-Veranstalter mit. Er ist auch Mitorganisator des umstrittenen ATP Cup, der ab der kommenden Saison die australische Turnierlandschaft in den beiden ersten Januarwochen umstürzen wird. Und er ist, dies ist seine wichtigste Rolle, der CEO des australischen Tennisverbandes und daher auch Turnierdirektor der Australian Open. Tiley wird nicht übermäßig gemocht in seiner Wahlheimat, viele werfen ihm maßlosen Ehrgeiz vor, mehr aber noch den Ausverkauf von Traditionen und schier grenzenlose Geschäftemacherei rund um das Grand Slam-Spektakel in Melbourne. 

Happy Slam nennen sich die Offenen Australischen Meisterschaften gerne, passend zur Sommerstimmung am anderen Ende der Welt, mit Sonne, der üblichen Aussie-Lässigkeit und Spitzentennis. Paul McNamee, der frühere australische Weltklasse-Doppelspieler, hatte das Turnier einst aus seinem Mauerblümchen-Dasein erweckt, es war eine Zeit, in der man Down Under sogar befürchtete, den Major-Wettbewerb an asiatische Konkurrenz zu verlieren. McNamee modernisierte behutsam, aber effektiv. Dann geriet er in Streit mit Verbandsfunktionären und verließ seinen Job. Unter der Regentschaft seines Nachnachfolgers Tiley sind die Australian Open nun zur großen Geldmaschine geworden, mit allen Nebenwirkungen. Bei Spielern und ihrem Begleittroß ist das neue Management einerseits durchaus beliebt, weil es zuverlässig Preisgeldrekorde bricht und selbst sonderbare Wünsche rund um den Aufenthalt in Melbourne solide erfüllt.

Manche Konsequenz des Grand Slam-Kommerzspektakels ist allerdings eher unerfreulich: Denn immer mehr Spiele fangen inzwischen erst am frühen Abend oder sogar in der Nacht an – nicht zuletzt, um TV-Bedürfnisse auf Märkten fern des Austragungsortes zu befriedigen. Ähnlich wie bei den US Open werden auch Tickets für einzelne Tages- oder Abendveranstaltungen veranstaltungen verkauft, in denen nur noch ein Einzel zu sehen ist. Das Programm verspätet sich buchstäblich hinein in die Dunkelheit, gerade in den fortgeschrittenen Grand Slam-Runden. Matches, die nach Mitternacht enden, sind längst keine Seltenheit mehr, und zwar nicht nur auf dem Centre Court.

Der krasse Spätstart zwischen der Spanierin Garbine Muguruza und der Britin Johanna Konta lenkte den Blick auf die ohnehin viel zu vielen Late Night-Spiele. Die Partie begann um 0.30 Uhr, so spät wie nie zuvor ein Match in der Grand Slam-Geschichte, und sie wurde um genau 3.12 Uhr beschlossen. „Es ist nicht gesund, es ist sogar gefährlich“, sagte die unterlegene Konta hinterher. Sie wollte allerdings nicht als schlechte Verliererin erscheinen, schob deswegen hinterher, „dass wir beide ja das gleiche Problem hatten.“ Besonders erbaulich war das alles auch nicht für das Häuflein wackerer Fdans, das in der Margaret Court-Arena ausgeharrt hatte: Einige legten sich sogar, von den TV-Kameras, auf den Tribünen zum Nickerchen hin. Grand Slam-Tennis zum Einschlafen?

von Jörg Allmeroth

Freitag
18.01.2019, 20:46 Uhr
zuletzt bearbeitet: 18.01.2019, 16:33 Uhr